Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Ruhrgebiet
Ruhrgebiet(bergbaulich Ruhr-Revier), der bedeutendste dt. und europ. Industriebezirk, Hauptteil des Wirtschaftsraumes Rhein-Ruhr. Sein Kerngebiet erstreckt sich als breites Band aneinander gereihter Städte vom linksrhein. Teil Duisburgs (Rheinhausen/Homberg) bis Dortmund; mit seinen Randgebieten reicht das R. von nahe der niederländ. Grenze bis Hamm, im N über Lippe und im S teilweise über die Ruhr hinaus. In den Grenzen des Kommunalverbandes R. (KVR) umfasst das R. (einschl. des gesamten, südlich anschließenden Ennepe-Ruhr-Kreises) mit 4 433 km2 13 % der Fläche und mit rd. 5,5 Mio. Ew. 31,2 % der Bev. von NRW. Seine wirtsch. Bedeutung beruhte auf den Steinkohlenvorräten. An den Bergbau schließt sich eine große Anzahl von Ind. an, bes. Eisen- und Stahlind. sowie chem. Industrie. Die Krise in der Montanindustrie in den 1970er-Jahren erforderte einen Strukturwandel; nach der Zahl der Beschäftigten und nach Umsatz haben andere Branchengruppen (Maschinen-, Automobilbau, Elektrotechnik, Feinmechanik, Chemie, Petrochemie, Glaserzeugung sowie Elektronik) den Bergbau und die Eisen schaffende Industrie überholt. Es entstanden zahlr. neue Werke und Einrichtungen des Dienstleistungsbereichs; in Anlehnung an die seit 1964 gegründeten sechs Universitäten entwickelten sich verstärkt Forschung sowie nat. und internat. Consulting.
Das R. verfügt über ein dichtes Bahn- und Straßennetz; seine Wasserstraßen (Rhein-, Wesel-Datteln-, Datteln-Hamm-, Rhein-Herne- und Dortmund-Ems-Kanal) verbinden das R. mit vielen bed. europ. Wirtschaftsräumen und v. a. den nordwesteurop. Seehäfen. - Das volkstümlich »Kohlenpott« genannte R. gilt heute als das Industriegebiet mit den meisten Grünflächen. 47 % der Gesamtfläche des R. werden landwirtschaftlich genutzt (1990), 17 % sind Waldflächen.1920 wurde der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk als erste dt. Raumplanungsbehörde gegründet. Seine Nachfolgeorganisation ist seit 1979 der Kommunalverband R. als Gemeindeverband der kreisfreien Städte und der Kreise für das Ruhr-Niederrheingebiet; Sitz: Essen; Aufgaben sind u. a. Flächensicherung, Verkehrsberuhigung, Abfallwirtschaft, Freizeitwesen, Stadtentwicklung.Geschichte: Schon im MA. wurde im S des R. Kohle gefördert; jedoch erlaubte erst die Dampfmaschine seit Mitte des 19. Jh. eine größere Fördertiefe. 1919/20 Zentrum kommunist. Unruhen. Im Zuge der Auseinandersetzungen um die Zahlung dt. Reparationen und im Zusammenhang mit der frz. Hegemonialpolitik kam es durch frz. und belg. Truppen zur Ruhrbesetzung (1923-25), nachdem bereits 1921 Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort besetzt worden waren. Die Reg. Cuno reagierte mit passivem Widerstand (Ruhrkampf), der aber wegen der Inflation aufgegeben werden musste. Der Dawesplan 1924 schuf die Voraussetzungen für die Beendigung der Ruhrbesetzung bis Aug. 1925. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen die USA, Großbritannien, Frankreich und die Beneluxstaaten aufgrund des Abkommens vom 28. 4. 1949 (Ruhrstatut) die Errichtung der Internat. Ruhrbehörde, als Kontrollbehörde (seit 1949 auch mit westdt. Beteiligung) über die Produktion des R. an Kohle, Koks und Stahl; sie wurde nach Errichtung der Europ. Gemeinschaft für Kohle und Stahl bis Febr. 1953 liquidiert.
Literatur:
Döhrn, R.: Das R. im europ. Binnenmarkt. Essen 1991.
R. Städte- u. Kreisstatistik, bearb. v. P. Lessing. Essen 1991.
Steinhoff, D.: Unbekanntes R. Münster 61992.
Vor Ort im R. Ein geograph. Exkursionsführer, hg. vom Geograph. Inst. der Ruhr-Univ. Bochum u. a., Redaktion: M. Hommel u. a. Essen 21993.
Günter, R.: Im Tal der Könige. Ein Reisebuch zu Emscher, Rhein u. Ruhr. Essen 21995.
Kirbach, R.: Jenseits von Krupp u. Kohle. Das R. im Wandel. Bonn 1996.
Chronik R., Beiträge v. F. Busch u. a. Gütersloh 21997.
Die Entdeckung des Ruhrgebietes. Das R. in Nordrhein-Westfalen 1946 - 1996, hg. v. J.-B. Barbian u. L. Heid. Essen 1997.
Das R. Porträt einer Region. hg. v. D. Deckers u. D. Nellen. Essen 1997.
Schulze, Wolfgang: Bewegte Zeiten. Erzählte Geschichte des Ruhrgebietes. Essen 1998.
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