Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schweden
I Schweden,skandinav. Volk, das Staatsvolk Schwedens; auch an der S-Küste von Finnland und auf den Ålandinseln lebend.
II Schweden
⃟ Fläche: 449 964 km2
Einwohner: (1997) 8,832 Mio.
Hauptstadt: Stockholm
Verwaltungsgliederung: 24 Län
Amtssprache: Schwedisch
Nationalfeiertag: 6. 6.
Währung: 1 Schwedische Krone (skr) = 100 Öre
Zeitzone: MEZ
(amtlich schwed. Konungariket Sverige, dt. Königreich S.), Monarchie in Nordeuropa, grenzt im SW an das Skagerrak (Nordsee), das Kattegat (i. Allg. zur Ostsee gerechnet) und den Sund, im S und O an die offene Ostsee und den Bottn. Meerbusen, im NO an Finnland, im W an Norwegen.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1975 ist S. eine konstitutionelle Monarchie mit parlamentar. Reg.system. Der König (Erbfolge nach Erstgeburt) als Staatsoberhaupt hat nur noch Repräsentationsfunktion. Die Legislative liegt beim Reichstag (349 Abg., auf vier Jahre gewählt). Die Reg. unter Vorsitz des MinPräs. (vom Reichstag gewählt) ist dem Parlament verantwortlich. Einflussreichste Parteien: Sozialdemokrat. Arbeiterpartei (SAP), Gemäßigte Sammlungspartei (MS), Linkspartei (VP), Christlich-Demokrat. Partei, Zentrumspartei (CP), Liberale Volkspartei (FP), Umweltpartei Die Grünen (MG).
Landesnatur: S. erstreckt sich über 1 500 km von N nach S und 200 km von W nach O. Die Küstenlänge beträgt etwa 6 700 km. Nord-S. senkt sich vom skandinav. Zentralgebirge (höchste Erhebung: Kebnekajse 2 117 m ü. M.) als flachwellige Hochfläche allmählich zur Ostsee ab (Rumpfflächen). Südlich des Siljansees schließt sich die Mittelschwed. Senke an, in der Mälar-, Vänar- und Vättersee liegen, die nach S von der flachwelligen Hochfläche Smålands (Taberg 343 m ü. M.) begrenzt wird. Dieses zu Süd-S. gehörige Bergland und die anschließende Moränenlandschaft der Halbinsel Schonen leiten nach Mitteleuropa über. Der gesamten O-Küste sind neben den großen Inseln Öland und Gotland Schären vorgelagert. - Infolge der großen N-S-Erstreckung von der mitteleurop. Westwindzone bis in die polare Klimaregion zeigt das Klima starke Unterschiede. Insgesamt ist es wärmer, als nach der Breitenlage zu erwarten wäre. Durch den Gebirgswall liegt Nord-S. im Lee der nordatlant. Westwinddrift und im Einflussbereich der Hochdruckzonen über Innerrussland und hat daher ausgesprochen kontinentales Klima; der warme, trockene Sommer ermöglicht noch am Polarkreis Temperaturen von 30 ºC. Die langen, schneereichen Winter weisen absolute Minima von —40 ºC im N, zw. —20 ºC und —30 ºC im S auf. Der Bottn. Meerbusen ist bis über fünf Monate vereist. Eisfreie Häfen gibt es nur im S und W. Die Niederschlagsmengen nehmen i. Allg. von O nach W zu: von rd. 400 mm (Ostsee) bis über 2 000 mm (Skanden).
Bevölkerung: Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Schweden; nur im sehr dünn bevölkerten N leben Lappen und Finnen. Am dichtesten besiedelt ist der S des Landes. - Es besteht allg. Schulpflicht. Pflichtschule ist die 9-jährige Grundschule (7.-16. Lebensjahr). Gymnasien, Fach- und Berufsschulen sind in der Gymnasialstufe zusammengefasst. Universitäten gibt es in Göteborg (gegr. 1891), Linköping (1967), Lund (1666), Stockholm (1877), Umeå (1963), Uppsala (1477), ferner Techn. Universitäten u. a. Hochschulen. - Die Evang.-Luth. Kirche von Schweden ist Staatskirche; 90 % der Bev. gehören ihr an.
