Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schleiermacher
Schleiermacher,Friedrich Daniel Ernst, evang. Theologe und Philosoph, * Breslau 21. 11. 1768, ✝ Berlin 12. 2. 1834; wurde in Anstalten der Brüdergemeine erzogen, studierte 1787-89 in Halle (Saale); war 1790-93 Hauslehrer, seit 1796 Prediger und Pfarrer, seit 1810 Prof. in Berlin; seit 1811 Mitgl. der Königl. Akademie der Wiss.; gehörte dem Berliner Romantikerkreis um Henriette Herz und K. W. F. Schlegel an; war maßgeblich an der Gründung der Univ. Berlin und am Zustandekommen der evang. Kirchenunion in Preußen beteiligt. S. war der einflussreichste evang. Theologe seiner Zeit und erlangte darüber hinaus auch als Philosoph, Pädagoge, Wissenschaftsorganisator und Übersetzer Platons Bedeutung. - Auf die evang. Theologie des 19./20. Jh. wirkte er v. a. durch seine Glaubenslehre (»Der christl. Glaube, nach den Grundsätzen der evang. Kirche im Zusammenhang dargestellt«, 2 Bde., 1821/22). Sein »Gesamtsystem der Theologie« baut auf der »philosoph. Theologie« als der »Wurzel« auf, der sich die »histor. Theologie« (Dogmatik u. a.) und die »prakt. Theologie« als »Stamm« und »Krone« zuordnen. Geistesgeschichtlich bedeutsam wurde S.s Auffassung der Religion, die er in seinem, im engen Kontakt mit dem Berliner Romantikerkreis entstandenen Frühwerk »Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern« (1799 anonym erschienen) entwickelte. S. begreift Religion als ein grundsätzl. menschl. Vermögen, sich durch das »unmittelbare Bewusstsein des Unendlichen (des Universums) in Anschauung und Gefühl« - später von ihm »klassisch« als »Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit« definiert -, jenseits von Wissen oder Pflichthandlung zum Unendlichen zu verhalten. Mit seinem philosoph. Hauptwerk (»Dialektik«, 1839) entwickelte S. das Programm einer »höchsten Wiss.« zur Begründung aller Wiss. aus der Erkenntnis des Absoluten und bestimmte die Hermeneutik als »universale Kunstlehre des Verstehens«. Letzteres beeinflusste u. a. W. Dilthey, M. Heidegger und H.-G. Gadamer.
▣ Literatur:
Reuter, H.-R.: Die Einheit der Dialektik F. S.s. München 1979.
⃟ Riemer, M.: Bildung u. Christentum. Göttingen 1989.
Schleiermacher,Friedrich Daniel Ernst, evang. Theologe und Philosoph, * Breslau 21. 11. 1768, ✝ Berlin 12. 2. 1834; wurde in Anstalten der Brüdergemeine erzogen, studierte 1787-89 in Halle (Saale); war 1790-93 Hauslehrer, seit 1796 Prediger und Pfarrer, seit 1810 Prof. in Berlin; seit 1811 Mitgl. der Königl. Akademie der Wiss.; gehörte dem Berliner Romantikerkreis um Henriette Herz und K. W. F. Schlegel an; war maßgeblich an der Gründung der Univ. Berlin und am Zustandekommen der evang. Kirchenunion in Preußen beteiligt. S. war der einflussreichste evang. Theologe seiner Zeit und erlangte darüber hinaus auch als Philosoph, Pädagoge, Wissenschaftsorganisator und Übersetzer Platons Bedeutung. - Auf die evang. Theologie des 19./20. Jh. wirkte er v. a. durch seine Glaubenslehre (»Der christl. Glaube, nach den Grundsätzen der evang. Kirche im Zusammenhang dargestellt«, 2 Bde., 1821/22). Sein »Gesamtsystem der Theologie« baut auf der »philosoph. Theologie« als der »Wurzel« auf, der sich die »histor. Theologie« (Dogmatik u. a.) und die »prakt. Theologie« als »Stamm« und »Krone« zuordnen. Geistesgeschichtlich bedeutsam wurde S.s Auffassung der Religion, die er in seinem, im engen Kontakt mit dem Berliner Romantikerkreis entstandenen Frühwerk »Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern« (1799 anonym erschienen) entwickelte. S. begreift Religion als ein grundsätzl. menschl. Vermögen, sich durch das »unmittelbare Bewusstsein des Unendlichen (des Universums) in Anschauung und Gefühl« - später von ihm »klassisch« als »Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit« definiert -, jenseits von Wissen oder Pflichthandlung zum Unendlichen zu verhalten. Mit seinem philosoph. Hauptwerk (»Dialektik«, 1839) entwickelte S. das Programm einer »höchsten Wiss.« zur Begründung aller Wiss. aus der Erkenntnis des Absoluten und bestimmte die Hermeneutik als »universale Kunstlehre des Verstehens«. Letzteres beeinflusste u. a. W. Dilthey, M. Heidegger und H.-G. Gadamer.
▣ Literatur:
Reuter, H.-R.: Die Einheit der Dialektik F. S.s. München 1979.
⃟ Riemer, M.: Bildung u. Christentum. Göttingen 1989.