Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Russlanddeutsche
Rụsslanddeutsche,Sammelbez. für die dt. Bev.gruppe in Russland (etwa 850 000 Menschen), Kasachstan (etwa 960 000), Kirgistan (etwa 100 000), Usbekistan (etwa 40 000), Ukraine (etwa 40 000), Tadschikistan (etwa 33 000) u. a. Republiken der GUS (etwa 14 000).
Geschichte: Die russ. Kaiserin Katharina II., d. Gr., rief 1762/63 dt. Kolonisten nach Russland, um das fruchtbare Gebiet der unteren Wolga gegen die Tataren zu sichern. 1764-74 wanderten etwa 30 000 Deutsche zumeist aus SW-Dtl. ein (Wolgadeutsche, v. a. in den früheren Gouvernements Saratow und Samara ansässig); bis 1864 gründeten sie über 300 Kolonien (z. T. bis zum Ural und bis zur Ukraine). Die bes. in einer 2. Welle 1804-24 die Schwarzmeersteppen (Schwarzmeerdeutsche) und die Krim besiedelnden bäuerl. Kolonisten wurden zuerst R. genannt. Zw. 1830 und 1870 siedelten sich die Wolhyniendeutschen in der Ukraine an (Wolhynien). Ab 1881 entstanden die Siedlungen der R. im Südural, in Sibirien (Sibiriendeutsche) und Turkestan. 1918 wurde das autonome Gebiet, 1924 die ASSR der Wolgadeutschen (Wolgadeutsche Republik) gebildet. Pogrome, Verschleppung, Verluste während des Ersten Weltkrieges sowie die Hungersnöte 1921/22 und 1932/33 reduzierten die Zahl erheblich (1914: 1,7 Mio.; 1941: 1,43 Mio.).
Nach dem dt. Angriff auf die Sowjetunion 1941 wurden die R. zu Unrecht kollektiv der Kollaboration mit Dtl. beschuldigt und nach Auflösung der ASSR zwangsweise nach Kasachstan (etwa die Hälfte aller R.), Kirgistan und Tadschikistan umgesiedelt (seitdem bis 1991 auch Sowjetdeutsche genannt). Die Schwarzmeerdeutschen wurden während der dt. Besetzung 1943/44 in den Warthegau abtransportiert. - Dem Erlass über partielle Wiedereingliederung 1964 folgte die Rehabilitierung, ohne den R. die Rückkehr in ihre traditionellen Gebiete zu ermöglichen. Nach Gründung polit. Organisationen der R. (v. a. »Wiedergeburt«, »Verband der Deutschen in der GUS«) 1989 wuchs der Wunsch nach Wiedererrichtung der Wolgadt. Republik. Dennoch sahen sich zuletzt immer mehr R. veranlasst, in die Bundesrep. Dtl. (Aussiedler) u. a. westl. Länder auszusiedeln. Seit 1991 gewährt Dtl. umfangreiche finanzielle Hilfen, um die Abwanderung zu reduzieren. In W-Sibirien (Gebiet Omsk), im Altai- und im Wolgagebiet erfolgt inzwischen eine verstärkte Ansiedlung von R. in so genannten Dt. Nationalrayons (mit Selbstverwaltung). - Auch Kasachstan, Kirgistan und die Ukraine bemühen sich um Integration der in ihrem Gebiet lebenden dt.-stämmigen Bev. (Kasachstan-, Kirgistan- und Ukrainedeutsche genannt).
▣ Literatur:
I. Fleischhauer Die Deutschen in der UdSSR in Geschichte u. Gegenwart, hg. v. u. a. Baden-Baden 1990.
⃟ Walth, W. H.: Auf der Suche nach Heimat. Die R. Dülmen 1990.
Rụsslanddeutsche,Sammelbez. für die dt. Bev.gruppe in Russland (etwa 850 000 Menschen), Kasachstan (etwa 960 000), Kirgistan (etwa 100 000), Usbekistan (etwa 40 000), Ukraine (etwa 40 000), Tadschikistan (etwa 33 000) u. a. Republiken der GUS (etwa 14 000).
Geschichte: Die russ. Kaiserin Katharina II., d. Gr., rief 1762/63 dt. Kolonisten nach Russland, um das fruchtbare Gebiet der unteren Wolga gegen die Tataren zu sichern. 1764-74 wanderten etwa 30 000 Deutsche zumeist aus SW-Dtl. ein (Wolgadeutsche, v. a. in den früheren Gouvernements Saratow und Samara ansässig); bis 1864 gründeten sie über 300 Kolonien (z. T. bis zum Ural und bis zur Ukraine). Die bes. in einer 2. Welle 1804-24 die Schwarzmeersteppen (Schwarzmeerdeutsche) und die Krim besiedelnden bäuerl. Kolonisten wurden zuerst R. genannt. Zw. 1830 und 1870 siedelten sich die Wolhyniendeutschen in der Ukraine an (Wolhynien). Ab 1881 entstanden die Siedlungen der R. im Südural, in Sibirien (Sibiriendeutsche) und Turkestan. 1918 wurde das autonome Gebiet, 1924 die ASSR der Wolgadeutschen (Wolgadeutsche Republik) gebildet. Pogrome, Verschleppung, Verluste während des Ersten Weltkrieges sowie die Hungersnöte 1921/22 und 1932/33 reduzierten die Zahl erheblich (1914: 1,7 Mio.; 1941: 1,43 Mio.).
Nach dem dt. Angriff auf die Sowjetunion 1941 wurden die R. zu Unrecht kollektiv der Kollaboration mit Dtl. beschuldigt und nach Auflösung der ASSR zwangsweise nach Kasachstan (etwa die Hälfte aller R.), Kirgistan und Tadschikistan umgesiedelt (seitdem bis 1991 auch Sowjetdeutsche genannt). Die Schwarzmeerdeutschen wurden während der dt. Besetzung 1943/44 in den Warthegau abtransportiert. - Dem Erlass über partielle Wiedereingliederung 1964 folgte die Rehabilitierung, ohne den R. die Rückkehr in ihre traditionellen Gebiete zu ermöglichen. Nach Gründung polit. Organisationen der R. (v. a. »Wiedergeburt«, »Verband der Deutschen in der GUS«) 1989 wuchs der Wunsch nach Wiedererrichtung der Wolgadt. Republik. Dennoch sahen sich zuletzt immer mehr R. veranlasst, in die Bundesrep. Dtl. (Aussiedler) u. a. westl. Länder auszusiedeln. Seit 1991 gewährt Dtl. umfangreiche finanzielle Hilfen, um die Abwanderung zu reduzieren. In W-Sibirien (Gebiet Omsk), im Altai- und im Wolgagebiet erfolgt inzwischen eine verstärkte Ansiedlung von R. in so genannten Dt. Nationalrayons (mit Selbstverwaltung). - Auch Kasachstan, Kirgistan und die Ukraine bemühen sich um Integration der in ihrem Gebiet lebenden dt.-stämmigen Bev. (Kasachstan-, Kirgistan- und Ukrainedeutsche genannt).
▣ Literatur:
I. Fleischhauer Die Deutschen in der UdSSR in Geschichte u. Gegenwart, hg. v. u. a. Baden-Baden 1990.
⃟ Walth, W. H.: Auf der Suche nach Heimat. Die R. Dülmen 1990.