Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schuldenkrise
Schuldenkrise,Bez. für die mit der Zahlungsunfähigkeit Mexikos 1982 eingetretene krisenhafte Entwicklung im internat. Finanzsystem, als sich eine Reihe von Entwicklungsländern außerstande sah, ihre bei Industrieländern aufgenommenen Kredite (Auslandsschulden, i. d. R. öffentl. Auslandsschulden) vereinbarungsgemäß zu tilgen und die fälligen Zinsen zu zahlen. Das Hauptproblem der S. war für die Entwicklungsländer die Tatsache, dass die von ihnen aufzubringenden Zins- und Tilgungsraten einen immer höheren Anteil ihrer Exporteinnahmen beanspruchten und somit wirtsch. Entwicklung behinderten und die sozialen Probleme verschärften. Um einen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems zu verhindern, war eine Überwindung der S. auch im Interesse der Gläubigerländer. Ursachen der S. waren u. a. die großzügige Kreditvergabe der Ind.staaten, Fehlentwicklungen in den Schuldnerländern, der Anstieg des Zinsniveaus und der Verfall der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt. Die mit dem Brady-Plan (nach dem damaligen amerikan. Finanzmin.) 1989/90 eingeleitete Schulden- und Schuldendienstverringerung im Rahmen von Umschuldungsabkommen (u. a. Rückkauf der Schulden gegen neue Kredite, Eintausch der Gläubigerbankforderungen gegen Wertpapiere) oder Schuldennachlässe sollten die nominale Außenverschuldung mit der tatsächl. Leistungskraft der Schuldnerländer in Einklang bringen. Dieser führte jedoch ebenso wie nachfolgende Regelungen der G-7-Staaten (1991 und 1994) über Schuldenreduzierungen v. a. für die Gruppe der ärmsten Entwicklungsländer nicht zu einer allgemeinen Entschärfung der S., wenn auch ein Rückgang der Verschuldungsquote (Verhältnis von gesamten Schulden zu Exporterlösen) von 193,6 % (1987) auf 146,2 % (1996) sowie der Schuldendienstquote (Schuldendienstaufwand zu Exporterlösen) von 22,5 % (1985) auf 16,4 % (1996) zu verzeichnen war. Hinter diesen Durchschnittszahlen verbergen sich allerdings erhebl. regionale Unterschiede. Bes. kritisch ist bis in die jüngste Zeit die Lage der hoch verschuldeten Entwicklungsländer mit niedrigem Einkommen (Severely indebted low income countries, Abk. SILIC), zu denen überwiegend afrikan. Staaten südlich der Sahara gehören, und der hoch verschuldeten Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen (Severely indebted middle income countries, Abk. SIMIC), zu denen v. a. lateinamerikan. Staaten zählen. Vor dem Hintergrund zunehmender Zinsrückstände (1996: 4,66 Mrd. US-$) der 41 am höchsten verschuldeten, ärmsten Länder (Heavily indepted poor countries, Abk. HIPC) wurde deshalb im Herbst 1995 unter Federführung von Weltbank und IWF ein spezielles Hilfsprogramm erarbeitet, das darauf abzielt, die Schuldendienstfähigkeit dieser Ländergruppe wiederherzustellen und deren Schulden innerhalb von sechs Jahren auf ein »tragfähiges« Niveau zu reduzieren. Zus. mit den 1996 in Lyon getroffenen G-7-Vereinbarungen können die Mitgl. des Pariser Clubs nunmehr im Einzelfall Schuldenreduzierungen von bis zu 80 % des Gegenwartswerts gewähren, sofern das betreffende Schuldnerland vorgegebene Strukturanpassungsprogramme erfolgreich durchführt.
▣ Literatur:
Korn, A.: Weltwirtschaft u. internat. Verschuldung. Frankfurt am Main u. a. 1989.
⃟ Kraemer, M.: Neuere Ansätze zur Lösung der internat. S. Frankfurt am Main u. a. 1991.
⃟ Schlichting, G.: Das Verschuldungsproblem der Dritten Welt. Pfaffenweiler 1997.
⃟ Ziesemer, T.: Ursachen von Verschuldungskrisen. Theorie, Empirie u. Politik. Marburg 1997.
