Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Ritualmord
Ritualmord,eine mit kult. oder mag. Zielsetzung vollzogene Tötung von Menschen, die eine Verwandtschaft zum rituellen und symbol. Kannibalismus aufweist. Dem R. liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Blut bzw. bestimmte Körperteile des Getöteten Träger von dessen Lebenskraft, Seele oder bes. Macht sind und auf den Tötenden bzw. die in ihm repräsentierte Gemeinschaft übergehen. - Im römisch-abendländ. Europa sahen sich oft religiöse Minderheiten ungerechtfertigten R.-Vorwürfen ausgesetzt, so die frühen Christen und seit dem MA. bis ins 19. Jh. einzelne Juden wie auch die jüd. Gemeinschaft insgesamt. Seit dem 12. Jh. bildeten antijüd. R.-Beschuldigungen oft den Anlass für christl. Judenverfolgungen bzw. dienten ihrer nachträgl. »Begründung«. Der Ursprung der Blutlegenden und R.-Vorwürfe im MA. (als Stereotype des Antijudaismus und Antisemitismus) wird verschieden gedeutet.
Literatur:
Jensen, A. E.: Mythos u. Kult bei Naturvölkern. Neuausg. München 1992.
Die Legende vom R. Zur Geschichte der Blutbeschuldigung gegen Juden, hg. v. R. Erb 1993.
Po-Chia Hsia, R.: Trient 1475. Gesch. eines R.-Prozesses. A. d. Amerikan. Frankfurt am Main 1997.
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