Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Rakete
Rakete[italien.] die, Flugkörper, der seinen Vortrieb durch den Rückstoß (Schub) eines Antriebsstrahls erhält. R. führen alle zur Erzeugung der Vortriebsenergie (des Schubes) erforderl. Mittel mit sich. Sie dienen zum Transport von Nutzmassen für wiss. Zwecke (Forschungs-R., Raumfahrt-Träger-R.) oder von Kampfmitteln (R.-Waffen). R. setzen sich im Wesentlichen zusammen aus dem R.-Körper als der eigentl. Tragekonstruktion, dem aus Brennstoffkammern und Strahlaustrittsdüsen bestehenden R.-Triebwerk, den meist in den R.-Körpern integrierten Treibstoffbehältern und dem Treibstofffördersystem; dazu kommt die Instrumentenausrüstung mit elektron. Geräten für die Überwachung, Regelung u. Ä. Die zu transportierende Nutzlast wird meist als selbstständiges System konstruiert.Nach dem techn. Aufbau unterscheidet man Einstufen- und Mehrstufen-R., nach der Funktionsweise des Triebwerkes chemotherm., elektr. oder nukleare Antriebe (Raketentriebwerk). Zur Schubsteigerung werden R.-Triebwerke (insbesondere für hohe Startbeschleunigung) parallel oder gebündelt angeordnet und gleichzeitig gezündet (Lateral- bzw. Bündel-R.). Zur Erhöhung der Endgeschwindigkeit werden anstelle von Einstufen-R., die aus nur einem R.-System bestehen, Mehrstufen-R. eingesetzt (insbesondere bei Träger-R. der Raumfahrt), bei denen jede Stufe eine selbstständige Einheit darstellt. Da jede Stufe nach Verbrauch ihrer Treibstoffe eine ihr eigene Endgeschwindigkeit erreicht, die für die nachfolgende Stufe bereits die Startgeschwindigkeit ist, addieren sich die Endgeschwindigkeiten. Die letzte Stufe bringt die Nutzlast (z. B. Satelliten) auf die erforderl. Höhe und Geschwindigkeit. Zur Verminderung des aerodynam. Widerstands erhalten von der Erde startende R. eine aerodynamisch günstige Form, was für ausschließlich im freien Weltraum einzusetzende R. jedoch bedeutungslos ist. Die Steuerung der R. innerhalb der Atmosphäre kann durch aerodynam. Ruder erfolgen. Im außeratmosphär. Raum muss sie durch Ablenken der ausströmenden Verbrennungsgase mithilfe eines Strahlruders, durch einseitige Beeinflussung der Gasströmung, durch Schwenken des R.-Triebwerks u. Ä. erfolgen. Für die Lageregelung werden meist sog. Lageregelungstriebwerke verwendet. Hierbei werden neben chemotherm. bereits elektr. Raumflugtriebwerke eingesetzt. R. bewegen sich nach Abschalten der Haupttriebwerke oder Verbrauch der Triebstoffe nach ballist. und/oder himmelsmechan. Gesetzen.Geschichte: R. sind seit dem 12. Jh. in China bekannt, seit dem 13. Jh. in Europa. Seit 1925 wurden Versuche mit R. als Antrieb für Wagen (1928) und Flugzeuge (1929) durchgeführt. Mit Beginn der Grundlagenforschung in den 1930er-Jahren setzte die systemat. Entwicklung der R. ein, die im Zweiten Weltkrieg stark vorangetrieben wurde und zu den R.-Waffen führte. Seit 1945 wurden bes. in den USA und der UdSSR Forschungs- und Träger-R. für die Raumfahrt und Interkontinental-R. mit Nuklearsprengköpfen entwickelt, in Europa setzte die R.-Entwicklung Anfang der 1960er-Jahre ein, die seit Gründung der ESA 1975 stark fortgeschritten ist (Ariane). Wichtige R.-Forscher im 20. Jh. sind u. a. K. E. Ziolkowski, R. H. Goddard, H. Oberth, W. von Braun.
Literatur:
Nebel, R.: Die Narren von Tegel. Düsseldorf 1972.
Braun, W. von u. Ordway, F.: Raketen. Aus dem Amerikan. München 1979.
Hornik, A.: Beiträge zur Optimierung von Trägerraketen. München 1995.
Neufeld, M. J.: Die R. u. das Reich. Wernher von Braun, Peenemünde u. der Beginn des Raketenzeitalters. Berlin 1997.
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