Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schiedsgerichtsbarkeit
Schiedsgerichtsbarkeit,1) Völkerrecht: (internationale S.), die friedl. Beilegung von Streitigkeiten zw. Staaten durch von den Streitteilen berufene Richter in einem besonderen Verfahren (oft Arbitration genannt). Die Entscheidung eines Streitfalles durch ein internat. Schiedsgericht setzt voraus, dass die Beteiligten sich der S. unterworfen haben, häufig durch eine Schiedsklausel in internat. Verträgen. Der ordnungsmäßig ergehende Schiedsspruch ist für alle Seiten bindend. Durch die aus den Haager Friedenskonferenzen hervorgegangenen Abkommen von 1899 und 1907 ist der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag errichtet worden, der aber an Bedeutung verloren hat; er ist vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu unterscheiden. Die Staaten werden durch die Charta der UN (Art. 33) auf die S. als Mittel der friedl. Streiterledigung verwiesen. Dtl. ist durch Art. 24 Abs. 3 GG verpflichtet, zur Regelung zwischenstaatl. Streitigkeiten Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische internat. S. beizutreten. - I. w. S. versteht man unter internat. S. alle Arten der schiedsrichterl. Streitbeilegung, die durch völkerrechtl. Vereinbarung begründet wurden.
2) Zivilrecht: als schiedsrichterl. Verfahren Verhandlung und Entscheidung privatrechtl. Streitigkeiten durch ein privates, also nicht staatl. Schiedsgericht, das von den Beteiligten durch Schiedsvereinbarung bestellt wurde, anstelle des staatl. Gerichts (§§ 1025 ff. ZPO i. d. F. des Schiedsverfahrens-Neuregelungs-Ges. vom 22. 12. 1997). Die Schiedsvereinbarung bedarf bei Beteiligung eines Verbrauchers einer strengen, sonst einer erleichterten Schriftform. Jeder vermögensrechtl. Anspruch kann Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein, nicht vermögensrechtl. Ansprüche nur insoweit, als die Parteien über den Gegenstand des Streites einen Vergleich schließen können, d. h. verfügungsberechtigt sind. Der Schiedsspruch hat für die Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtl. Urteils. Die Zwangsvollstreckung kann jedoch erst betrieben werden, wenn der Schiedsspruch bei Gericht hinterlegt und von diesem für vollstreckbar erklärt worden ist; bei Schiedssprüchen aufgrund Vergleichs kann die Vollstreckbarkeitserklärung einem Notar übertragen werden. Das Schiedsverfahren wird im internat. Handelsverkehr oft gewählt, weil es u. a. zu schnellen und kostengünstigen Entscheidungen führt. Im Bereich des Arbeitsrechts hat die S. nur geringe Bedeutung, z. B. bei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten der Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen (§§ 101 ff. Arbeitsgerichts-Ges.). In den neuen Bundesländern können Schiedsstellen in den Gemeinden gebildet werden, die in einfachen Vermögensstreitigkeiten und bestimmten Strafsachen (z. B. Bagatellsachen, Sühneverfahren vor Erhebung der Privatklage) tätig werden können. - Auch in Österreich und der Schweiz ist die S. gebräuchlich.
Literatur:
Glossner, O.u. a.:Das Schiedsgericht in der Praxis. Heidelberg 31990.
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