Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schutzgebiete
Schutzgebiete,bis 1918 die amtl. Bez. für die dt. Kolonien. - Während seit dem 16. Jh. Deutsche fast nur im Dienst fremder Mächte an der Erschließung neu entdeckter Gebiete teilnahmen, schalteten sich nach 1815 dt., v. a. hanseat., Kaufleute erfolgreich in den Welthandel ein. Vom Ende der 1870er-Jahre an entstand unter dem Eindruck der Reichseinigung eine Bewegung für Kolonialerwerb (1882 Dt. Kolonialverein, seit 1887 Dt. Kolonialgesellschaft). Bismarck lehnte diese Bestrebungen wiederholt ab, machte sie sich aber 1884 zu Eigen. Die als Handelskolonien gedachten Erwerbungen wurden allmählich Siedlungskolonien. In den meisten S. gab es eine Schutztruppe, die sich aus dt. sowie einheim. Soldaten unter dt. Offizieren rekrutierte. Im Ersten Weltkrieg wurden alle S. besetzt; im Versailler Vertrag (1919) musste das Dt. Reich auf alle S. verzichten.
Deutsch-Südwestafrika ging als erste Kolonie aus einem 1883 von A. Lüderitz erworbenen Gebiet hervor, das 1884 unter den Schutz des Reichs gestellt wurde. Die Schutzgewalt wurde bis 1890 auf benachbarte Gebiete ausgedehnt. Aus der 1884 erfolgten Schutzerklärung über Interessengebiete dt. Firmen gingen die S. Kamerun und Togo hervor, die seit 1891 getrennt verwaltet wurden. Deutsch-Ostafrika entstand als überseeische Besitzung aufgrund 1884 abgeschlossener Schutzverträge von C. Peters und der 1885 abgegebenen Schutzerklärung des Reichs. Die kaiserl. Schutzbriefe über Deutsch-Neuguinea (Kaiser-Wilhelms-Land, heute der NO von Neuguinea, und Bismarckarchipel) und die Marshallinseln wurden 1885 ausgestellt, über Nauru 1888, weitere Inseln im Pazifik folgten 1899 (Marianen, Karolinen, Palauinseln und ein Teil der Samoainseln). 1898 wurde Kiautschou für 99 Jahre von China gepachtet. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die S. rechtlich als Mandatsgebiete des Völkerbundes behandelt, faktisch jedoch dem Kolonialbesitz der Mandatsmächte eingegliedert. Deutsch-Ostafrika wurde britisch (seit 1964 Vereinigte Rep. von Tanganjika und Sansibar, Tansania) und belgisch (Ruanda-Urundi, seit 1962 die Staaten Ruanda und Burundi), Deutsch-Südwestafrika ging an die Südafrikan. Union und war bis 1989 (zunächst als Südwestafrika, seit 1968 Namibia) von dieser annektiert (seit 1990 unabhängig als Rep. Namibia). Kamerun kam unter frz. (östl. Teil) und brit. Verw. (seit 1972 Vereinigte Rep. Kamerun). Der Westteil Togos wurde 1920 britisch (seit 1957 zu Ghana), der Ostteil frz. Mandat (seit 1960 Rep. Togo). NO-Neuguinea mit dem Bismarckarchipel wurde 1920 australisch (seit 1975 zu Papua-Neuguinea), die Marshallinseln, Karolinen, Marianen und Palauinseln wurden japan. (1947 amerikan.) Mandatsgebiet. Australien, Neuseeland und Großbritannien wurden Mandatsmächte für Nauru (seit 1968 Rep.) und Westsamoa (seit 1962 unabhängig). Kiautschou kam 1922 wieder zu China.
▣ Literatur:
Wehler, H.-U.: Bismarck u. der Imperialismus. Neuausg. Frankfurt am Main 21985.
⃟ Gründer, H.: Geschichte der dt. Kolonien. Paderborn u. a. 21991.
