Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
römische Kunst
römische Kunst,die Kunst der Römer und die unter ihrer Herrschaft entstandene Reichskunst. Die Erfolge Roms in den Pun. Kriegen führten im 2. Jh. v. Chr. zur Herausbildung einer einheitl. stadtröm. Kultur, die in den sich ständig vergrößernden Machtbereich weitervermittelt wurde. Da die r. K. in starkem Maß polit. Zwecken und staatl. Selbstdarstellung diente, blieb ihr eigentl. Zentrum Rom, wo die für das übrige Reichsgebiet maßgeblichen künstler. Ausdrucksformen entwickelt wurden. - Die r. K. ist bestimmt durch die Verschmelzung von italischen (bes. etrusk.) und grch.-hellenist. Elementen. In den Provinzen und Regionen blieben die bodenständigen Traditionen z. T. stark prägend. Während in vielen Bereichen die grch. Vorbilder lediglich tradiert wurden (Idealplastik, Ornament), gewann die r. K. eine eigenständige Bedeutung in Architektur, Porträt und Relief. Beginn und Ende einer eigtl. r. K. sind nicht scharf begrenzt; allg. bezeichnet man die Kunst der nachkonstantin. Zeit bis zum Tode Justinians I. (565 n. Chr.) als spätantike Kunst; in ihr vermischen sich bereits frühchristl. und byzantin. Elemente.Baukunst: Sie bereicherte den Mittelmeerraum um zahlr. Bautypen, u. a. das geschlossene Forum, die Basilika, die Thermen, das Amphitheater, das röm. Theater mit halbrundem Zwischenteil und hohem Bühnenhaus, den Podiumtempel, den Triumphbogen, die Villa, ferner typ. Formen des Straßen-, Brücken- und Wasserleitungsbaus unter Anwendung des Hausteinbogens sowie des im 2. Jh. v. Chr. eingeführten Gussmauerwerks. Dieses erschloss neue Möglichkeiten auch für mehrstöckige Hochbauten, Wandgliederungen, weit gespannte Tonnengewölbe, Kuppeln, Voraussetzung für die großartigen Raumkörper der Kaiserthermen, Paläste und Kuppelbauten (Pantheon). Charakteristisch römisch ist weiter die Fähigkeit zur räuml. Organisation, die sich v. a. in axialer Ordnung ausdrückte. Das urspr. streng geschlossene röm. Atriumhaus wurde seit dem 1. Jh. v. Chr. um grch. Peristyle, Exedren, Loggien u. a. erweitert (sichtbar noch in Herculaneum und Pompeji). Ausgeklügelte Raumfolgen zeigen die weitläufigen Paläste (Hadriansvilla bei Tivoli), ebenso die Kaiserthermen (Trajans-, Caracallathermen in Rom). Die Diokletiansthermen und die Maxentiusbasilika in Rom gehen bereits zu einem Pathos der Einfachheit über, die noch die frühchristl. Kirchen des 5. und 6. Jh. prägte. - Auch in den Provinzen entstanden mächtige Bauwerke (z. B. Nîmes, »Maison Carrée«; Split, Palast des Diokletian; Gesamtanlage von Leptis Magna, Palmyra).Bildhauerkunst: Die meisten der in röm. Zeit entstandenen freiplast. Werke sind mehr oder weniger freie Kopien grch. Originale. Eigenständige Leistung der r. K. ist die Porträtbüste; in der republikan. Zeit nüchtern und mit herben Zügen, erreicht sie unter Augustus einen Höhepunkt an Individualisierung. Auch das Relief erreicht die reife Form des röm. Klassizismus (Ara Pacis Augustae). Ende des 1. Jh. wurden im Porträt typ. Merkmale herausgearbeitet, dem verfeinerten Hofbildnis der 2. Hälfte des 2. Jh. (bes. bei den Antoninen) folgten im 3. Jh. Verzerrung nicht scheuende Charakterbildnisse (Caracalla). Entsprechend wurde beim histor. Relief die Situationsschilderung (Titusbogen in Rom) seit dem 2. Jh. ins Bedeutungshafte übersetzt (Trajanssäule in Rom, Trajansbogen in Benevent; Mark-Aurel-Säule und Septimius-Severus-Bogen in Rom; sever. Fries in Leptis Magna). Im 3. Jh. füllen dicht gedrängte Figuren die tief zerklüftete Relieffläche (Ludovis. Sarkophag, 251 n. Chr., Rom, Thermenmuseum). Zunehmende Erstarrung zeigen die oft überlebensgroßen Kaiserstatuen und -köpfe aus dem 4.-6. Jh.Auch in der Malerei herrschte zunächst der grch. Einfluss vor. Für die Wandmalerei überliefern die Vesuvstädte (Pompeji, Herculaneum, Stabiae, Oplontis) die reichste und geschlossenste Übersicht (frühes 1. Jh. v. Chr. bis 79 n. Chr.). Die Bilder zeigen eine raumillusionist. Kunst (mit Ausnahme der Zeit von etwa 10 v. Chr. bis 40 n. Chr.), die Wände gleichen Bühnenfassaden und eröffnen Blicke in Gärten und Landschaften. Die Porträtmalerei ist nur aus dem Seitenzweig des ägypt. Mumienbildnisses bekannt. Tafel- und Leinwandbilder sind verloren gegangen. Das 4. Jh. bereitete mit neuer Intensität der Farbgebung spätantike und frühchristl. Malerei und Mosaikkunst vor.
Das weit verbreitete röm. Kunsthandwerk hat u. a. bed. Silberarbeiten (Hildesheimer Silberfund), Gläser (z. B. Diatretglas), Tongeschirr (Terra sigillata), Gemmen und Münzen hervorgebracht.
▣ Literatur:
Wheeler, M.: R. K. u. Architektur. A. d. Italien. München u. a. 1969.
⃟ Zanker, P.: Klassizist. Statuen. Mainz 1974.
⃟ R. K., hg. v. B. Andreae. Freiburg im Breisgau u. a. 41982.
⃟ Stützer, H. A.: Kleine Geschichte der r. K. Köln 1984.
⃟ Die röm. Villa, hg. v. F. Reutti. Darmstadt 1990.
⃟ Italien - archäolog. Führer, hg. v. E. Greco u. a. A. d. Italien. Freiburg u. a. 1991.
⃟ Zanker, P.: Augustus u. die Macht der Bilder. Sonderausg. München 31997.
Das weit verbreitete röm. Kunsthandwerk hat u. a. bed. Silberarbeiten (Hildesheimer Silberfund), Gläser (z. B. Diatretglas), Tongeschirr (Terra sigillata), Gemmen und Münzen hervorgebracht.
▣ Literatur:
Wheeler, M.: R. K. u. Architektur. A. d. Italien. München u. a. 1969.
⃟ Zanker, P.: Klassizist. Statuen. Mainz 1974.
⃟ R. K., hg. v. B. Andreae. Freiburg im Breisgau u. a. 41982.
⃟ Stützer, H. A.: Kleine Geschichte der r. K. Köln 1984.
⃟ Die röm. Villa, hg. v. F. Reutti. Darmstadt 1990.
⃟ Italien - archäolog. Führer, hg. v. E. Greco u. a. A. d. Italien. Freiburg u. a. 1991.
⃟ Zanker, P.: Augustus u. die Macht der Bilder. Sonderausg. München 31997.