Wirtschaft, Verkehr: Die Landwirtschaft nutzt 8,7 % der Landfläche (zu 4/5 als Ackerland und Dauerkulturen); sie hat ihren Schwerpunkt im S des Landes, wo bes. Weizen und Zuckerrüben angebaut werden; in den übrigen Landesteilen Gerste, Hafer, Kartoffeln, Roggen; bed. Viehzucht (Rinder, Schweine). Im N herrscht Waldnutzung (69,6 % des Landes sind Wald) vor; der Holzeinschlag von jährlich rd. 50 Mio. m3 ist zur Hälfte für die Papierind. bestimmt; daneben Rentierzucht. Fischerei bes. an der Süd- und Westküste. S. verfügt über bed. Eisenerz- (Kiruna, Bergslagen, Gällivare), Kupfer- und Bleierzvorkommen (Skelleftefeld), Zink-, Schwefelkies-, Gold- und Silbervorkommen sowie über große Uranerzreserven. Die reichen Wasserkraftreserven im N des Landes werden weitgehend zur Energiegewinnung genutzt. Die wichtigsten Ind.zweige sind Metallind. (mit Eisen- und Stahlwerken), Schiff-, Maschinen- und Fahrzeugbau, Holzind. (Papier-, Zellstoff- und Möbelfabriken), chem., pharmazeut., Textil- und Nahrungsmittelindustrie. Wegen des begrenzten Binnenmarktes ist die Ind. stark vom Export abhängig. Ein expandierender Wirtschaftszweig ist der Fremdenverkehr. - Haupthandelspartner sind Dtl., Großbritannien, die USA, Norwegen, Dänemark und Finnland. Die wichtigsten Exportgüter sind Maschinen und Anlagen, elektrotechn. und elektron. Geräte, Kfz, Schiffe, Eisen und Stahl, Chemikalien, Papier und Pappe, Holzwaren und Cellulose. - Das Eisenbahnnetz hat eine Länge von (1996) 10 919 km, davon sind 7 401 km elektrifiziert. Das Straßennetz hat eine Länge von 210 121 km. Im Bau befindet sich eine feste Verbindung über den Öresund. Die wichtigsten Häfen sind Göteborg, Luleå, Helsingborg, Stockholm und Malmö sowie der Erdölhafen Nynäshamn. Internat. Flughäfen befinden sich in Stockholm, Göteborg und Malmö.
Geschichte: Zur Vorgeschichte Nordeuropa. - S. war im Altertum Siedlungsgebiet versch. german. Stämme. Die schon frühzeitig unter dem Stammeskönigtum des Ynglingargeschlechts geeinten Svear, deren älteste Sitze am Mälarsee lagen (Kult- und Herrscherstätten Altuppsala und Vendel), unterwarfen um 600 die Gauten (Göten) in Götaland. Der Ynglingarkönig Erich VII. Segersäll (»der Siegreiche«) beherrschte in der 2. Hälfte des 10. Jh. auch Dänemark. Vom 9. bis 11. Jh. unternahmen schwed. Kriegerkaufleute (Waräger) Raub- und Handelszüge, die sie von der Ostseeküste über die Stromgebiete von Wolga und Dnjepr bis nach Byzanz führten; einige von ihnen errichteten schon in der 2. Hälfte des 9. Jh. lokale Herrschaften bes. über Nowgorod und Kiew und waren maßgeblich an der Herausbildung des Kiewer Reiches beteiligt (Rurikiden). Die schwed. Wikinger kontrollierten wichtige Bereiche des nordeurop. Fernhandels (Zentren: Birka, Haithabu). Nach Einzelmissionen (u. a. Ansgar um 830) breitete sich seit Beginn des 11. Jh. das Christentum von Götaland nach N aus; König Olaf III. Skötkonung (»Schoßkönig«; etwa 995-1022) nahm mit seiner Taufe (1008) zugleich die Bischofsverf. und die in Mitteleuropa längst ausgebildeten staatl. Verw.formen für S. an. 1164 wurde das Erzbistum Uppsala errichtet.
