Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Prag
Prag(tschech. Praha), Hptst. der Tschech. Rep. und Verw.sitz des Mittelböhm. Gebiets, liegt auf fünf Hügeln beiderseits der Moldau, bildet verwaltungsmäßig eine eigene Region mit 496 km2, (1994) 1,215 Mio. Ew. P. ist Sitz eines Erzbischofs, Wiss.zentrum des Landes mit der Karls-Univ. (1348 gegr.), TH u. a. Hochschulen; Kunstakademie, Konservatorium, Forschungsinst., zahlr. Bibliotheken, wiss. Gesellschaften, darunter die Akademie der Wiss., mehrere Museen und Gemäldegalerien, 22 ständige Theater, zwei Opernhäuser; Goethe-Inst. (seit 1990); im Stadtteil Barrandov Filmateliers. P. ist wichtigstes Ind.- und Handelszentrum des Landes mit chem., Gummi-, Maschinen-, Fahrzeug-, Bekleidungs-, Papier-, elektrotechn./elektron. Ind. sowie Verkehrszentrum mit internat. Flughafen Ruzyně und Flusshafen (Beginn der Moldauschifffahrt); U-Bahn (seit 1974).
Stadtbild: In beherrschender Lage die Prager Burg, der Hradschin, dessen älteste Grundmauern ins 9./10. Jh. reichen (heute Sitz des Staatspräs.). Zum alten Palast gehören der spätgot. Wladislawsaal (vollendet 1502), der Ludwigsbau (1503-10) und der Alte Landtagssaal (1560-63, beide Renaissance). Zentrum der Burg ist der got. Sankt-Veits-Dom (begonnen 1344, Chor, Querschiff und S-Turm 1353-85 von P. Parler, Innenausstattung: u. a. Grabmäler der Přemysliden und 21 Bildnisbüsten von P. Parler im Triforium). Zur inneren Anlage des Hradschin gehört auch das Georgskloster mit der roman. Basilika (Mitte 12. Jh.). Außerhalb des Burgkomplexes zahlr. Paläste: u. a. Schwarzenberg-Palais (1545-63); Sternberg-Palais (1698-1730, heute Nationalgalerie), Černín-Palais (1669 ff.), das Lustschloss Belvedere (1536-58), das Loretokloster (1600 ff.) und das Kloster Strahov (12.-17. Jh., heute Museum des Nat. Schrifttums). Unterhalb der Burg erstreckt sich bis zur Moldau die Kleinseite mit der Nikolauskirche (1703 ff., von C. und K. I. Dientzenhofer). Die Karlsbrücke (1357 ff., got. Brückentürme, barocke Skulpturen) führt in die histor. Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe): im Zentrum (Altstädter Ring) das Altstädter Rathaus (1338 ff.) mit der astronom. Uhr (1410), die got. Teynkirche und die Nikolauskirche (1732-35, von K. I. Dientzenhofer); in der Altstadt befinden sich außerdem das Karolinum (Sitz der Univ., Kernbau 14. Jh.), die got. Bethlehemskapelle, Predigtkirche des J. Hus (1391 ff., 1786 abgerissen, wiederhergestellt 1948-52), das Klementinum (Jesuitenkolleg, 1556 ff.) und das Clam-Gallas-Palais (1713 ff. von J. B. Fischer von Erlach). Die Neustadt wurde ab 1348 zw. Altstadt und Vyšehrad um zwei lang gestreckte Plätze angelegt: Karlsplatz mit dem Neustädter Rathaus (14.-16. Jh.) und Wenzelsplatz (mit Nationalmuseum und Standbild des hl. Wenzel, 1912/13). Weitere bed. Bauten der Neustadt sind u. a. die got. Mariä-Schnee-Kirche und das Nationaltheater (1868-86). Vom ehem. Judenviertel sind u. a. die frühgot. Altneu-Synagoge (1273) und der jüd. Friedhof erhalten. Von den Bauten des 20. Jh. sind v. a. Bauwerke des Jugendstils (u. a. Grandhotel Europa, 1906) und des tschech. Kubismus bemerkenswert; neben Rekonstruktions- und Restaurierungsmaßnahmen an zahlr. Gebäuden tragen heute v. a. die neu entstandenen Hotels, Büro- und Geschäftsbauten zur Veränderung des Stadtbildes bei, u. a. Bürohaus Rašín (»Ginger and Fred«) von F. O. Gehry und Vladimir Milunić (1994-96).
