Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
römische Literatur
römische Literatur, die lat. Literatur der Stadt Rom und des Röm. Reiches von etwa 240 v. Chr. bis etwa 500 n. Chr. Rom übernahm im 7. Jh. v. Chr. die Schrift von den unteritalischen Griechen, verwendete sie aber zuerst nur für prakt. Zwecke (»Zwölftafelgesetz«, 451/50). Die r. L. entstand aus bewusstem Anschluss an die Griechen.Archaische Zeit und Vorklassik (etwa 240 bis etwa 100 v. Chr.): Livius Andronicus führte 240 ein grch. Drama in lat. Sprache auf. Naevius begründete durch Wahl röm. Stoffe die Tragödienform der »fabula praetexta« und das in Griechenland wenig gepflegte histor. Epos. Der vielseitige Ennius verwendete für das Epos erstmals den Hexameter. Wie Ennius, Pacuvius, Accius das Dreigestirn der Tragödie, so bildeten Plautus, Caecilius, Terenz das der Komödie. Um 140 blühte eine Komödienform mit röm. Milieu, die »fabula togata«. Eine fast rein röm. Literaturform war die Satire des Lucilius. Der eigentl. Begründer der lat. Prosa war Cato d. Ä. Das Ende der Epoche sah den Beginn einer lat. Rhetorik.Klassik (etwa 100 v. Chr. bis 14 n. Chr. ): Die Dichtergruppe der Neoteriker erhob nach dem Muster der alexandrin. Dichter die kleine, ausgefeilte Form zum Ideal. Ihr Hauptdichter war Catull. Lukrez stand mit seinem Lehrepos über die Philosophie Epikurs mehr für sich. Als dramat. Gattung wurde der Mimus durch Publilius und Laberius literaturfähig. Die Kunstprosa erreichte v. a. durch Cicero ihre Vollendung. Von vielen Geschichtswerken dieser Epoche sind nur Cäsars »Commentarii«, ferner Biographien des Cornelius Nepos und die kleineren Schriften Sallusts erhalten geblieben. Auf Varros Enzyklopädie der »freien Künste« beruht ein großer Teil des vom MA. übernommenen Bildungsgutes.
Die Dichter der augusteischen Zeit pflegten enge Bindungen an den Staat. Die augusteische Dichtung galt, durch hoch gestellte Gönner wie Maecenas, Messalla und auch Augustus gefördert, fortan als klassische röm. Dichtung. Ohne die hellenist. Vorbilder auszuschalten, griff sie auf die grch. Klassiker zurück; bezeichnend dafür wurde der Weg Vergils, der von der Kleinkunst über Bukolik und Lehrepos zum Heldenepos führte. Horaz gewann der r. L. die Gattungen des Jambus und des äolischen Liedes hinzu und vollendete die Kunstform der Satire. Die Elegie erhielt durch Tibull, Properz und Ovid Vollendung und Abschluss. Ovids Epos »Metamorphosen« bürgerte den grch. Mythos als Ganzes in die r. L. ein. Einen letzten Höhepunkt klass. Prosa verkörperte der Historiker Livius, dessen Werk das Bild der Geschichte Roms bis ins 19. Jh. tief beeinflusste.Nachklassik (14 n. Chr. bis etwa 200): Die Dichtung, die unter Nero eine Nachblüte erlebte, pflegte die schon übernommenen Gattungen; nur Phaedrus erschloss mit der Fabelpoesie ein neues Gebiet. Bes. beliebt war die Epik, vertreten