Unter Knut Eriksson (etwa 1167-96) entfaltete sich das Städtewesen in S. nach dt. Vorbild. Charakteristisch war die freie Stellung der Bauern, sodass sich scharfe ständ. Unterschiede nicht ausbildeten. Im 12./13. Jh. unterwarf S. Finnland (Gebietsgewinne v. a. unter Birger Jarl, der die Dynastie der Folkunger [1250-1363] begründete). Als Magnus II. Eriksson (1319-63, als Magnus VII. Eriksson auch König von Norwegen) versuchte, seine Macht gegenüber dem Adel auszubauen, verbündete sich dieser mit Herzog Albrecht von Mecklenburg, vertrieb Magnus und wählte Albrechts Sohn zum König (Albrecht, 1364-89); als dieser 1389 von einem dän. Heer besiegt und gefangen genommen wurde, fiel ganz S. der Dänenkönigin Margarete I. zu, die 1397 in Kalmar die Vereinigung der drei skandinav. Reiche erklärte (Kalmarer Union). Den anhaltenden Widerstand gegen die Union (u. a. Aufstand unter Engelbrekt Engelbrektsson 1434-36; unabhängige schwed. Politik seit 1470 unter den Reichsverwesern Sten Sture d. Ä. und Sten Sture d. J.) versuchte Christian II. von Dänemark mit dem »Stockholmer Blutbad« 1520 (Hinrichtung adliger Anhänger Sten Stures) zu brechen. Daraufhin beseitigte Gustav Eriksson Wasa von Dalarna aus mit Unterstützung Lübecks die Dänenherrschaft; er wurde 1523 als Gustav I. zum König gekrönt und führte 1527 die Reformation ein. Der Anspruch auf die führende polit. und wirtsch. Rolle im Ostseeraum (Dominium maris Baltici) war für die folgenden anderthalb Jh. das bestimmende Ziel der schwed. Politik. Unter Gustav II. Adolf (1611-32) wurde S. zur europ. Großmacht; Gustav erwarb 1617 von Russland Karelien und Ingermanland, 1629 von Polen Livland. 1630 griff er aufseiten der prot. Fürsten erfolgreich in den Dreißigjährigen Krieg ein. Nach seinem Tod 1632 in der Schlacht bei Lützen leitete Kanzler A. Oxenstierna die Vormundschaftsreg. für Königin Christine. Im Krieg gegen Dänemark (1643-45) gewann S. u. a. Jämtland, Härjedalen, Halland sowie die Inseln Gotland und Ösel und brach die dän. Ostseeherrschaft endgültig. 1654 dankte Christine zugunsten ihres Vetters Karl X. Gustav aus dem Haus Pfalz-Zweibrücken ab, der den 1. Nord. Krieg 1658 mit dem Frieden von Roskilde erfolgreich beendete (Nordische Kriege). Im Frieden von Oliva (1660) wurde unter der Garantie der europ. Mächte S. der Besitz fast ganz Livlands, Estlands mit Ösel und Schonens bestätigt. Der Versuch Karls XII., im Großen Nord. Krieg (1700-21) die schwed. Ostseeherrschaft zu festigen, scheiterte mit seiner Niederlage gegen Russland bei Poltawa (1709); der Friede von Nystad (1721) beseitigte schließlich die schwed. Großmachtstellung: S. behielt seine Besitzungen auf der skandinav. Halbinsel und in Finnland, dazu Vorpommern westlich der Peene mit Rügen und Wismar.
Die Ständeherrschaft nach dem Tode Karls XII. (»Freiheitszeit« 1718-72) wurde von Gustav III. (1771-92) durch den aufgeklärten Absolutismus abgelöst. Gustav IV. Adolf (1792-1809) schloss sich der 3. Koalition gegen Napoleon I. an. Als Russland 1808 Finnland erobert hatte, wurde der König 1809 abgesetzt. Mit der Wahl des frz. Marschalls J.-B. Bernadotte zum Thronfolger (1810; als Karl XIV. Johann 1818-44 König) gelang es den schwed. Ständen, das Land aus den europ. Konflikten herauszuhalten.
Der als liberal geltende Oskar I. (1844-59) verfolgte zunächst außenpolitisch gesamtskandinav. Ziele, für deren Durchsetzung gegenüber dem Dt. Bund er im Dt.-Dän. Krieg 1848-50 Dänemark Truppenhilfe gab und nach dem Waffenstillstand von 1849 in Nordschleswig ein schwed. Militärgouv. einrichtete. Seit dem Krimkrieg (1853/54-56) war die Neutralität Grundsatz der schwed. Politik. 1905 löste sich Norwegen aus der seit 1814 bestehenden Personalunion mit S. 1909 wurde für die 2. schwed. Kammer das allg. Wahlrecht und für beide Kammern das Verhältniswahlrecht eingeführt. Die von S. beanspruchten Ålandinseln sprach der Völkerbundsrat 1921 Finnland zu. 1920 wurde die erste rein sozialdemokrat. Reg. in S. unter H. Branting gebildet, der weitere Kabinette vornehmlich sozialdemokrat. Zusammensetzung folgten (im Wechsel mit Konservativen 1923/24, 1928-30 und Freisinnigen 1926-28, 1930-32). Im Zweiten Weltkrieg vermochte S. seine Neutralität aufrechtzuerhalten (begrenzte Transitgenehmigungen für dt. Truppen); es belieferte das nat.-soz. Dtl. aber mit Eisenerz sowie Erzeugnissen der schwed. Industrie (vom Dt. Reich wohl z. T. mit Raubgold finanziert) und nahm zahlr. Flüchtlinge, bes. aus Dänemark und Norwegen, auf. Das Hilfegesuch Finnlands im Finnisch-Sowjet. Winterkrieg 1939/40 wurde von der schwed. Reg. offiziell abgelehnt.
