Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schuld
Schuld,1) Philosophie, Religion: etwas, das man tun soll, eine Schuldigkeit. Als Schuldigwerden die Übertretung eines im Rahmen eines allg. Normenkodex vorgegebenen bzw. auf Gott oder die Götter zurückgeführten Gesetzes oder Gebots oder das Bewusstsein, der erkannten sittl. bzw. religiösen Pflicht zuwidergehandelt zu haben. Beurteilungsinstanzen der S. sind das eigene Gewissen, vor dem das Individuum sich als schuldig erfährt (S.-Erfahrung, S.-Gefühl), Gott, die anderen Menschen. Die Religionen und das antike Drama zeigen, dass Schuldigwerden eine Urerfahrung des Menschen darstellt. (Sünde)
2) Psychoanalyse: Das (v. a. neurot.) S.-Gefühl, die subjektive, bewusste oder unbewusste Überzeugung, einer Person Unrecht angetan oder gegen ein Gebot oder Gesetz verstoßen zu haben, wird psychoanalytisch v. a. als Ausdruck eines innerpsych. Konfliktes gedeutet; in der Therapie wird dessen Bewältigung versucht.
3) Strafrecht: die Vorwerfbarkeit der Willensbildung des Täters. Sie setzt voraus, dass der Täter statt des rechtswidrigen einen normgemäßen Handlungswillen hätte bilden können; S. ist gegeben bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Das Vorliegen von S. ist Voraussetzung für die Bestrafung und Grundlage für die Zumessung der Strafe. S.-Ausschließungsgründe (Entschuldigungsgründe) sind v. a. Schuldunfähigkeit, entschuldigender Notstand (§ 35 StGB), unvermeidbarer Verbotsirrtum und Tatbestandsirrtum (Irrtum). Die S.-Frage (ob der Angeklagte der Tat schuldig ist) besteht aus der Beweisfrage (ob die Begehung der Tat durch den Angeklagten erwiesen ist) und der Frage nach der Gesetzesanwendung (Subsumtion; ob ein im Strafgesetz bezeichneter Tatbestand vorliegt). Sie umfasst ferner die Strafe ausschließende, mindernde oder erhöhende Umstände.
▣ Literatur:
Kaufmann, A.: S. u. Strafe. Köln u. a. 21983.
⃟ S. u. Verantwortung. Philosoph. u. jurist. Beiträge zur Zurechenbarkeit menschl. Handelns, hg. v. M. Baumgartner u. a. Tübingen 1983.
4) Zivilrecht: 1) als Verbindlichkeit die Verpflichtung des Schuldners zu einer Leistung (Tun oder Unterlassen) aufgrund eines Schuldverhältnisses; 2) als Vorwerfbarkeit die Bewertung eines menschl. Verhaltens (Verschulden).
Schuld,1) Philosophie, Religion: etwas, das man tun soll, eine Schuldigkeit. Als Schuldigwerden die Übertretung eines im Rahmen eines allg. Normenkodex vorgegebenen bzw. auf Gott oder die Götter zurückgeführten Gesetzes oder Gebots oder das Bewusstsein, der erkannten sittl. bzw. religiösen Pflicht zuwidergehandelt zu haben. Beurteilungsinstanzen der S. sind das eigene Gewissen, vor dem das Individuum sich als schuldig erfährt (S.-Erfahrung, S.-Gefühl), Gott, die anderen Menschen. Die Religionen und das antike Drama zeigen, dass Schuldigwerden eine Urerfahrung des Menschen darstellt. (Sünde)
2) Psychoanalyse: Das (v. a. neurot.) S.-Gefühl, die subjektive, bewusste oder unbewusste Überzeugung, einer Person Unrecht angetan oder gegen ein Gebot oder Gesetz verstoßen zu haben, wird psychoanalytisch v. a. als Ausdruck eines innerpsych. Konfliktes gedeutet; in der Therapie wird dessen Bewältigung versucht.
3) Strafrecht: die Vorwerfbarkeit der Willensbildung des Täters. Sie setzt voraus, dass der Täter statt des rechtswidrigen einen normgemäßen Handlungswillen hätte bilden können; S. ist gegeben bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Das Vorliegen von S. ist Voraussetzung für die Bestrafung und Grundlage für die Zumessung der Strafe. S.-Ausschließungsgründe (Entschuldigungsgründe) sind v. a. Schuldunfähigkeit, entschuldigender Notstand (§ 35 StGB), unvermeidbarer Verbotsirrtum und Tatbestandsirrtum (Irrtum). Die S.-Frage (ob der Angeklagte der Tat schuldig ist) besteht aus der Beweisfrage (ob die Begehung der Tat durch den Angeklagten erwiesen ist) und der Frage nach der Gesetzesanwendung (Subsumtion; ob ein im Strafgesetz bezeichneter Tatbestand vorliegt). Sie umfasst ferner die Strafe ausschließende, mindernde oder erhöhende Umstände.
▣ Literatur:
Kaufmann, A.: S. u. Strafe. Köln u. a. 21983.
⃟ S. u. Verantwortung. Philosoph. u. jurist. Beiträge zur Zurechenbarkeit menschl. Handelns, hg. v. M. Baumgartner u. a. Tübingen 1983.
4) Zivilrecht: 1) als Verbindlichkeit die Verpflichtung des Schuldners zu einer Leistung (Tun oder Unterlassen) aufgrund eines Schuldverhältnisses; 2) als Vorwerfbarkeit die Bewertung eines menschl. Verhaltens (Verschulden).