Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Rechtsphilosophie
Rechtsphilosophie,Wissenschaftszweig, der sowohl der Philosophie als auch der Rechtswiss. (so institutionell in Dtl.) und der Politologie zugeordnet werden kann und sich mit Ursprung, Zweck, Struktur, Legitimation, gesellschaftl. Interdependenz und Geltung des Rechts befasst. Von der Rechtsgeschichte und der Rechtssoziologie unterscheidet sich die R. zum einen dadurch, dass sie sich in ihrem beschreibenden Teil nicht auf das histor. Auftreten des Rechts oder sein Verhältnis zur Gesellschaft beschränkt, sondern alle nur erdenkl. Erscheinungsformen und Bezüge berücksichtigt, zum anderen aber fundamentaler dadurch, dass - wie bei der Ethik bezüglich moral. Normen - im Hinblick auf Rechtsnormen Wertungen und Präskriptionen diskutiert werden, die diese stützen können. Die R. ist demnach wie die Ethik nicht nur eine deskriptiv-theoret. Wiss. der Praxis, sondern auch eine abstrakt-prakt. Wiss. Sie sucht so die Brücke zur konkret-prakt. Rechtspolitik und Rechtsdogmatik zu schlagen. Zentrales Problem der R. ist die Frage, wie Normen gerechtfertigt werden können (»Begründungsproblem«). Dabei wird ein Rekurs auf göttl. Gebote, Naturgesetze oder überempir. Werte und Prinzipien (Naturrecht), die menschl. Vernunft (Vernunftrecht), Nutzenerwägungen (Utilitarismus), menschl. Interessen (Subjektivismus), fiktive oder reale Vereinbarungen (Vertragstheorien) oder rationale Diskursbedingungen (Diskurstheorie) propagiert. Das »Geltungsproblem« schließt an das Begründungsproblem an und wirft die Frage auf, warum und wann der Einzelne bestimmten Verhaltensanforderungen des Rechts folgen soll. Dabei ist umstritten, ob bei positiven Gesetzen die Einhaltung formaler Rechtssetzungsbedingungen genügt (Rechtspositivismus) oder darüber hinaus auch inhaltl. Begründungsanforderungen gestellt werden müssen, so etwa die Bedingung, dass der Gesetzgeber wenigstens die Absicht hatte, gerechtes Recht zu schaffen.
Literatur:
Radbruch, G.: R. Stuttgart 81973.
Teubner, G.: Recht als autopoiet. System. Frankfurt am Main 1989.
Rechts- u. Sozialphilosophie in Dtl. heute, hg. v. R. Alexy u. a. Stuttgart 1991.
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