Nach dem Tod Gustavs V. (1950) bestieg Gustav VI. Adolf den Thron, 1973 Karl XVI. Gustav.
Innenpolitisch setzte die schwed. Sozialdemokratie nach dem Zweiten Weltkrieg die in den 1930er-Jahren von MinPräs. P. A. Hansson begonnene Politik des Wohlfahrtsstaates unter den MinPräs. T. Erlander (1946-69) und O. Palme (1969-76 sowie 1982-86) verstärkt fort, wurde jedoch seit 1976 von bürgerl. Koalitionsreg. (z.B. unter T. Fälldin 1976-78 und 1979-82 sowie C. Bildt 1991-94) mehrfach in die Opposition verwiesen. Angesichts einer Währungskrise und einer hohen Staatsverschuldung zu Beginn der 1990er-Jahre sahen sich sozialdemokratisch oder bürgerlich geführte Regierungen zu starken Abstrichen in der Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates veranlasst. Bei den Reichstagswahlen 1994 siegten die Sozialdemokraten und stellten mit ihrem Vors. I. Carlsson den MinPräs. (bereits 1986-91 im Amt). Nachdem Carlsson im Aug. 1995 seinen Rücktritt angekündigt hatte, wurde im März 1996 G. Persson zu seinem Nachfolger im Amt des Partei-Vors. und des MinPräs. gewählt (trotz starker Stimmenverluste der SAP bei den Reichstagswahlen 1998 im Amt bestätigt). Auf Empfehlung der schwed. Reg. beschloss im Aug. 1995 die Synode der Evang.-Luth. Kirche die 1525 von König Gustav I. Wasa geschaffene Bindung ihrer Kirche an den Staat zum 1. 1. 2000 aufzuheben.Außenpolitisch stellte S., das 1949 Gründungs-Mitgl. des Europarates sowie 1951/52 des Nord. Rates war und sich 1960 der EFTA angeschlossen hatte, am 1. 7. 1991 den Antrag auf Aufnahme in die EG. In einem Referendum am 13. 11. 1994 stimmte die Bev. mit 52,2 % der Stimmen dem Beitritt S.s zur EU zum 1. 1. 1995 zu. Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes engagierte sich S. bes. in der Hilfe für die balt. Staaten. Im Mai 1992 beschloss das Parlament eine Abkehr von der traditionellen Neutralitätspolitik; 1994 schloss sich S. dem NATO-Programm »Partnerschaft für den Frieden« an. In einem Beschluss (1. 12. 1995) unterstellte die Reg. erstmals schwed. Truppen (im Rahmen der internat. Friedenstruppe für Bosnien und Herzegowina) einem NATO-Kommando. Im Dez. 1996 unterzeichnete S. das Schengener Abkommen. 1997 entschied sich die schwed. Reg. trotz Kritik der Europ. Kommission gegen eine Teilnahme S.s an der dritten Stufe der Europ. Wirtschafts- und Währungsunion (Euro-Zone) zum 1. 1. 1999 (Beteiligung für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen). Im Mai 1998 ratifizierte das schwed. Parlament den Amsterdamer Vertrag zur weiteren Ausgestaltung der EU.
▣ Literatur:
Dufner, W.: Geschichte S.s. Aus dem Schwed. Neumünster 1967.
⃟ The national atlas of Sweden, hg. v. L. Wastenson, auf zahlr. Bde. ber. Stockholm 1990 ff.
⃟ S. in Europa, hg. v. K. Krüger. Hamburg 1990.
⃟ Austrup, G.: S. München 21997.
⃟ Findeisen, J.-P.: S. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Regensburg 1997.
⃟ Wohlfahrtsstaat ade? Das »Modell S.« im Umbau, hg. v. G. Pettersson. Hamburg 1997.
⃟ Laumer, R.: Vom Ende der Neutralität. Schwedische Sicherheitspolitik nach 1989. Marburg 1997.
