Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Reichstag
Reichstag,1) im Hl. Röm. Reich bis 1806 die neben dem König/Kaiser stehende ständ. Körperschaft; sie entwickelte sich seit dem 12. Jh. aus den Hof- und Reichstagen zu einer Rechtseinrichtung. Der R. wurde jeweils nach einer Bischofs- oder Reichsstadt berufen, seine Beschlüsse im Reichsabschied zusammengefasst. Seit 1663 war er ein ständiger Gesandtenkongress mit dem Sitz in Regensburg (Regensburger R., Immerwährender R.). Er gliederte sich seit 1489 in drei Kollegien: das Kurfürstenkollegium, den Reichsfürstenrat (die übrigen Fürsten und die reichsunmittelbaren Grafen und Prälaten) und das Reichsstädtekollegium. Zum Zustandekommen eines Reichsgesetzes waren übereinstimmende Beschlüsse aller drei getrennt beratenden Kollegien und die Zustimmung des Königs/Kaisers erforderlich.
2) im Dt. Reich (1871-1918) die Vertretung des Volkes (schon im Norddt. Bund so genannt). Er verkörperte neben dem Kaiser die Einheit des Reiches; gemeinsam mit dem Bundesrat übte er die Reichsgesetzgebung aus und besaß die Mitentscheidung über das jährl. Haushaltsgesetz; der Reichskanzler hatte sich dem R. zu verantworten. Der R. ging aus allg., gleichen und unmittelbaren Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor und zählte (seit 1874) 397 in Einerwahlkreisen gewählte Mitgl. Die Abg. waren Vertreter des gesamten Volkes und nicht an Weisungen gebunden; sie genossen parlamentar. Immunität und Indemnität. Die Wahlperiode betrug drei, seit 1888 fünf Jahre. Zur Auflösung des R. war ein Beschluss des Bundesrats unter Zustimmung des Kaisers erforderlich.
3) im Dt. Reich 1919-33 als Vertretung des souveränen Volkes oberster Träger der Reichsgewalt; wurde in allg., gleicher, geheimer, unmittelbarer Wahl nach dem Verhältniswahlsystem gewählt (ein Abg. auf 60 000 Stimmen). Er beschloss die Reichsgesetze und war u. a. zuständig für den Haushaltsplan; er konnte durch den Reichspräs. aufgelöst werden. Reichskanzler und Reichsminister mussten zurücktreten, wenn ihnen der R. durch Beschluss das Vertrauen entzog. Mit der Zustimmung zum Ermächtigungs-Ges. (März 1933) gab der R. den Weg zur Errichtung einer Diktatur frei. Er wurde zum von der NSDAP beherrschten Einparteienparlament, das A. Hitler als Akklamations- und Demonstrationsorgan diente (letzte Sitzung: 26. 4. 1942). - Zum Reg.-Gebäude Berlin
4) in Dänemark (Rigsdag bis 1953) und Japan (Kokkai) die Gesamtheit beider Kammern des Parlaments, in Schweden (Riksdag) und Finnland (Eduskunta) die aus einer Kammer bestehende Volksvertretung.
Reichstag,1) im Hl. Röm. Reich bis 1806 die neben dem König/Kaiser stehende ständ. Körperschaft; sie entwickelte sich seit dem 12. Jh. aus den Hof- und Reichstagen zu einer Rechtseinrichtung. Der R. wurde jeweils nach einer Bischofs- oder Reichsstadt berufen, seine Beschlüsse im Reichsabschied zusammengefasst. Seit 1663 war er ein ständiger Gesandtenkongress mit dem Sitz in Regensburg (Regensburger R., Immerwährender R.). Er gliederte sich seit 1489 in drei Kollegien: das Kurfürstenkollegium, den Reichsfürstenrat (die übrigen Fürsten und die reichsunmittelbaren Grafen und Prälaten) und das Reichsstädtekollegium. Zum Zustandekommen eines Reichsgesetzes waren übereinstimmende Beschlüsse aller drei getrennt beratenden Kollegien und die Zustimmung des Königs/Kaisers erforderlich.
2) im Dt. Reich (1871-1918) die Vertretung des Volkes (schon im Norddt. Bund so genannt). Er verkörperte neben dem Kaiser die Einheit des Reiches; gemeinsam mit dem Bundesrat übte er die Reichsgesetzgebung aus und besaß die Mitentscheidung über das jährl. Haushaltsgesetz; der Reichskanzler hatte sich dem R. zu verantworten. Der R. ging aus allg., gleichen und unmittelbaren Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor und zählte (seit 1874) 397 in Einerwahlkreisen gewählte Mitgl. Die Abg. waren Vertreter des gesamten Volkes und nicht an Weisungen gebunden; sie genossen parlamentar. Immunität und Indemnität. Die Wahlperiode betrug drei, seit 1888 fünf Jahre. Zur Auflösung des R. war ein Beschluss des Bundesrats unter Zustimmung des Kaisers erforderlich.
3) im Dt. Reich 1919-33 als Vertretung des souveränen Volkes oberster Träger der Reichsgewalt; wurde in allg., gleicher, geheimer, unmittelbarer Wahl nach dem Verhältniswahlsystem gewählt (ein Abg. auf 60 000 Stimmen). Er beschloss die Reichsgesetze und war u. a. zuständig für den Haushaltsplan; er konnte durch den Reichspräs. aufgelöst werden. Reichskanzler und Reichsminister mussten zurücktreten, wenn ihnen der R. durch Beschluss das Vertrauen entzog. Mit der Zustimmung zum Ermächtigungs-Ges. (März 1933) gab der R. den Weg zur Errichtung einer Diktatur frei. Er wurde zum von der NSDAP beherrschten Einparteienparlament, das A. Hitler als Akklamations- und Demonstrationsorgan diente (letzte Sitzung: 26. 4. 1942). - Zum Reg.-Gebäude Berlin
4) in Dänemark (Rigsdag bis 1953) und Japan (Kokkai) die Gesamtheit beider Kammern des Parlaments, in Schweden (Riksdag) und Finnland (Eduskunta) die aus einer Kammer bestehende Volksvertretung.