Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Rechtschreibreform
Rechtschreibreform,die Änderung des geltenden Schreibgebrauchs, des orthograph. Systems einer Sprache. Sie wird in vielen Ländern der Erde als eine staatl. Angelegenheit gehandhabt; durchgeführte R. sind für die Bereiche verbindlich, in denen der Staat Regelungsgewalt besitzt (Behörden, Schulen).
Nach der Durchsetzung einer einheitl. orthograph. Norm für das Deutsche zu Beginn des 20. Jh. (»Regeln für die dt. Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis«, 1902) wurden in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Reformvorschläge entwickelt. Als oberster Grundsatz gilt, dass die Einheitsschreibung im dt. Sprachraum nicht infrage gestellt werden darf und dass eine Reform nur von allen deutschsprachigen Ländern gemeinsam durchzuführen ist. 1986, 1990 und 1994 fanden in Wien Orthographiekonferenzen statt, die wiss. Vorarbeiten wurden von je einer österr., einer schweizer. und zwei dt. Arbeitsgruppen, die nach 1989 vereinigt wurden, gemeinsam geleistet.
Auf der Orthographiekonferenz vom 22. bis zum 24. 11. 1994 verständigten sich die Vertreter der deutschsprachigen Länder über eine Neuregelung, mit der beabsichtigt ist, das Schreiben in gewissen Bereichen zu erleichtern, ohne das vertraute Schriftbild über Gebühr zu verändern. Betroffen von der Neuregelung sind 1) die Zuordnung von Laut und Buchstaben, 2) die Groß- und Kleinschreibung, 3) die Getrennt- und Zusammenschreibung, 4) die Schreibung mit Bindestrich, 5) die Zeichensetzung, 6) die Worttrennung am Zeilenende. Die erarbeiteten Vorschläge wurden den zuständigen staatl. Stellen zur Annahme empfohlen, in Dtl. stimmte die Ständige Konferenz der Kultusmin. der Reform am 30. 11./1. 12. 1995 zu, am 14. 12. 1995 schlossen sich die MinPräs. der Länder diesem Votum an. Die neue amtl. Rechtschreibung wurde am 1. 8. 1998 eingeführt, bis 2005 gelten Schreibungen nach dem alten Regelwerk im Unterricht nicht als Fehler. Die neue Rechtschreibung wird an zahlreichen Schulen bereits unterrichtet, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein, wo nach einem Volksentscheid im Herbst 1998 die alten Regeln wieder gelten.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte am 14. 7. 1998 den Weg der Einführung der R. für rechtmäßig.
Literatur:
Gallmann, P.: Graph. Elemente der geschriebenen Sprache. Grundlagen für eine Reform der Orthographie. Tübingen 1985.
Drosdowski, G.: Rechtschreibung u. R. aus der Sicht des Dudens. Mannheim u. a. 1987.
Duden, die neue amtl. R. Mannheim u. a. 1997.
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