⃟ Fenner, C.: Parteiensystem u. politische Kultur. S. in vergleichender Perspektive. Berlin 1998.
II Schweden
⃟ Fläche: 449 964 km2
Einwohner: (1997) 8,832 Mio.
Hauptstadt: Stockholm
Verwaltungsgliederung: 24 Län
Amtssprache: Schwedisch
Nationalfeiertag: 6. 6.
Währung: 1 Schwedische Krone (skr) = 100 Öre
Zeitzone: MEZ
(amtlich schwed. Konungariket Sverige, dt. Königreich S.), Monarchie in Nordeuropa, grenzt im SW an das Skagerrak (Nordsee), das Kattegat (i. Allg. zur Ostsee gerechnet) und den Sund, im S und O an die offene Ostsee und den Bottn. Meerbusen, im NO an Finnland, im W an Norwegen.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1975 ist S. eine konstitutionelle Monarchie mit parlamentar. Reg.system. Der König (Erbfolge nach Erstgeburt) als Staatsoberhaupt hat nur noch Repräsentationsfunktion. Die Legislative liegt beim Reichstag (349 Abg., auf vier Jahre gewählt). Die Reg. unter Vorsitz des MinPräs. (vom Reichstag gewählt) ist dem Parlament verantwortlich. Einflussreichste Parteien: Sozialdemokrat. Arbeiterpartei (SAP), Gemäßigte Sammlungspartei (MS), Linkspartei (VP), Christlich-Demokrat. Partei, Zentrumspartei (CP), Liberale Volkspartei (FP), Umweltpartei Die Grünen (MG).
Landesnatur: S. erstreckt sich über 1 500 km von N nach S und 200 km von W nach O. Die Küstenlänge beträgt etwa 6 700 km. Nord-S. senkt sich vom skandinav. Zentralgebirge (höchste Erhebung: Kebnekajse 2 117 m ü. M.) als flachwellige Hochfläche allmählich zur Ostsee ab (Rumpfflächen). Südlich des Siljansees schließt sich die Mittelschwed. Senke an, in der Mälar-, Vänar- und Vättersee liegen, die nach S von der flachwelligen Hochfläche Smålands (Taberg 343 m ü. M.) begrenzt wird. Dieses zu Süd-S. gehörige Bergland und die anschließende Moränenlandschaft der Halbinsel Schonen leiten nach Mitteleuropa über. Der gesamten O-Küste sind neben den großen Inseln Öland und Gotland Schären vorgelagert. - Infolge der großen N-S-Erstreckung von der mitteleurop. Westwindzone bis in die polare Klimaregion zeigt das Klima starke Unterschiede. Insgesamt ist es wärmer, als nach der Breitenlage zu erwarten wäre. Durch den Gebirgswall liegt Nord-S. im Lee der nordatlant. Westwinddrift und im Einflussbereich der Hochdruckzonen über Innerrussland und hat daher ausgesprochen kontinentales Klima; der warme, trockene Sommer ermöglicht noch am Polarkreis Temperaturen von 30 ºC. Die langen, schneereichen Winter weisen absolute Minima von —40 ºC im N, zw. —20 ºC und —30 ºC im S auf. Der Bottn. Meerbusen ist bis über fünf Monate vereist. Eisfreie Häfen gibt es nur im S und W. Die Niederschlagsmengen nehmen i. Allg. von O nach W zu: von rd. 400 mm (Ostsee) bis über 2 000 mm (Skanden).
Bevölkerung: Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Schweden; nur im sehr dünn bevölkerten N leben Lappen und Finnen. Am dichtesten besiedelt ist der S des Landes. - Es besteht allg. Schulpflicht. Pflichtschule ist die 9-jährige Grundschule (7.-16. Lebensjahr). Gymnasien, Fach- und Berufsschulen sind in der Gymnasialstufe zusammengefasst. Universitäten gibt es in Göteborg (gegr. 1891), Linköping (1967), Lund (1666), Stockholm (1877), Umeå (1963), Uppsala (1477), ferner Techn. Universitäten u. a. Hochschulen. - Die Evang.-Luth. Kirche von Schweden ist Staatskirche; 90 % der Bev. gehören ihr an.