durch das Lehrepos des Manilius, die histor. Epen von Lukan und Silius und die mytholog. von Valerius Flaccus und Statius; die Satire pflegten Persius und Juvenal, das Epigramm Martial. Die Gattung des Romans ist mit Petronius vertreten. Seneca, bedeutend als Tragiker, v. a. als Prosaiker, stellte das Problem der sittl. Erziehung nach stoischen Vorstellungen in den Mittelpunkt seiner philosoph. Schriften. Quintilians groß angelegte Einführung in die Rhetorik ist eine Hauptquelle für die Kenntnis dieses Gebietes. Eine besondere Blüte erlebte die Fachliteratur (Naturgeschichte Plinius' d. Ä.). Unter den Historikern ist neben Velleius Paterculus und Curtius Rufus v. a. Tacitus zu nennen, dessen Art der Geschichtsschreibung richtungweisend für die folgenden Jahrhunderte wurde. Während die grch. Literatur, begünstigt durch Hadrians Philhellenismus, neuen Aufschwung nahm, trat die r. L. in den Hintergrund. Rom verlor seine Stellung als geistiger Mittelpunkt; die lyr. Dichtung trat fast ganz zurück, in der Prosa war die originellste Erscheinung der Afrikaner Apuleius, Verfasser von Romanen, Reden und philosoph. Schriften. Mit der Kaiserbiographie eröffnete Sueton eine zukunftsreiche Schriftgattung. Nur die Rechtsliteratur erreichte in den Jahrzehnten um 200 mit Gaius, Papinianus, Ulpianus und Paulus ihren Höhepunkt. Damals legte der sprachgewaltige Tertullian die Grundlage für das christl. Latein.Spätlateinische Literatur (3. Jh. bis 524): Der neue Aufschwung des geistigen Lebens seit etwa 350 äußerte sich v. a. im Sammeln und Auslegen der antiken Überlieferung. Es entstanden Werke wie die Kommentare zu Terenz und Vergil von Donatus und Servius, die auf Varro fußende Enzyklopädie der sieben freien Künste des Martianus Capella, ein wichtiges Unterrichtswerk des MA. Bed. lat. Autoren waren der Dichter Claudianus und der Historiker Ammianus Marcellinus, der an Tacitus anknüpfte; im Ganzen war die christlich bestimmte Literatur an Gehalt und darsteller. Kraft weit bedeutsamer (Dichtung von Ambrosius und Prudentius, frühchristliche Literatur). Die letzten, bes. durch ihre Nachwirkung wichtigen Werke der r. L. entstanden zur Zeit des Theoderich und Justinian: die philosoph. Schriften des Boethius, die Grammatik des Priscian und die Kodifikation des röm. Rechts im Corpus Iuris Civilis. (Humanismus, mittellateinische Literatur)
▣ Literatur:
M. Fuhrmann R. L., hg. v. u. a. Frankfurt am Main 1974.
⃟ Das röm. Drama, hg. v. E. Lefèvre. Darmstadt 1978.
⃟ Schetter, W.: Das röm. Epos. Wiesbaden 1978.
⃟ Dihle, A.: Die grch. u. latein. Literatur der Kaiserzeit. München 1989.
⃟ Albrecht, M. von: Geschichte der r. L. von Andronicus bis Boethius. Mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit, 2 Bde. München 21994.
⃟ Büchner, K.: Röm. Literaturgeschichte. Ihre Grundzüge in interpretierender Darstellung. Stuttgart 61994.