Geschichte: P. entwickelte sich aus mehreren Siedlungen zw. den beiden Burgen Vyšehrad und Hradschin. 973 wurde das Bistum P. (seit 1344 Erzbistum) gegründet. Durch intensive, auch dt. Besiedlung entstand die sog. Kleinseite, die 1257 Stadtrechte erhielt; die Altstadt besaß Stadtrecht seit 1230. Blütezeit unter Kaiser Karl IV. (seit 1346 dessen Residenz): u. a. 1348 Bau der Neustadt und Gründung der Univ. Von P. gingen die Bewegung des J. Hus (1. Prager Fenstersturz, 30. 7. 1419; Hussiten) und der Böhm. Aufstand (2. Prager Fenstersturz, 23. 5. 1618; Dreißigjähriger Krieg) aus. 1784 Vereinigung der vier Prager Städte (Altstadt, Kleinseite, Neustadt, Hradschin); 1848 Zentrum der fehlgeschlagenen nationaltschech. Revolution. 1918-92 Hptst. der Tschechoslowakei. 1939 von dt. Truppen besetzt, danach (bis Mai 1945, Einmarsch sowjet. Truppen) Hptst. des Protektorates Böhmen und Mähren. Im Aug. 1968 gewaltsame Niederschlagung des Prager Frühlings. Seit 1969 Hptst. der Tschech. Rep. (innerhalb der Föderation); seit 1993 Hptst. der unabhängigen Tschech. Rep. - Der Friede von Prag zw. Kursachsen und Kaiser Ferdinand II. (30. 5. 1635), dem sich viele prot. Reichsstände anschlossen, sah eine begrenzte Festschreibung des konfessionellen Status quo vor; Kursachsen erhielt die Ober- und Niederlausitz. - Der Friede von Prag am 23. 8. 1866 beendete den Dt. Krieg.
▣ Literatur:
Janáček, J.: Das alte P. Aus dem Tschech. Leipzig 21983.
⃟ Wachmeier, G.: P. Stuttgart 51990.
⃟ Unvergängl. P. Die Goldene Stadt in Geschichte u. Gegenwart, bearb. v. H. Pleticha u. Wolfgang Müller. Freiburg im Breisgau 31991.
⃟ Gruša, J. u. a.: P. Einst Stadt der Tschechen, Deutschen u. Juden. A. d. Tschech. München 1993.
⃟ Vorel, L.: P. Ostfildern 71997.
Stadtbild: In beherrschender Lage die Prager Burg, der Hradschin, dessen älteste Grundmauern ins 9./10. Jh. reichen (heute Sitz des Staatspräs.). Zum alten Palast gehören der spätgot. Wladislawsaal (vollendet 1502), der Ludwigsbau (1503-10) und der Alte Landtagssaal (1560-63, beide Renaissance). Zentrum der Burg ist der got. Sankt-Veits-Dom (begonnen 1344, Chor, Querschiff und S-Turm 1353-85 von P. Parler, Innenausstattung: u. a. Grabmäler der Přemysliden und 21 Bildnisbüsten von P. Parler im Triforium). Zur inneren Anlage des Hradschin gehört auch das Georgskloster mit der roman. Basilika (Mitte 12. Jh.). Außerhalb des Burgkomplexes zahlr. Paläste: u. a. Schwarzenberg-Palais (1545-63); Sternberg-Palais (1698-1730, heute Nationalgalerie), Černín-Palais (1669 ff.), das Lustschloss Belvedere (1536-58), das Loretokloster (1600 ff.) und das Kloster Strahov (12.-17. Jh., heute Museum des Nat. Schrifttums). Unterhalb der Burg erstreckt sich bis zur Moldau die Kleinseite mit der Nikolauskirche (1703 ff., von C. und K. I. Dientzenhofer). Die Karlsbrücke (1357 ff., got. Brückentürme, barocke Skulpturen) führt in die histor. Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe): im Zentrum (Altstädter Ring) das Altstädter Rathaus (1338 ff.) mit der astronom. Uhr (1410), die got. Teynkirche und die Nikolauskirche (1732-35, von K. I. Dientzenhofer); in der Altstadt befinden sich außerdem das Karolinum (Sitz der Univ., Kernbau 14. Jh.), die got. Bethlehemskapelle, Predigtkirche des J. Hus (1391 ff., 1786 abgerissen, wiederhergestellt 1948-52), das Klementinum (Jesuitenkolleg, 1556 ff.) und das Clam-Gallas-Palais (1713 ff. von J. B. Fischer von Erlach). Die Neustadt wurde ab 1348 zw. Altstadt und Vyšehrad um zwei lang gestreckte Plätze angelegt: Karlsplatz mit dem Neustädter Rathaus (14.-16. Jh.) und Wenzelsplatz (mit Nationalmuseum und Standbild des hl. Wenzel, 1912/13). Weitere bed. Bauten der Neustadt sind u. a. die got. Mariä-Schnee-Kirche und das Nationaltheater (1868-86). Vom ehem. Judenviertel sind u. a. die frühgot. Altneu-Synagoge (1273) und der jüd. Friedhof erhalten. Von den Bauten des 20. Jh. sind v. a. Bauwerke des Jugendstils (u. a. Grandhotel Europa, 1906) und des tschech. Kubismus bemerkenswert; neben Rekonstruktions- und Restaurierungsmaßnahmen an zahlr. Gebäuden tragen heute v. a. die neu entstandenen Hotels, Büro- und Geschäftsbauten zur Veränderung des Stadtbildes bei, u. a. Bürohaus Rašín (»Ginger and Fred«) von F. O. Gehry und Vladimir Milunić (1994-96).
Geschichte: P. entwickelte sich aus mehreren Siedlungen zw. den beiden Burgen Vyšehrad und Hradschin. 973 wurde das Bistum P. (seit 1344 Erzbistum) gegründet. Durch intensive, auch dt. Besiedlung entstand die sog. Kleinseite, die 1257 Stadtrechte erhielt; die Altstadt besaß Stadtrecht seit 1230. Blütezeit unter Kaiser Karl IV. (seit 1346 dessen Residenz): u. a. 1348 Bau der Neustadt und Gründung der Univ. Von P. gingen die Bewegung des J. Hus (1. Prager Fenstersturz, 30. 7. 1419; Hussiten) und der Böhm. Aufstand (2. Prager Fenstersturz, 23. 5. 1618; Dreißigjähriger Krieg) aus. 1784 Vereinigung der vier Prager Städte (Altstadt, Kleinseite, Neustadt, Hradschin); 1848 Zentrum der fehlgeschlagenen nationaltschech. Revolution. 1918-92 Hptst. der Tschechoslowakei. 1939 von dt. Truppen besetzt, danach (bis Mai 1945, Einmarsch sowjet. Truppen) Hptst. des Protektorates Böhmen und Mähren. Im Aug. 1968 gewaltsame Niederschlagung des Prager Frühlings. Seit 1969 Hptst. der Tschech. Rep. (innerhalb der Föderation); seit 1993 Hptst. der unabhängigen Tschech. Rep. - Der Friede von Prag zw. Kursachsen und Kaiser Ferdinand II. (30. 5. 1635), dem sich viele prot. Reichsstände anschlossen, sah eine begrenzte Festschreibung des konfessionellen Status quo vor; Kursachsen erhielt die Ober- und Niederlausitz. - Der Friede von Prag am 23. 8. 1866 beendete den Dt. Krieg.
▣ Literatur:
Janáček, J.: Das alte P. Aus dem Tschech. Leipzig 21983.
⃟ Wachmeier, G.: P. Stuttgart 51990.
⃟ Unvergängl. P. Die Goldene Stadt in Geschichte u. Gegenwart, bearb. v. H. Pleticha u. Wolfgang Müller. Freiburg im Breisgau 31991.
⃟ Gruša, J. u. a.: P. Einst Stadt der Tschechen, Deutschen u. Juden. A. d. Tschech. München 1993.
⃟ Vorel, L.: P. Ostfildern 71997.