Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schrift
Schrift,System graf. Zeichen, die zum Zweck menschl. Kommunikation verwendet werden (Schreiben).
Entwicklung der Schrift: Vorstufen sind die »Gegenstands-S.« (Knoten-S., Kerbzahlen, indian. Wampumgürtel u. Ä.) und die prinzipiell nicht davon unterschiedene bildl. Ideen-S. (Bilderschrift), in der einfache Bilder oder Bildfolgen unabhängig von der Sprache Inhalte darstellen. Von eigentl. S. kann erst nach dem Übergang zur Wiedergabe sprachl. Einheiten (Wörter, Silben, Laute) die Rede sein. Nach der Art der durch besondere Zeichen dargestellten Einheiten werden Wort- S. (i. d. R. Bildzeichen; Hieroglyphen), Silben- und Buchstaben-S. unterschieden. Bevorzugt werden Mischformen aus Wort-S. und Silben-S., wie sie etwa in den ältesten Formen der altmesopotam. Keilschriften, in der ägyptischen Schrift, der S. des Hieroglyphenhethitischen oder der japanischen Schrift vorliegen. Wahrscheinlich Ende des 2. Jt., spätestens Mitte des 8. Jh. v. Chr. übernahmen die Griechen ohne grundlegende Änderung der äußeren Form das westsemit. (phönik.) Alphabet; die griechische Schrift war die erste europ. Buchstaben-S. Sie verbreitete sich früh bei den italischen Völkern und von Byzanz aus im Gebiet der orth. Kirche bei einem Teil der Slawen (Glagoliza, Kyrilliza); in Form bestimmter Arten der lateinischen Schrift verbreitete sie sich, nicht zuletzt unter dem Einfluss der römisch-kath. Kirche, über ganz Europa und über Europa hinaus. Ebenso wie die grch. Schrift geht die Brahmi-S., aus der sich fast alle indischen Schriften entwickelt haben, auf eine semit. Schrift zurück. - Griechen und Römer verwendeten im tägl. Gebrauch an Abkürzungen und Zeichenverbindungen (Ligaturen) reiche kursive S.-Formen; die jüngere röm. Kursive mit Ober- und Unterlängen lebt in den heutigen Kleinbuchstaben fort. In der frühen röm. Kaiserzeit bildete sich eine Monumental-S. in Majuskelform heraus (Kapitalis) mit gleich hohen, unverbunden nebeneinander stehenden Buchstaben (lebt in den Großbuchstaben der heutigen Antiqua fort). Seit dem 3. Jh. n. Chr. ist die Unziale bekannt. Im frühen MA. bildeten sich versch. Typen heraus, denen sich nach der Ausbildung der karolingischen Minuskel im Zusammenhang mit einer S.-Reform Karls d. Gr. wieder ein einheitl. S.-Wesen anschloss. Seit dem 12. Jh. entwickelte sich aus ihr die spitzbogige got. Minuskel, die im 14./15. Jh. außer in Italien, wo die Goticoantiqua und Rotunda entstanden, allg. verbreitet war, sowohl als Prunk-S. (Missal-S., Textura) wie als Gebrauchs-S. (Notula) bzw. Bastarda (got. Buch-S.). Die Humanisten belebten die karoling. Minuskel, Vorstufe der heutigen Antiqua, schufen aber auch eine got. S. der Renaissance, die Fraktur. Sie war noch Grundlage der Sütterlin-S. bzw. der dt. Schreib-S., bis die lat. S. 1941 als dt. Normal-S. eingeführt wurde. Mit dem Buchdruck bildeten sich eigene Druckschriften heraus (Schriften).
▣ Literatur:
Schmitt, Alfred: Entstehung u. Entwicklung von S. Köln u. a. 1980.
⃟ Dreihundertzwanzig S., hg. v. H. Baur-Callwey u. a. München 1991.
⃟ Parramón, J. M.: Das Handbuch der S. Aus dem Span. Neuausg. Stuttgart 1991.
⃟ Haarmann, H.: Universalgeschichte der S. Frankfurt am Main u. a. 1992.
