Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Reichsidee
Reichs|idee,die in einem Herrschaftsbereich bestehenden Vorstellungen, die diesen als universal, mit einer höheren Weihe versehen und in eine bestimmte Tradition eingebunden begreifen und mit denen hegemoniale Ansprüche verbunden werden. Die R. des Altertums erlangte ihre klass. Form im Röm. Reich seit Augustus (Imperium Romanum); sie erstrebte die Befriedung des Erdkreises (Pax Romana) und die Ausbreitung städt. Zivilisation. Daran knüpfte die abendländ. R. an; sie forderte eine überstaatl. Einheit aller christl. Völker (Imperium Christianum) und eine durch den Kaiser als Statthalter Gottes zu wahrende Friedensordnung. Dieser universalistisch-theolog. Zug ist dem Byzantin. Reich eigen geblieben, während im W die R. mit dem Untergang des Weström. Reiches (476) zunächst erlosch. Die Kaiserkrönung Karls d. Gr. (800) bezeichnete die Übertragung des Reiches (»translatio imperii«) auf die Franken, die Kaiserkrönung Ottos I., d. Gr. (962), die Übertragung auf die Deutschen (Heiliges Römisches Reich). Die R. umfasste im MA. den Gedanken einer Überlegenheit des Hl. Röm. Reiches gegenüber allen anderen Staaten des Abendlands, seiner übernationalen Zusammensetzung und seiner institutionellen Verbindung mit der röm. Kirche. Trotz des Verfalls der Reichsmacht in der Neuzeit lebte die R. in Gestalt eines Reichspatriotismus bis 1806 fort, auf den großdt. Gedanken reduziert auch danach. Der Nationalsozialismus benutzte die R. propagandistisch zur imperialist. Großraumpolitik (»Großdt. Reich«).
▣ Literatur:
Bosbach, F.: Monarchia Universalis. Göttingen 1988.
⃟ Funder, A.: R. u. Kirchenrecht. Freiburg im Breisgau 1993.
⃟ Moraw, P.: Über König u. Reich. Sigmaringen 1995.
Reichs|idee,die in einem Herrschaftsbereich bestehenden Vorstellungen, die diesen als universal, mit einer höheren Weihe versehen und in eine bestimmte Tradition eingebunden begreifen und mit denen hegemoniale Ansprüche verbunden werden. Die R. des Altertums erlangte ihre klass. Form im Röm. Reich seit Augustus (Imperium Romanum); sie erstrebte die Befriedung des Erdkreises (Pax Romana) und die Ausbreitung städt. Zivilisation. Daran knüpfte die abendländ. R. an; sie forderte eine überstaatl. Einheit aller christl. Völker (Imperium Christianum) und eine durch den Kaiser als Statthalter Gottes zu wahrende Friedensordnung. Dieser universalistisch-theolog. Zug ist dem Byzantin. Reich eigen geblieben, während im W die R. mit dem Untergang des Weström. Reiches (476) zunächst erlosch. Die Kaiserkrönung Karls d. Gr. (800) bezeichnete die Übertragung des Reiches (»translatio imperii«) auf die Franken, die Kaiserkrönung Ottos I., d. Gr. (962), die Übertragung auf die Deutschen (Heiliges Römisches Reich). Die R. umfasste im MA. den Gedanken einer Überlegenheit des Hl. Röm. Reiches gegenüber allen anderen Staaten des Abendlands, seiner übernationalen Zusammensetzung und seiner institutionellen Verbindung mit der röm. Kirche. Trotz des Verfalls der Reichsmacht in der Neuzeit lebte die R. in Gestalt eines Reichspatriotismus bis 1806 fort, auf den großdt. Gedanken reduziert auch danach. Der Nationalsozialismus benutzte die R. propagandistisch zur imperialist. Großraumpolitik (»Großdt. Reich«).
▣ Literatur:
Bosbach, F.: Monarchia Universalis. Göttingen 1988.
⃟ Funder, A.: R. u. Kirchenrecht. Freiburg im Breisgau 1993.
⃟ Moraw, P.: Über König u. Reich. Sigmaringen 1995.