Schuldenkrise,Bez. für die mit der Zahlungsunfähigkeit Mexikos 1982 eingetretene krisenhafte Entwicklung im internat. Finanzsystem, als sich eine Reihe von Entwicklungsländern außerstande sah, ihre bei Industrieländern aufgenommenen Kredite (Auslandsschulden, i. d. R. öffentl. Auslandsschulden) vereinbarungsgemäß zu tilgen und die fälligen Zinsen zu zahlen. Das Hauptproblem der S. war für die Entwicklungsländer die Tatsache, dass die von ihnen aufzubringenden Zins- und Tilgungsraten einen immer höheren Anteil ihrer Exporteinnahmen beanspruchten und somit wirtsch. Entwicklung behinderten und die sozialen Probleme verschärften. Um einen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems zu verhindern, war eine Überwindung der S. auch im Interesse der Gläubigerländer. Ursachen der S. waren u. a. die großzügige Kreditvergabe der Ind.staaten, Fehlentwicklungen in den Schuldnerländern, der Anstieg des Zinsniveaus und der Verfall der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt. Die mit dem Brady-Plan (nach dem damaligen amerikan. Finanzmin.) 1989/90 eingeleitete Schulden- und Schuldendienstverringerung im Rahmen von Umschuldungsabkommen (u. a. Rückkauf der Schulden gegen neue Kredite, Eintausch der Gläubigerbankforderungen gegen Wertpapiere) oder Schuldennachlässe sollten die nominale Außenverschuldung mit der tatsächl. Leistungskraft der Schuldnerländer in Einklang bringen. Dieser führte jedoch ebenso wie nachfolgende Regelungen der G-7-Staaten (1991 und 1994) über Schuldenreduzierungen v. a. für die Gruppe der ärmsten Entwicklungsländer nicht zu einer allgemeinen Entschärfung der S., wenn auch ein Rückgang der Verschuldungsquote (Verhältnis von gesamten Schulden zu Exporterlösen) von 193,6 % (1987) auf 146,2 % (1996) sowie der Schuldendienstquote (Schuldendienstaufwand zu Exporterlösen) von 22,5 % (1985) auf 16,4 % (1996) zu verzeichnen war. Hinter diesen Durchschnittszahlen verbergen sich allerdings erhebl. regionale Unterschiede. Bes. kritisch ist bis in die jüngste Zeit die Lage der hoch verschuldeten Entwicklungsländer mit niedrigem Einkommen (Severely indebted low income countries, Abk. SILIC), zu denen überwiegend afrikan. Staaten südlich der Sahara gehören, und der hoch verschuldeten Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen (Severely indebted middle income countries, Abk. SIMIC), zu denen v. a. lateinamerikan. Staaten zählen. Vor dem Hintergrund zunehmender Zinsrückstände (1996: 4,66 Mrd. US-$) der 41 am höchsten verschuldeten, ärmsten Länder (Heavily indepted poor countries, Abk. HIPC) wurde deshalb im Herbst 1995 unter Federführung von Weltbank und IWF ein spezielles Hilfsprogramm erarbeitet, das darauf abzielt, die Schuldendienstfähigkeit dieser Ländergruppe wiederherzustellen und deren Schulden innerhalb von sechs Jahren auf ein »tragfähiges« Niveau zu reduzieren. Zus. mit den 1996 in Lyon getroffenen G-7-Vereinbarungen können die Mitgl. des Pariser Clubs nunmehr im Einzelfall Schuldenreduzierungen von bis zu 80 % des Gegenwartswerts gewähren, sofern das betreffende Schuldnerland vorgegebene Strukturanpassungsprogramme erfolgreich durchführt.
▣ Literatur:
Korn, A.: Weltwirtschaft u. internat. Verschuldung. Frankfurt am Main u. a. 1989.
⃟ Kraemer, M.: Neuere Ansätze zur Lösung der internat. S. Frankfurt am Main u. a. 1991.
⃟ Schlichting, G.: Das Verschuldungsproblem der Dritten Welt. Pfaffenweiler 1997.
⃟ Ziesemer, T.: Ursachen von Verschuldungskrisen. Theorie, Empirie u. Politik. Marburg 1997.