Schrift,System graf. Zeichen, die zum Zweck menschl. Kommunikation verwendet werden (Schreiben).
Entwicklung der Schrift: Vorstufen sind die »Gegenstands-S.« (Knoten-S., Kerbzahlen, indian. Wampumgürtel u. Ä.) und die prinzipiell nicht davon unterschiedene bildl. Ideen-S. (Bilderschrift), in der einfache Bilder oder Bildfolgen unabhängig von der Sprache Inhalte darstellen. Von eigentl. S. kann erst nach dem Übergang zur Wiedergabe sprachl. Einheiten (Wörter, Silben, Laute) die Rede sein. Nach der Art der durch besondere Zeichen dargestellten Einheiten werden Wort- S. (i. d. R. Bildzeichen; Hieroglyphen), Silben- und Buchstaben-S. unterschieden. Bevorzugt werden Mischformen aus Wort-S. und Silben-S., wie sie etwa in den ältesten Formen der altmesopotam. Keilschriften, in der ägyptischen Schrift, der S. des Hieroglyphenhethitischen oder der japanischen Schrift vorliegen. Wahrscheinlich Ende des 2. Jt., spätestens Mitte des 8. Jh. v. Chr. übernahmen die Griechen ohne grundlegende Änderung der äußeren Form das westsemit. (phönik.) Alphabet; die griechische Schrift war die erste europ. Buchstaben-S. Sie verbreitete sich früh bei den italischen Völkern und von Byzanz aus im Gebiet der orth. Kirche bei einem Teil der Slawen (Glagoliza, Kyrilliza); in Form bestimmter Arten der lateinischen Schrift verbreitete sie sich, nicht zuletzt unter dem Einfluss der römisch-kath. Kirche, über ganz Europa und über Europa hinaus. Ebenso wie die grch. Schrift geht die Brahmi-S., aus der sich fast alle indischen Schriften entwickelt haben, auf eine semit. Schrift zurück. - Griechen und Römer verwendeten im tägl. Gebrauch an Abkürzungen und Zeichenverbindungen (Ligaturen) reiche kursive S.-Formen; die jüngere röm. Kursive mit Ober- und Unterlängen lebt in den heutigen Kleinbuchstaben fort. In der frühen röm. Kaiserzeit bildete sich eine Monumental-S. in Majuskelform heraus (Kapitalis) mit gleich hohen, unverbunden nebeneinander stehenden Buchstaben (lebt in den Großbuchstaben der heutigen Antiqua fort). Seit dem 3. Jh. n. Chr. ist die Unziale bekannt. Im frühen MA. bildeten sich versch. Typen heraus, denen sich nach der Ausbildung der karolingischen Minuskel im Zusammenhang mit einer S.-Reform Karls d. Gr. wieder ein einheitl. S.-Wesen anschloss. Seit dem 12. Jh. entwickelte sich aus ihr die spitzbogige got. Minuskel, die im 14./15. Jh. außer in Italien, wo die Goticoantiqua und Rotunda entstanden, allg. verbreitet war, sowohl als Prunk-S. (Missal-S., Textura) wie als Gebrauchs-S. (Notula) bzw. Bastarda (got. Buch-S.). Die Humanisten belebten die karoling. Minuskel, Vorstufe der heutigen Antiqua, schufen aber auch eine got. S. der Renaissance, die Fraktur. Sie war noch Grundlage der Sütterlin-S. bzw. der dt. Schreib-S., bis die lat. S. 1941 als dt. Normal-S. eingeführt wurde. Mit dem Buchdruck bildeten sich eigene Druckschriften heraus (Schriften).
▣ Literatur:
Schmitt, Alfred: Entstehung u. Entwicklung von S. Köln u. a. 1980.
⃟ Dreihundertzwanzig S., hg. v. H. Baur-Callwey u. a. München 1991.
⃟ Parramón, J. M.: Das Handbuch der S. Aus dem Span. Neuausg. Stuttgart 1991.
⃟ Haarmann, H.: Universalgeschichte der S. Frankfurt am Main u. a. 1992.