Wirtschaft, Verkehr: Die Landwirtschaft nutzt 8,7 % der Landfläche (zu 4/5 als Ackerland und Dauerkulturen); sie hat ihren Schwerpunkt im S des Landes, wo bes. Weizen und Zuckerrüben angebaut werden; in den übrigen Landesteilen Gerste, Hafer, Kartoffeln, Roggen; bed. Viehzucht (Rinder, Schweine). Im N herrscht Waldnutzung (69,6 % des Landes sind Wald) vor; der Holzeinschlag von jährlich rd. 50 Mio. m3 ist zur Hälfte für die Papierind. bestimmt; daneben Rentierzucht. Fischerei bes. an der Süd- und Westküste. S. verfügt über bed. Eisenerz- (Kiruna, Bergslagen, Gällivare), Kupfer- und Bleierzvorkommen (Skelleftefeld), Zink-, Schwefelkies-, Gold- und Silbervorkommen sowie über große Uranerzreserven. Die reichen Wasserkraftreserven im N des Landes werden weitgehend zur Energiegewinnung genutzt. Die wichtigsten Ind.zweige sind Metallind. (mit Eisen- und Stahlwerken), Schiff-, Maschinen- und Fahrzeugbau, Holzind. (Papier-, Zellstoff- und Möbelfabriken), chem., pharmazeut., Textil- und Nahrungsmittelindustrie. Wegen des begrenzten Binnenmarktes ist die Ind. stark vom Export abhängig. Ein expandierender Wirtschaftszweig ist der Fremdenverkehr. - Haupthandelspartner sind Dtl., Großbritannien, die USA, Norwegen, Dänemark und Finnland. Die wichtigsten Exportgüter sind Maschinen und Anlagen, elektrotechn. und elektron. Geräte, Kfz, Schiffe, Eisen und Stahl, Chemikalien, Papier und Pappe, Holzwaren und Cellulose. - Das Eisenbahnnetz hat eine Länge von (1996) 10 919 km, davon sind 7 401 km elektrifiziert. Das Straßennetz hat eine Länge von 210 121 km. Im Bau befindet sich eine feste Verbindung über den Öresund. Die wichtigsten Häfen sind Göteborg, Luleå, Helsingborg, Stockholm und Malmö sowie der Erdölhafen Nynäshamn. Internat. Flughäfen befinden sich in Stockholm, Göteborg und Malmö.
Geschichte: Zur Vorgeschichte Nordeuropa. - S. war im Altertum Siedlungsgebiet versch. german. Stämme. Die schon frühzeitig unter dem Stammeskönigtum des Ynglingargeschlechts geeinten Svear, deren älteste Sitze am Mälarsee lagen (Kult- und Herrscherstätten Altuppsala und Vendel), unterwarfen um 600 die Gauten (Göten) in Götaland. Der Ynglingarkönig Erich VII. Segersäll (»der Siegreiche«) beherrschte in der 2. Hälfte des 10. Jh. auch Dänemark. Vom 9. bis 11. Jh. unternahmen schwed. Kriegerkaufleute (Waräger) Raub- und Handelszüge, die sie von der Ostseeküste über die Stromgebiete von Wolga und Dnjepr bis nach Byzanz führten; einige von ihnen errichteten schon in der 2. Hälfte des 9. Jh. lokale Herrschaften bes. über Nowgorod und Kiew und waren maßgeblich an der Herausbildung des Kiewer Reiches beteiligt (Rurikiden). Die schwed. Wikinger kontrollierten wichtige Bereiche des nordeurop. Fernhandels (Zentren: Birka, Haithabu). Nach Einzelmissionen (u. a. Ansgar um 830) breitete sich seit Beginn des 11. Jh. das Christentum von Götaland nach N aus; König Olaf III. Skötkonung (»Schoßkönig«; etwa 995-1022) nahm mit seiner Taufe (1008) zugleich die Bischofsverf. und die in Mitteleuropa längst ausgebildeten staatl. Verw.formen für S. an. 1164 wurde das Erzbistum Uppsala errichtet.
