Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Rinder
Rinder[ahd. (h)rint, eigtl. »Horntier«] (Bovinae), Unterfamilie der Horntiere mit neun Arten und 21 Unterarten, v. a. in Wäldern und Grassteppen Amerikas und der Alten Welt (nur in Südamerika und Australien gab es urspr. keine Wild-R.); Körperlänge 1,6-3,5 m, Gewicht 150-1 350 kg; Wiederkäuer mit breitem Schädel, unbehaartem, feuchtem Flotzmaul und Hörnern bei beiden Geschlechtern (bei den Männchen i. Allg. stärker entwickelt); Gehör- und Geruchssinn sind am besten ausgebildet, ihr Augensinn lässt sie die Farben Blau, Rot, Grün und Gelb erkennen. Zu den R. gehören die vier Gattungen asiat. und afrikan. Büffel, Echte (Eigentl.) R., Bison und Wisent. Zur Gattung Echte R. (Bos) gehören die fünf Arten Auerochse, Gaur, Banteng, Kouprey und Yak. - Es gibt weltweit etwa 450 (nach anderer Meinung etwa 800) Rassen von aus domestizierten Wild-R. hervorgegangenen Hausrindern. Die zahlr. europ. Wild-R. lassen sich alle auf den Auerochsen als Stammart zurückführen. Nach ihrem hauptsächl. Nutzen für den Menschen lassen sich die (v. a. europ.) R.-Rassen in Ein- und Zweinutzungsrassen einteilen. Die Einnutzungsrassen umfassen die Milch-, Fleisch- und Mastrassen. Bei den vorherrschenden Zweinutzungsrassen besteht eine unterschiedlich starke Betonung der Milch- bzw. Fleischleistung. Diese Tiere sind primär aus einseitigen Milchrassen gezüchtet worden. Zu den bedeutendsten Milchrassen zählen Holstein-Friesian, Brown-Swiss, Ayrshire, Jersey- und Guernseyrind. Die wichtigsten europ. Fleischrassen sind Charolaisrind, Limousin und Chianina. Die in den USA, Australien und Argentinien am stärksten vertretenen Mastrassen sind brit. Ursprungs (Aberdeen-Angus, Hereford, Shorthorn sowie die Neuzüchtungen Brangus, Charbrays und Santa-Gertrudis-Rind). Die in Dtl. (v. a. in der Nordhälfte) weitaus häufigste R.-Rasse ist die Dt. Schwarzbunte, die auch weltweit die häufigste R.-Rasse ist. Sie ist eine Zweinutzungsrasse mit überwiegender Milchproduktion. Das v. a. in Süd-Dtl. verbreitete Fleckvieh ist eine kräftige, braunweiß gefleckte Rasse. Sie wird in Dtl. als Milch- und Fleischrind, in Übersee meist als Fleischrind gehalten. Die überwiegend in Nord- und West-Dtl. verbreitete Dt. Rotbunte ist dunkelrot und weiß gescheckt mit weißen Abzeichen am Kopf. Sie ist eine Zweinutzungsrasse mit gleichwertiger Nutzung von Milch und Fleisch. Einheitlich braun oder graubraun gefärbt ist das Braunvieh; Zweinutzungsrasse mit Betonung der Milchproduktion. Das Gelbvieh, von dessen zahlr. Schlägen es in Dtl. fast nur noch das Frankenvieh gibt, ist eine Dreinutzungsrasse (Milch, Fleisch, Arbeitstier). Das v. a. in Schleswig-Holstein verbreitete Angler Rotvieh, ein einfarbig dunkelrotes bis sattbraunes Rind (Zweinutzungsrasse, v. a. Milch) wurde in viele Rassen eingekreuzt.Kulturgeschichte: Das Rind ist das wichtigste Haustier und das älteste Milch- und Arbeitstier für den Menschen. Die Rassen des Hausrinds stammen vom Auerochsen ab, der zus. mit dem Wisent seit dem letzten Interglazial in Europa verbreitet war; als wichtigstes Jagdtier erscheint es auf vielen Felsbildern. Die Ausgrabungen von Çatal Hüyük lassen erkennen, dass die ältesten Domestikationsversuche um 6500 v. Chr. anzusetzen sind; um die gleiche Zeit sind Stierkulte und Fruchtbarkeitsriten entstanden. - Durch die span. Konquistadoren kamen die R. in die Neue Welt; spätere R.-Einfuhren seit Anfang des 17. Jh. v. a. von England aus, 1788 auch nach Australien.
▣ Literatur:
Gottschalk, A.u. a.:Rinderzucht u. Rinderhaltung. München u. a. 1983.
⃟ Extensive Rinderhaltung, Beiträge v. M. Golze u. a. München 1997.
⃟ Ökologische Rinderhaltung, bearb. V. B. Hörning. Witzenhausen 1997.
▣ Literatur:
Gottschalk, A.u. a.:Rinderzucht u. Rinderhaltung. München u. a. 1983.
⃟ Extensive Rinderhaltung, Beiträge v. M. Golze u. a. München 1997.
⃟ Ökologische Rinderhaltung, bearb. V. B. Hörning. Witzenhausen 1997.