Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Partei
Partei[frz., zu lat. pars »Teil«] die,
1) Politik: i. w. S. organisierte Gruppe von Gleichgesinnten; i. e. S. (polit. P.) permanent organisierter Zusammenschluss von Bürgern mit gemeinsamen sozialen Interessen und polit. Vorstellungen über die Gestaltung der staatl., gesellschaftl. und wirtsch. Ordnung mit dem Ziel der Übernahme, der Behauptung bzw. der Kontrolle der Herrschaft im Staat. Politische P. gibt es bereits seit der Antike, das moderne P.-Wesen entwickelte sich jedoch erst mit der Durchsetzung des Parlamentarismus. Die ersten P. in den USA und in Europa waren (bei eingeschränktem Wahlrecht) bürgerl. Honoratioren- oder Repräsentations-(Patronage-)P., die den Charakter reiner Wähler-P. hatten. Seit dem letzten Drittel des 19. Jh. entstanden mit fortschreitender Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten Massen-P. mit bürokrat. P.-Organisationen auf kommunaler, regionaler und nat. Ebene. Diese entwickelten sich nach dem Ersten Weltkrieg zu demokrat. oder totalitären Integrations-P., die nicht nur einen großen Teil ihrer Anhängerschaft als Mitgl. mobilisierten (Mitglieder-P.), sondern auch deren private Lebensbereiche erheblich (im Falle totalitärer P. vollständig) zu bestimmen suchten (Weltanschauungs-P.). Seit dem Zweiten Weltkrieg besteht in den westl. Staaten eine starke Tendenz zur Herausbildung von Volks-P., die mit einem parteiinternen wirtsch. und sozialen Interessenausgleich und einer deutl. Entideologisierung einherging. In letzter Zeit gewinnen die sich auf regionale bzw. kommunale Bereiche beschränkenden Rathaus-P. (z. B. Freie Wählervereinigungen) zunehmend an Bedeutung. - Bereits im Vormärz bildeten sich die wichtigsten parteipolit. Richtungen von Konservatismus, Liberalismus und Sozialismus aus, die sich in und nach den europ. Revolutionen von 1848/49 endgültig als P. der Rechten, der Mitte bzw. des Zentrums und der Linken formierten. Die Entwicklung der Arbeiterbewegung führte zur Bildung proletar. Arbeiter-P. (Klassen-P.). Aus religiös-konfessionellem Gegensatz und aus dem Widerspruch zw. modern-liberalem Staat und Kirche entstanden Religions- und konfessionelle P. In multinat. Staaten formierten sich P. nach ethn., sprachl. oder regionalen Kriterien.Organisation: Mit Ausnahme der P. in den USA, die eine förml. Mitgliedschaft nicht kennen (offene P.), sind P. heute geschlossene Verbände mit förml. Beitritt, regelmäßigen Aktivitäten, Mitgliedsbeiträgen, oft auch P.-Steuer für Mandatsträger (geschlossene P.). Sie verpflichten ihre Mitgl. oft auf ein P.-Programm. Kleinste (Basis-)Organisationsformen können Komitees, Ortsvereine, Zellen (bei kommunist. P.) und Milizen (bei faschist. P.) sein. Die Basisorganisationen sind überregional zusammengefasst, deren wichtigstes Organ der P.-Tag ist und deren Geschäfte von einem P.-Vorstand geführt werden. Die Struktur der P.-Organisation ist jeweils in einer Satzung vorgeschrieben. Je nach der Anzahl der in einem Staat aktiven und einflussreichen P. unterscheidet man zw. Einparteien-, Zweiparteien- und Mehrparteiensystem. Die staatsrechtl. Stellung der P. ist in Dtl. durch das GG geregelt; Art. 21 GG bestimmt in Verbindung mit dem P.-Gesetz i. d. F. v. 3. 3. 1989, dass die P. bei der »polit. Willensbildung des Volkes« mitwirken, ihre Gründung frei ist, ihre innere Ordnung demokrat. Grundsätzen entsprechen muss, eine evtl. Verfassungswidrigkeit nur das Bundesverfassungsgericht feststellen kann und über ihre Finanzierung gemäß dem P.-Gesetz öffentlich Rechenschaft abgelegt werden muss.
Literatur:
Nohlen, D.: Wahlrecht u. P.-System. Opladen 21990.
Fenske, H.: Deutsche P.-Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Paderborn u. a. 1994.
Alemann, U. von: Parteien. Reinbek 1995.
2) Recht: im materiellen Recht die jeweiligen Partner eines Vertrages (Vertrags-P.); im Verfahrensrecht die Person, die vor Gericht für sich Rechtsschutz verlangt (z. B. Kläger) oder gegen die der Rechtsschutz begehrt wird (z. B. Beklagter).
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