Unter Knut Eriksson (etwa 1167-96) entfaltete sich das Städtewesen in S. nach dt. Vorbild. Charakteristisch war die freie Stellung der Bauern, sodass sich scharfe ständ. Unterschiede nicht ausbildeten. Im 12./13. Jh. unterwarf S. Finnland (Gebietsgewinne v. a. unter Birger Jarl, der die Dynastie der Folkunger [1250-1363] begründete). Als Magnus II. Eriksson (1319-63, als Magnus VII. Eriksson auch König von Norwegen) versuchte, seine Macht gegenüber dem Adel auszubauen, verbündete sich dieser mit Herzog Albrecht von Mecklenburg, vertrieb Magnus und wählte Albrechts Sohn zum König (Albrecht, 1364-89); als dieser 1389 von einem dän. Heer besiegt und gefangen genommen wurde, fiel ganz S. der Dänenkönigin Margarete I. zu, die 1397 in Kalmar die Vereinigung der drei skandinav. Reiche erklärte (Kalmarer Union). Den anhaltenden Widerstand gegen die Union (u. a. Aufstand unter Engelbrekt Engelbrektsson 1434-36; unabhängige schwed. Politik seit 1470 unter den Reichsverwesern Sten Sture d. Ä. und Sten Sture d. J.) versuchte Christian II. von Dänemark mit dem »Stockholmer Blutbad« 1520 (Hinrichtung adliger Anhänger Sten Stures) zu brechen. Daraufhin beseitigte Gustav Eriksson Wasa von Dalarna aus mit Unterstützung Lübecks die Dänenherrschaft; er wurde 1523 als Gustav I. zum König gekrönt und führte 1527 die Reformation ein. Der Anspruch auf die führende polit. und wirtsch. Rolle im Ostseeraum (Dominium maris Baltici) war für die folgenden anderthalb Jh. das bestimmende Ziel der schwed. Politik. Unter Gustav II. Adolf (1611-32) wurde S. zur europ. Großmacht; Gustav erwarb 1617 von Russland Karelien und Ingermanland, 1629 von Polen Livland. 1630 griff er aufseiten der prot. Fürsten erfolgreich in den Dreißigjährigen Krieg ein. Nach seinem Tod 1632 in der Schlacht bei Lützen leitete Kanzler A. Oxenstierna die Vormundschaftsreg. für Königin Christine. Im Krieg gegen Dänemark (1643-45) gewann S. u. a. Jämtland, Härjedalen, Halland sowie die Inseln Gotland und Ösel und brach die dän. Ostseeherrschaft endgültig. 1654 dankte Christine zugunsten ihres Vetters Karl X. Gustav aus dem Haus Pfalz-Zweibrücken ab, der den 1. Nord. Krieg 1658 mit dem Frieden von Roskilde erfolgreich beendete (Nordische Kriege). Im Frieden von Oliva (1660) wurde unter der Garantie der europ. Mächte S. der Besitz fast ganz Livlands, Estlands mit Ösel und Schonens bestätigt. Der Versuch Karls XII., im Großen Nord. Krieg (1700-21) die schwed. Ostseeherrschaft zu festigen, scheiterte mit seiner Niederlage gegen Russland bei Poltawa (1709); der Friede von Nystad (1721) beseitigte schließlich die schwed. Großmachtstellung: S. behielt seine Besitzungen auf der skandinav. Halbinsel und in Finnland, dazu Vorpommern westlich der Peene mit Rügen und Wismar.
Die Ständeherrschaft nach dem Tode Karls XII. (»Freiheitszeit« 1718-72) wurde von Gustav III. (1771-92) durch den aufgeklärten Absolutismus abgelöst. Gustav IV. Adolf (1792-1809) schloss sich der 3. Koalition gegen Napoleon I. an. Als Russland 1808 Finnland erobert hatte, wurde der König 1809 abgesetzt. Mit der Wahl des frz. Marschalls J.-B. Bernadotte zum Thronfolger (1810; als Karl XIV. Johann 1818-44 König) gelang es den schwed. Ständen, das Land aus den europ. Konflikten herauszuhalten.
Der als liberal geltende Oskar I. (1844-59) verfolgte zunächst außenpolitisch gesamtskandinav. Ziele, für deren Durchsetzung gegenüber dem Dt. Bund er im Dt.-Dän. Krieg 1848-50 Dänemark Truppenhilfe gab und nach dem Waffenstillstand von 1849 in Nordschleswig ein schwed. Militärgouv. einrichtete. Seit dem Krimkrieg (1853/54-56) war die Neutralität Grundsatz der schwed. Politik. 1905 löste sich Norwegen aus der seit 1814 bestehenden Personalunion mit S. 1909 wurde für die 2. schwed. Kammer das allg. Wahlrecht und für beide Kammern das Verhältniswahlrecht eingeführt. Die von S. beanspruchten Ålandinseln sprach der Völkerbundsrat 1921 Finnland zu. 1920 wurde die erste rein sozialdemokrat. Reg. in S. unter H. Branting gebildet, der weitere Kabinette vornehmlich sozialdemokrat. Zusammensetzung folgten (im Wechsel mit Konservativen 1923/24, 1928-30 und Freisinnigen 1926-28, 1930-32). Im Zweiten Weltkrieg vermochte S. seine Neutralität aufrechtzuerhalten (begrenzte Transitgenehmigungen für dt. Truppen); es belieferte das nat.-soz. Dtl. aber mit Eisenerz sowie Erzeugnissen der schwed. Industrie (vom Dt. Reich wohl z. T. mit Raubgold finanziert) und nahm zahlr. Flüchtlinge, bes. aus Dänemark und Norwegen, auf. Das Hilfegesuch Finnlands im Finnisch-Sowjet. Winterkrieg 1939/40 wurde von der schwed. Reg. offiziell abgelehnt.
