Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Sachsen-Anhalt
Sạchsen-Ạnhalt,Land im O der Bundesrep. Dtl., 20 447 km2, (1998) 2,69 Mio. Ew.;
Hptst. ist Magdeburg.Landesnatur: S.-A. hat Anteil an der dt. Mittelgebirgsschwelle und im größeren NO-Teil am Norddt. Tiefland, das von der Elbe mit einer breiten Niederung durchzogen wird. Den äußersten N nimmt die Altmark ein, die nach NO zum Niederungsgebiet der Wische an der Elbe, nach SW zur Wiesenniederung des Drömling abfällt und im S vom unfruchtbaren Endmoränengebiet der Letzlinger Heide abgeschlossen wird. Den mittleren Teil bilden die fruchtbare Magdeburger Börde und das westlich angrenzende nördl. Harzvorland, östlich der Elbe der westl. Teil des waldreichen Flämings. Der südl. Landesteil umfasst den östl. Harz mit dem Brockenmassiv (amtlich 1 141, nach anderen Angaben 1 142 m ü. M.), den östl. Teil der südlich vorgelagerten Goldenen Aue sowie das östl. und südöstl. Harzvorland, im O Teile der Leipziger Tieflandsbucht und, zw. Mulde und Elbe, der Dübener Heide. Der äußerste S gehört zu den Randgebieten des Thüringer Beckens.Bevölkerung: Mit (1998) 132 Ew./km2 gehört S.-A. zu den schwach besiedelten Bundesländern, wobei der landwirtschaftlich geprägte N-Teil bed. weniger bevölkert ist als der industriereichere S-Teil. S.-A. büßte 1950-98 etwa ein Viertel seiner 1950 registrierten Ew.-Zahl ein. Die Abnahme ist bes. auf Abwanderung, seit 1992 auf hohe Gestorbenenüberschüsse zurückzuführen. Knapp 2 % der Bewohner sind Ausländer. Meistverbreitete Konfession ist der Protestantismus. S.-A. besitzt zwei Univ. (in Halle [Saale] und Magdeburg), eine Hochschule (in Halle [Saale]) sowie fünf staatl. Fachhochschulen (Magdeburg, Merseburg, Stendal, Wernigerode und Köthen [mit Standorten in Bernburg und Dessau]). Darüber hinaus gibt es zwei staatlich anerkannte Hochschulen in kirchl. Trägerschaft (in Friedensau bei Magdeburg und in Halle [Saale]).Wirtschaft: S.-A. ist sowohl industriell als auch landwirtschaftlich geprägt. Die Landwirtschaft dominiert in der Magdeburger Börde mit Weizen-, Zuckerrüben-, Gemüseanbau sowie Rinder- und Schweinemast und im nördl., östl. und südl. Harzvorland (bes. in der Goldenen Aue). Im N und O herrschen mittlere und leichte Böden vor, die für Kartoffel- und Roggenanbau genutzt werden. Im Harz und z. T. in der Elbniederung ist Grünlandwirtschaft verbreitet, am Harzrand und am Süßen See bei Eisleben der Obstbau, im Tal von Saale und Unstrut bei Naumburg (Saale) und Freyburg (Unstrut) der Weinbau (Saale-Unstrut). Braunkohlenabbau wird nur noch nördlich von Zeitz betrieben. Die reichen Vorkommen von Salzen v. a. im Bereich Zielitz-Schönebeck (Elbe)-Staßfurt-Bernburg (Saale), im oberen Allertal sowie zw. Halle (Saale) und Bad Kösen werden seit dem frühen MA. in zahlr. Salinen (seit 1852 bergmännisch) gewonnen. Im Harz wurden bis in die jüngere Vergangenheit auch beachtl. Lagerstätten von Eisen-, Edel- und Buntmetallerzen sowie von Natursteinen abgebaut. Der seit dem hohen MA. erfolgte Kupferschieferabbau in der Mansfelder und Sangerhäuser Mulde wurde 1969 bzw. 1990 eingestellt, der Schwefelkiesabbau in Elbingerode (Harz) 1991. Im Gebiet von Salzwedel wird Erdgas gewonnen. Die Kalkvorkommen im Harz und nördl. Harzvorland sind für die Bauind. wichtig (Zementwerke in Bernburg [Saale] und Karsdorf). In großem Umfang werden Fest- und Lockergesteine wie Kalk, Porphyrite, Kiese, Sande und Kaolin abgebaut. Die chem. Ind. in Leuna bei Merseburg (Saale), in Schkopau, Bitterfeld, Wolfen und Wittenberg zog ebenso wie die im Tagebau betriebene Braunkohlenförderung und die darauf basierende Elektrizitätsgewinnung weiträumige Umweltschäden nach sich. Ihre Produktionsanlagen mussten daher stillgelegt oder kostenaufwendig saniert werden. Umfassende Neubauten im Chemiesektor entstanden in Leuna, Schkopau und Bitterfeld. Bed. Gewerbestandorte sind Halle (Saale) als westl. Zentrum des Verdichtungsgebiets Halle/Leipzig, Magdeburg, Schönebeck (Elbe), Dessau, Zerbst, Köthen (Anh.), Aschersleben, Zeitz, Staßfurt sowie Wernigerode; kleinere Standorte der Eisenmetallurgie sind Burg, Ilsenburg (Harz) und Tangerhütte, der Nichteisenmetallurgie Hettstedt und der Leichtmetallurgie Nachterstedt. In Genthin ist die Waschmittelproduktion bedeutsam. Die Nahrungsmittelind. ist an zahlr. Standorten vertreten. In vielen neuen Gewerbegebieten siedelten sich Betriebe der Bauwirtschaft, des Elektrogerätebaus, der Steuer- und Regelungstechnik sowie des Fahrzeugbaus an. - Der zu S.