Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Physiokratismus
Physiokratịsmus[grch. »Naturherrschaft«] der, von F. Quesnay in der 2. Hälfte des 18. Jh. begründete erste nationalökonom. Schule. Weitere Vertreter waren in Frankreich A. R. J. Turgot, V. Mirabeau, in Dtl. J. A. Schlettwein. Die Physiokraten entwickelten auf der Grundlage des Naturrechts ein in sich geschlossenes System der Volkswirtschaftslehre, in dem sie von einer natürl. Harmonie der Wirtschaft ausgingen. Entsprechend sollte die bestehende, unvollkommene Ordnung (ordre positif) durch staatl. Gesetze der vollkommenen, natürl. Ordnung (ordre naturel) angenähert werden. Quesnay entwickelte das Modell eines natürl. Wirtschaftskreislaufs (Tableau économique, 1758), der sich durch eine Kette von Tauschakten zw. den drei sozialen Klassen eines Staates vollzieht. Dabei wird der Begriff der sozialen Klasse allein vom ökonom. Standpunkt aus definiert. Die einzige wirtsch. produktive Klasse (classe productive) bilden die in der Landwirtschaft Tätigen; die Klasse der Grundeigentümer (classe propriétaire) erwirtschaftet zwar keine Güter, setzt aber die an sie abgeführten Grundrenten in Umlauf und vermehrt so den Reinertrag; sie soll dem Staat für polit. Aufgaben zur Verfügung stehen; die unproduktive Klasse (classe sterile) schließlich umfasst alle außerhalb des Agrarbereichs Tätigen (Handwerker, Händler). Ziel der Physiokraten waren Wirtschafts- und Finanzreformen (Schaffung von Großbetrieben, Freigabe der Getreideausfuhr, Erhöhung der Geldeinnahmen der Landwirte). Der P. wurde rasch von der klass. Nationalökonomie verdrängt; seine Erkenntnisse beeinflussten jedoch nachfolgende Nationalökonomen wie A. Smith und K. Marx.
Literatur:
Gömmel, R.u. Klump, R.: Merkantilisten u. Physiokraten in Frankreich. Darmstadt 1994.
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