Nach dem Tod Gustavs V. (1950) bestieg Gustav VI. Adolf den Thron, 1973 Karl XVI. Gustav.
Innenpolitisch setzte die schwed. Sozialdemokratie nach dem Zweiten Weltkrieg die in den 1930er-Jahren von MinPräs. P. A. Hansson begonnene Politik des Wohlfahrtsstaates unter den MinPräs. T. Erlander (1946-69) und O. Palme (1969-76 sowie 1982-86) verstärkt fort, wurde jedoch seit 1976 von bürgerl. Koalitionsreg. (z.B. unter T. Fälldin 1976-78 und 1979-82 sowie C. Bildt 1991-94) mehrfach in die Opposition verwiesen. Angesichts einer Währungskrise und einer hohen Staatsverschuldung zu Beginn der 1990er-Jahre sahen sich sozialdemokratisch oder bürgerlich geführte Regierungen zu starken Abstrichen in der Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates veranlasst. Bei den Reichstagswahlen 1994 siegten die Sozialdemokraten und stellten mit ihrem Vors. I. Carlsson den MinPräs. (bereits 1986-91 im Amt). Nachdem Carlsson im Aug. 1995 seinen Rücktritt angekündigt hatte, wurde im März 1996 G. Persson zu seinem Nachfolger im Amt des Partei-Vors. und des MinPräs. gewählt (trotz starker Stimmenverluste der SAP bei den Reichstagswahlen 1998 im Amt bestätigt). Auf Empfehlung der schwed. Reg. beschloss im Aug. 1995 die Synode der Evang.-Luth. Kirche die 1525 von König Gustav I. Wasa geschaffene Bindung ihrer Kirche an den Staat zum 1. 1. 2000 aufzuheben.Außenpolitisch stellte S., das 1949 Gründungs-Mitgl. des Europarates sowie 1951/52 des Nord. Rates war und sich 1960 der EFTA angeschlossen hatte, am 1. 7. 1991 den Antrag auf Aufnahme in die EG. In einem Referendum am 13. 11. 1994 stimmte die Bev. mit 52,2 % der Stimmen dem Beitritt S.s zur EU zum 1. 1. 1995 zu. Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes engagierte sich S. bes. in der Hilfe für die balt. Staaten. Im Mai 1992 beschloss das Parlament eine Abkehr von der traditionellen Neutralitätspolitik; 1994 schloss sich S. dem NATO-Programm »Partnerschaft für den Frieden« an. In einem Beschluss (1. 12. 1995) unterstellte die Reg. erstmals schwed. Truppen (im Rahmen der internat. Friedenstruppe für Bosnien und Herzegowina) einem NATO-Kommando. Im Dez. 1996 unterzeichnete S. das Schengener Abkommen. 1997 entschied sich die schwed. Reg. trotz Kritik der Europ. Kommission gegen eine Teilnahme S.s an der dritten Stufe der Europ. Wirtschafts- und Währungsunion (Euro-Zone) zum 1. 1. 1999 (Beteiligung für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen). Im Mai 1998 ratifizierte das schwed. Parlament den Amsterdamer Vertrag zur weiteren Ausgestaltung der EU.
▣ Literatur:
Dufner, W.: Geschichte S.s. Aus dem Schwed. Neumünster 1967.
⃟ The national atlas of Sweden, hg. v. L. Wastenson, auf zahlr. Bde. ber. Stockholm 1990 ff.
⃟ S. in Europa, hg. v. K. Krüger. Hamburg 1990.
⃟ Austrup, G.: S. München 21997.
⃟ Findeisen, J.-P.: S. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Regensburg 1997.
⃟ Wohlfahrtsstaat ade? Das »Modell S.« im Umbau, hg. v. G. Pettersson. Hamburg 1997.
⃟ Laumer, R.: Vom Ende der Neutralität. Schwedische Sicherheitspolitik nach 1989. Marburg 1997.
⃟ Fenner, C.: Parteiensystem u. politische Kultur. S. in vergleichender Perspektive. Berlin 1998.