Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Saudi-Arabien
Saudi-Arabi|en Fläche: 2 150 000 km2
Einwohner: (1995) 17,88 Mio.
Hauptstadt: Riad
Verwaltungsgliederung: 13 Provinzen
Amtssprache: Arabisch
Nationalfeiertag: 23. 9.
Währung: 1 Saudi Riyal (S.Rl.) = 20 Qirshes = 100 Hallalas
Zeitzone: MEZ + 2 Std.
(amtlich arab. Al-Mamlaka al-Arabijja as-Saudijja, Königreich S.-A.), Staat auf der Arab. Halbinsel, grenzt im W an das Rote Meer, im N an Jordanien, Irak und Kuwait, im O an den Pers. Golf, im SO an Katar und die Vereinigten Arab. Emirate, im S an Oman und an Jemen; der Grenzverlauf ist z. T. umstritten (daher schwanken die Flächenangaben).
Staat und Recht: S.-A. ist eine absolute Monarchie. Eine geschriebene Verf. existiert nicht. Am 1. 3. 1992 wurden drei Reformerlasse veröffentlicht, von denen die »Grundordnung für die Reg.« Grundzüge einer Verf. (Fixierung individueller Eigentums- und Freiheitsrechte) trägt. Staatsoberhaupt, oberster Inhaber der Exekutive und Legislative sowie nominell geistl. Oberhaupt ist der König. Seine Machtposition basiert auf der Scharia; in der Praxis hat er die geistl. Würdenträger (Rat der Schriftgelehrten) sowie die komplizierten inneren Machtstrukturen der Dynastie zu berücksichtigen. Der König steht dem von ihm ernannten Ministerrat vor. Der seit 1993 bestehende Konsultativrat (Madjlis asch-Schura) mit 60 für vier Jahre vom König ernannten Mitgl. ist eine mit beschränkten Vollmachten ausgestattete Volksvertretung. Parteien existieren nicht.
Landesnatur: S.-A. umfasst den größten Teil der Arab. Halbinsel. Es ist ein Hochland, überwiegend aus kristallinen Hügelländern und jungen Lavadecken bestehend, das vom Pers. Golf langsam nach W ansteigt und mit gebirgsartigem Rand zum Vorland des Roten Meeres abfällt. Bedingt durch das trockenheiße Klima, nehmen Wüsten (größte ist die Rub al-Chali) und Wüstensteppen 99 % der Staatsfläche ein. Nur im Bereich von Trockentälern (Wadis) und am Fuß von Bergstufen können sich durch Quellen und Grundwasser Oasen bilden.
Bevölkerung: Die Bevölkerung ist infolge der wüstenhaften Landesnatur auf wenige städt. Zentren und kleine Gebiete mit gesicherter Wasserversorgung (Oasen) konzentriert. Sie besteht fast nur aus Arabern; rd. 15 % Nomaden (Beduinen). - Es besteht keine allg. Schulpflicht; die Analphabetenrate beträgt 38 % (bei Frauen 52 %); es gibt sieben Univ. (in Riad zwei, in Medina, Dhahran, Djidda, Dammam und Mekka). - Die Bev. bekennt sich zum Islam, mehrheitlich zur sunnit. (bes. zur strenggläubigen Bewegung der Wahhabiten), eine Minderheit zur schiit. Richtung (Ismailiten).
Wirtschaft, Verkehr: Grundlage ist der Erdölsektor, der fast 90 % der Exporterlöse (zweitgrößter Exporteur der Welt) erbringt. Die Förderung liegt im Wesentlichen bei der Saudi Arabian Oil Company. S.-A. (Mitgl. der OPEC) verfügt über 25 % der Erdölvorräte der Welt sowie über große Erdgasreserven. Die Erdöleinnahmen werden u. a. für Sozialleistungen, für Entwicklungshilfe und für die Ind.förderung verwendet. Bei Jubail am Pers. Golf und Janbo am Roten Meer entstanden Ind.zentren mit Grundstoff- und Verarbeitungsind. auf Erdöl- und Erdgasbasis (Raffinerien, petrochem., Stahlwerke, Aluminiumhütten). Der zweite wichtige Wirtschaftssektor ist der Pilgerverkehr zu den hl. Stätten des Islams in Mekka und Medina. Landwirtschaft ist nur bei künstl. Bewässerung möglich. Haupthandelspartner sind Japan, die USA, Großbritannien und Deutschland. - S.-A. verfügt über 43 200 km befestigte Straßen. Zwei Eisenbahnlinien (571 bzw. 465 km) verbinden Dammam mit Riad. Seehäfen sind Djidda und Dammam, Erdölhäfen Janbo, Jubail und Ras Tanura. Internat. Flughäfen in Dhahran, Djidda und Riad.