-A. gehörende östl. Teil des Harzes mit den durch ihre Fachwerkarchitektur ausgezeichneten Harzrandorten Wernigerode und Quedlinburg sowie Stolberg (Harz), die Dübener Heide, das Saale-Unstrut-Gebiet und der Fläming, die Luthergedenkstätten in den Lutherstädten Wittenberg und Eisleben sowie der Wörlitzer Park bei Dessau sind beliebte Erholungsgebiete bzw. tourist. Ziele. Neue Erholungsbereiche bilden sich mit den aus ehem. Braunkohlentagebauen entstehenden Seenplatten heraus. - Das Verkehrsnetz ist im S dichter als im N. Wichtigste Eisenbahnknotenpunkte sind Halle (Saale) und Magdeburg. S.-A. wird von der Autobahn Hannover-Berlin im mittleren und München-Berlin im östl. Teil durchzogen. Im Zuge der Verwirklichung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit befinden sich die Autobahntrassen Halle (Saale)-Magdeburg und die Südharzautobahn Halle-Göttingen mit dem W-Abschnitt der Südumfahrung Leipzig im Bau. Die erste ICE-Trasse der neuen Bundesländer führt, von Hannover kommend, über Stendal nach Berlin. Binnenschifffahrt erfolgt auf Elbe und Saale. Mittelland- und Elbe-Havel-Kanal verbinden die Elbe mit dem Ruhrgebiet und Berlin. Größter Binnenhafen ist Magdeburg.Verfassung: Nach der Verf. vom 16. 7. 1992 liegt die Legislative beim Landtag (116 Abg., für vier Jahre gewählt). Exekutivorgan ist die Landesreg., bestehend aus dem vom Landtag gewählten MinPräs. und den von ihm ernannten Min. Als plebiszitäre Elemente schreibt die Verf. Volksinitiative, -begehren und -entscheid fest.
Geschichte: Der Ostharz und das Mittelelbe-Saale-Gebiet, nach 531 (Thüringen) von Thüringern, Sachsen und Franken, später im O auch von Slawen besiedelt und als Teil des (alt- bzw. nieder)sächs. Stammesgebietes spätestens ab 804 fest in das Fränk. Reich eingegliedert, war im 10./11. Jh. unter den Liudolfingern (Heinrich I., Otto I., d. Gr.) Kerngebiet des frühmittelalterl. »Reichs der Deutschen«. Es war seit dem 13. Jh. in die Landesherrschaften u. a. der Askanier (neben der Altmark seit 1260 die Herzogtümer Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg, seit 1212/18 das Fürstentum Anhalt), der Wettiner (seit 1423 Kurfürsten von Sachsen-Wittenberg; Wittenberg im 16. Jh. Ausgangspunkt der Reformation), des Erzbischofs von Magdeburg (1648/80 als Herzogtum an Brandenburg-Preußen; Residenz seit 1714 Halle), der Grafen von Mansfeld (1780 auf Preußen und Kursachsen aufgeteilt) und Stolberg (seit 1429 Stolberg-Wernigerode und Stolberg-Stolberg) aufgegliedert; später bestanden die (kursächsisch-)albertin. Sekundogenitur-Fürstentümer Sachsen-Weißenfels (1656 bis 1746), Sachsen-Merseburg (1656 bis 1738) und Sachsen-Zeitz (1656 bis 1718). Nach dem Wiener Kongress (1815) wurde zum 1. 4. 1816 aus preuß. (Altmark, Magdeburg-Halle, Halberstadt), bisher kursächs. (Wittenberg, Torgau, Merseburg, Naumburg, N-Thüringen) und ehemals kurmainz. Gebieten (Erfurt, Eichsfeld) die preuß. Prov. Sachsen gebildet (Hptst. Magdeburg). Am 1. 7. 1944 wurde diese in die preuß. Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg aufgeteilt; der RegBez. Erfurt kam zu Thüringen.1945 besetzten zunächst amerikan. (bis 1. 7. 1945), dann sowjet. Truppen das Gebiet des heutigen S.-A. Am 9. 7. 1945 bildete die SMAD aus den Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg, dem Freistaat Anhalt und Teilen des ehem. Landes Braunschweig die Prov. Sachsen, ab 1946 Prov. S.-A. genannt. Mit der Verabschiedung einer Landes-Verf. (1947) erhielt die Prov. den Status eines Landes (Hptst.: Halle/Saale). Am 25. 7. 1952 wurde S.-A. in die DDR-Bez. Magdeburg und Halle aufgelöst. Teile kamen zu den Bezirken Leipzig (damaliger Kr. Torgau) und Cottbus (Kr. Jessen). Im Okt. 1990 wurde S.-A. aus den Bezirken Halle und Magdeburg und dem (ehem.) Kreis Jessen wiederhergestellt (der Kr. Torgau kam zu Sachsen). Nach der Landtagswahl vom 14. 10. 1990 bildeten CDU und FDP eine Koalitionsreg. unter den MinPräs. G. Gies (bis Juli 1991), W. Münch (bis Nov. 1993) und C. Bergner (ab Dez. 1993; alle CDU). Die am 22. 7. 1994 von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gebildete Minderheitsreg. unter MinPräs. R. Höppner (SPD) wurde von der PDS toleriert; dieses »Magdeburger Modell« wurde ab 26. 5. 1998 als SPD-Alleinreg. fortgesetzt.
Literatur:
H. Bramer Phys. Geographie. Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, S.-A., Sachsen, Thüringen, Beiträge v. u. a. Gotha 1991.
S.-A., hg. v. E. Oelke. Gotha 1997.
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