Schutzgebiete,bis 1918 die amtl. Bez. für die dt. Kolonien. - Während seit dem 16. Jh. Deutsche fast nur im Dienst fremder Mächte an der Erschließung neu entdeckter Gebiete teilnahmen, schalteten sich nach 1815 dt., v. a. hanseat., Kaufleute erfolgreich in den Welthandel ein. Vom Ende der 1870er-Jahre an entstand unter dem Eindruck der Reichseinigung eine Bewegung für Kolonialerwerb (1882 Dt. Kolonialverein, seit 1887 Dt. Kolonialgesellschaft). Bismarck lehnte diese Bestrebungen wiederholt ab, machte sie sich aber 1884 zu Eigen. Die als Handelskolonien gedachten Erwerbungen wurden allmählich Siedlungskolonien. In den meisten S. gab es eine Schutztruppe, die sich aus dt. sowie einheim. Soldaten unter dt. Offizieren rekrutierte. Im Ersten Weltkrieg wurden alle S. besetzt; im Versailler Vertrag (1919) musste das Dt. Reich auf alle S. verzichten.
Deutsch-Südwestafrika ging als erste Kolonie aus einem 1883 von A. Lüderitz erworbenen Gebiet hervor, das 1884 unter den Schutz des Reichs gestellt wurde. Die Schutzgewalt wurde bis 1890 auf benachbarte Gebiete ausgedehnt. Aus der 1884 erfolgten Schutzerklärung über Interessengebiete dt. Firmen gingen die S. Kamerun und Togo hervor, die seit 1891 getrennt verwaltet wurden. Deutsch-Ostafrika entstand als überseeische Besitzung aufgrund 1884 abgeschlossener Schutzverträge von C. Peters und der 1885 abgegebenen Schutzerklärung des Reichs. Die kaiserl. Schutzbriefe über Deutsch-Neuguinea (Kaiser-Wilhelms-Land, heute der NO von Neuguinea, und Bismarckarchipel) und die Marshallinseln wurden 1885 ausgestellt, über Nauru 1888, weitere Inseln im Pazifik folgten 1899 (Marianen, Karolinen, Palauinseln und ein Teil der Samoainseln). 1898 wurde Kiautschou für 99 Jahre von China gepachtet. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die S. rechtlich als Mandatsgebiete des Völkerbundes behandelt, faktisch jedoch dem Kolonialbesitz der Mandatsmächte eingegliedert. Deutsch-Ostafrika wurde britisch (seit 1964 Vereinigte Rep. von Tanganjika und Sansibar, Tansania) und belgisch (Ruanda-Urundi, seit 1962 die Staaten Ruanda und Burundi), Deutsch-Südwestafrika ging an die Südafrikan. Union und war bis 1989 (zunächst als Südwestafrika, seit 1968 Namibia) von dieser annektiert (seit 1990 unabhängig als Rep. Namibia). Kamerun kam unter frz. (östl. Teil) und brit. Verw. (seit 1972 Vereinigte Rep. Kamerun). Der Westteil Togos wurde 1920 britisch (seit 1957 zu Ghana), der Ostteil frz. Mandat (seit 1960 Rep. Togo). NO-Neuguinea mit dem Bismarckarchipel wurde 1920 australisch (seit 1975 zu Papua-Neuguinea), die Marshallinseln, Karolinen, Marianen und Palauinseln wurden japan. (1947 amerikan.) Mandatsgebiet. Australien, Neuseeland und Großbritannien wurden Mandatsmächte für Nauru (seit 1968 Rep.) und Westsamoa (seit 1962 unabhängig). Kiautschou kam 1922 wieder zu China.
▣ Literatur:
Wehler, H.-U.: Bismarck u. der Imperialismus. Neuausg. Frankfurt am Main 21985.
⃟ Gründer, H.: Geschichte der dt. Kolonien. Paderborn u. a. 21991.