Geschichte: Über die Geschichte des Gebiets von S.-A. bis zum 18. Jh. Arabische Halbinsel. - Die zentralarab. Beduinen schlossen sich um 1740 den Wahhabiten an, die unter der Familie Saud von Nedjd im Innern der Arab. Halbinsel einen Staat schufen (Hptst. seit 1821: Riad), der 1818 an die Osmanen fiel. 1883-1902 aus Riad vertrieben, verdrängte sie unter Abd Al-Asis III. Ibn Saud von Kuwait aus die Osmanen aus NO-Arabien (1902 Rückeroberung des Emirats Riad Nedjd), 1924/25 auch den Scherifen von Mekka, Husain Ibn Ali, der sich zum König des Hidjas gemacht hatte. 1926 ließ sich Ibn Saud zum König des Nedjd und Hidjas (seit 18. 9. 1932 Königreich S.-A.) ausrufen. 1933 wurde die Arabian-American Oil Company (ARAMCO) gegründet. Die steigende Erdölförderung leitete eine Modernisierung ein (u. a. Verkehrs- und Schulwesen, Bewässerungssystem). Ibn Sauds Sohn, König Saud (1953-64), wurde 1964/65 von seinem Bruder Feisal entmachtet; er öffnete S.-A. dem westl. Lebensstil (enge Kooperation mit den USA), ohne die autokrat. Herrschaftsform zu lockern, und vollzog (v. a. im jemenit. Bürgerkrieg noch Gegner Nassers) nach 1967 eine Annäherung an Ägypten. Nach Feisals Ermordung (1975) setzten König Chalid (1975-82) und König Fahd (seit 1982) dessen Innen- und Außenpolitik (1979 Einschwenken in die arab. Ablehnung des ägyptisch-israel. Friedensvertrages) fort. Innerhalb der OPEC vertritt S.-A. eine gemäßigte Preispolitik. Im Juli 1987 und 1988 kam es, ausgelöst durch iran. Pilger, während der Wallfahrten in Mekka zu schweren Unruhen und zu Spannungen mit Iran. Nach der Besetzung Kuwaits durch Irak am 2. 8. 1990 wurde S.-A. zum Aufmarschgebiet einer multinat. Streitmacht, im 2. Golfkrieg 1991 arab. Hauptgegner Iraks.
Nach diesem Krieg wurde die Armee rasch um mehr als 40 % auf nun fast 97 000 Mann vergrößert; im Bereich des Großgeräts (v. a. Kampfpanzer und Kampfflugzeuge) wurden umfangreiche Beschaffungsmaßnahmen eingeleitet. Polit. Reformforderungen kam König Fahd nur in einem sehr begrenzten Maß entgegen. In diesem Sinne wurde 1993 ein Konsultativrat geschaffen. Angesichts der verstärkten Ausrichtung der Außenpolitik (seit 1991) auf die USA sieht sich das saud. Herrscherhaus innenpolitisch mit einer fundamentalistisch-islam. Opposition konfrontiert, die die amerikan. Militärpräsenz in S.-A. als Besatzung im »geheiligten Ursprungsland des Islam« betrachtet. Im Nov. 1995 und im Juni 1996 verübten islamist. Extremisten Bombenanschläge auf Militäreinrichtungen der USA in S.-A. (zahlr. Tote). - Im Jan. 1995 führten Grenzstreitigkeiten zw. S.-A. und Jemen um erdölreiche Gebiete zu bewaffneten Auseinandersetzungen, die jedoch bereits im folgenden Monat durch ein »Memorandum der Verständigung« beigelegt wurden.
Literatur:
H. Blume. S.-A. Natur, Geschichte, Mensch u. Wirtschaft, hg. v. Tübingen u. a. 1976.
Kopf, W.: Saudiarabien. Insel der Araber. Stuttgart 1982.
Philipp, H.-J.: Saudi Arabia. Bibliography on society, politics, economics, 2 Bde. München 1984-89.
Heck, G. u. Wöbcke, M.: Arab. Halbinsel. S.-A., Kuwait, Bahrain, Qatar, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Jemen. Köln 1996.
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