Die Dichter der augusteischen Zeit pflegten enge Bindungen an den Staat. Die augusteische Dichtung galt, durch hoch gestellte Gönner wie Maecenas, Messalla und auch Augustus gefördert, fortan als klassische röm. Dichtung. Ohne die hellenist. Vorbilder auszuschalten, griff sie auf die grch. Klassiker zurück; bezeichnend dafür wurde der Weg Vergils, der von der Kleinkunst über Bukolik und Lehrepos zum Heldenepos führte. Horaz gewann der r. L. die Gattungen des Jambus und des äolischen Liedes hinzu und vollendete die Kunstform der Satire. Die Elegie erhielt durch Tibull, Properz und Ovid Vollendung und Abschluss. Ovids Epos »Metamorphosen« bürgerte den grch. Mythos als Ganzes in die r. L. ein. Einen letzten Höhepunkt klass. Prosa verkörperte der Historiker Livius, dessen Werk das Bild der Geschichte Roms bis ins 19. Jh. tief beeinflusste.Nachklassik (14 n. Chr. bis etwa 200): Die Dichtung, die unter Nero eine Nachblüte erlebte, pflegte die schon übernommenen Gattungen; nur Phaedrus erschloss mit der Fabelpoesie ein neues Gebiet. Bes. beliebt war die Epik, vertreten durch das Lehrepos des Manilius, die histor. Epen von Lukan und Silius und die mytholog. von Valerius Flaccus und Statius; die Satire pflegten Persius und Juvenal, das Epigramm Martial. Die Gattung des Romans ist mit Petronius vertreten. Seneca, bedeutend als Tragiker, v. a. als Prosaiker, stellte das Problem der sittl. Erziehung nach stoischen Vorstellungen in den Mittelpunkt seiner philosoph. Schriften. Quintilians groß angelegte Einführung in die Rhetorik ist eine Hauptquelle für die Kenntnis dieses Gebietes. Eine besondere Blüte erlebte die Fachliteratur (Naturgeschichte Plinius' d. Ä.). Unter den Historikern ist neben Velleius Paterculus und Curtius Rufus v. a. Tacitus zu nennen, dessen Art der Geschichtsschreibung richtungweisend für die folgenden Jahrhunderte wurde. Während die grch. Literatur, begünstigt durch Hadrians Philhellenismus, neuen Aufschwung nahm, trat die r. L. in den Hintergrund. Rom verlor seine Stellung als geistiger Mittelpunkt; die lyr. Dichtung trat fast ganz zurück, in der Prosa war die originellste Erscheinung der Afrikaner Apuleius, Verfasser von Romanen, Reden und philosoph. Schriften. Mit der Kaiserbiographie eröffnete Sueton eine zukunftsreiche Schriftgattung. Nur die Rechtsliteratur erreichte in den Jahrzehnten um 200 mit Gaius, Papinianus, Ulpianus und Paulus ihren Höhepunkt. Damals legte der sprachgewaltige Tertullian die Grundlage für das christl. Latein.Spätlateinische Literatur (3. Jh. bis 524): Der neue Aufschwung des geistigen Lebens seit etwa 350 äußerte sich v. a. im Sammeln und Auslegen der antiken Überlieferung. Es entstanden Werke wie die Kommentare zu Terenz und Vergil von Donatus und Servius, die auf Varro fußende Enzyklopädie der sieben freien Künste des Martianus Capella, ein wichtiges Unterrichtswerk des MA. Bed. lat. Autoren waren der Dichter Claudianus und der Historiker Ammianus Marcellinus, der an Tacitus anknüpfte; im Ganzen war die christlich bestimmte Literatur an Gehalt und darsteller. Kraft weit bedeutsamer (Dichtung von Ambrosius und Prudentius, frühchristliche Literatur). Die letzten, bes. durch ihre Nachwirkung wichtigen Werke der r. L. entstanden zur Zeit des Theoderich und Justinian: die philosoph. Schriften des Boethius, die Grammatik des Priscian und die Kodifikation des röm. Rechts im Corpus Iuris Civilis. (Humanismus, mittellateinische Literatur)
▣ Literatur:
M. Fuhrmann R. L., hg. v. u. a. Frankfurt am Main 1974.
⃟ Das röm. Drama, hg. v. E. Lefèvre. Darmstadt 1978.
⃟ Schetter, W.: Das röm. Epos. Wiesbaden 1978.
⃟ Dihle, A.: Die grch. u. latein. Literatur der Kaiserzeit. München 1989.
⃟ Albrecht, M. von: Geschichte der r. L. von Andronicus bis Boethius. Mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit, 2 Bde. München 21994.
⃟ Büchner, K.: Röm. Literaturgeschichte. Ihre Grundzüge in interpretierender Darstellung. Stuttgart 61994.