Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Paris
I Paris,die Pflanzengattung Einbeere.
II Paris
[frz. pa'ri], Hauptstadt und größte Stadt Frankreichs, innerhalb des Dép. Ville de P. (gegliedert in 20 Arrondissements), 105 km2, (1995) 2,105 Mio. Einwohner. Das innere Stadtgebiet wird im Wesentlichen umschlossen vom Ring der äußeren Boulevards, an die sich die Vorstädte (Faubourgs) anschließen. P. liegt beiderseits der Seine, im Pariser Becken, das von z. T. steil abfallenden Plateaus (150-200 m ü. M.) umgeben ist, deren große Wälder (Saint-Germain, Marly, Rambouillet, Fontainebleau u. a.) als Erholungsgebiete dienen.
P. hat sich zu einem Zentrum des Landes entwickelt, in dem stärker als in irgendeiner anderen europ. Hptst. Bevölkerungsballung, polit. und Verwaltungsfunktionen, geistige, kulturelle und wirtsch. Aktivitäten konzentriert sind. Neben den obersten Staatsbehörden haben viele internat. Organisationen hier ihren Sitz (UNESCO, OECD u. a.); P. ist ferner Sitz eines kath. Erzbischofs, eines Erzbischofs der russisch-orth. Kirchen in Europa, der Vereinigung der Prot. Kirchen Frankreichs, des Zentralrates der Juden für Frankreich und Algerien. - Ranghöchste wiss. Einrichtung Frankreichs ist das Institut de France (mit der Académie française), die bedeutendste Bibliothek die Bibliothèque Nationale (Pflichtexemplare seit 1537). P. ist Sitz der ältesten frz. Univ., der Sorbonne, und zahlr. anderer Hochschulen, Forschungsinstitute und des Collège de France. Von den Kunstmuseen sind als wichtigste zu nennen: Louvre, Musée d'Orsay, Musée National d'Art moderne (im Centre National d'Art et de Culture Georges Pompidou), Musée Cluny, ferner bed. Spezialsammlungen (u. a. zu P. Picasso, A. Rodin, E. Delacroix, H. de Balzac, V. Hugo). Histor. Museen sind u. a. das Musée Carnavalet (zur Stadtgeschichte), das Musée de la Monnaie, das Musée de l'Armée (Hôtel des Invalides). P. hat mehr als 60 Theater, am berühmtesten die Comédie-Française und die Opéra Garnier; 1990 wurde die Bastille-Oper eingeweiht.Wirtschaft und Verkehr: P. ist die Wirtschaftsmetropole des Landes. Von größter Bedeutung ist der Dienstleistungsbereich; auf den Raum P. entfällt ein Viertel der im tertiären Sektor Frankreichs Beschäftigten. Im europ. Bank- und Börsenwesen hat P. eine führende Stellung. Auch in der Ind. ist der Raum P. führend: Bes. stark vertreten sind Metall-, Auto-, Luftfahrt- und elektrotechn. Ind., Baubetriebe und chem. Ind. Eine Sonderstellung nehmen die »Articles de Paris« ein (Parfümerie, Bijouterie, Bekleidung u. a.), die Weltgeltung erlangt haben. P. ist führendes europ. Modezentrum und Mittelpunkt der frz. Filmindustrie. Der Energieversorgung dienen neben eigenen Großkraftwerken, die an das frz. Verbundnetz angeschlossen sind, u. a. zahlr. Erdöl-, Erdgas-, Industriegas- und Fertigproduktleitungen aus Groningen, Lacq, Lothringen und Le Havre. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist für P. auch der Fremdenverkehr. P. ist Hauptknotenpunkt des frz. Eisenbahnnetzes (sechs internat. Bahnhöfe) und größter Binnenhafen des Landes. Die Untergrundbahn (Métro) verfügt über ein Streckennetz von über 200 km, das durch ein neues Schnellbahnsystem erweitert wird. Internat. Flughäfen sind Charles de Gaulle bei Roissy-en-France, Orly und Le Bourget.
Stadtbild: Das Stadtbild ist im Lauf der Zeit mehrfach einschneidend verändert worden, zuletzt unter Napoleon III. durch Baron Haussmann. Das histor. Zentrum liegt auf der Île de la Cité, dem Ausgangspunkt der Besiedlung: Kathedrale Notre-Dame de Paris (begonnen 1163), Justizpalast (alter Königspalast, vielfach umgebaut), mit der Sainte-Chapelle (geweiht 1248) und der Conciergerie (14. Jh.). Die Seineufer sind durch mehr als 30 Brücken miteinander verbunden (die älteste: Pont Neuf, 1578 begonnen), die Quais mit ihren histor. Bauten zw. Pont de Sully und Pont d'Iéna wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Nordöstlich der Île de la Cité (Rive droite, »Rechtes Ufer«) entstand aus einer mittelalterl. Festung seit dem 16. Jh. der Louvre, Ausgangspunkt der Hauptachse der Stadt, die heute über Tuileriengarten, Place de la Concorde (1755-75; seit 1836 mit dem Obelisken von Luxor, 13. Jh. v. Chr., in der Mitte), Champs-Elysées, Place Charles de Gaulle (früher Place de l'Étoile) mit dem Arc de Triomphe (Triumphbogen, 1806-36) bis zur neuen Bürostadt La Défense (mit Hochhaus La Grande Arche, 1989) reicht. Vom Arc de Triomphe gehen sternförmig die Avenuen aus, die von den Großen Boulevards gekreuzt werden. Zu den berühmten Vierteln (Quartiers) des »Rechten Ufers« gehören die Vorstadt Saint-Honoré mit der Madeleine-Kirche (1764-1842), das Quartier du Palais-Royal (1633-36, mehrfach umgebaut), das Quartier de l'Opéra (erbaut von C. Garnier, eingeweiht 1875) mit der Place Vendôme (1699 ff.), der Marais mit den Stadtpalästen des Adels und der Place des Vosges (ältester Platz von P., 1605-12), das Viertel der ehem. Markthallen (auf einem Teil des ehem. Markthallengebiets entstand 1972-87 ein bis zu 20 m in die Erde reichendes Einkaufs- und Kulturzentrum, das Forum des Halles), u. a. mit dem Centre National d'Art et de Culture Georges Pompidou (vollendet 1977) und das Künstlerviertel Montmartre, in dem die Basilika Sacré-Cœur liegt (19. Jh.). Die ältesten Viertel südlich der Seine (Rive gauche, »Linkes Ufer«) sind die Vorstadt Saint-Germain-des-Prés um die gleichnamige Kirche (990-1021) und das Quartier Latin mit den Universitätsbauten (Sorbonne) und dem Panthéon (1764-90). Die Paläste der Vorstadt Saint-Germain beherbergen heute die Nationalversammlung (Palais Bourbon, 1722-1807), Ministerien, Botschaften und Museen. Weiterhin befinden sich auf dem »Linken Ufer« der Eiffelturm (Eiffel), der Invalidendom (1677-1706; Grabstätte Napoleons I.), das Palais du Luxembourg mit dem Garten (1615-25) und das Künstlerviertel Montparnasse, das vom Turm Montparnasse (209 m, vollendet 1973) überragt wird. Ein neues Stadtviertel entstand im NO mit dem Ausstellungsgelände La Villette. Innerhalb der Stadt und am Rand befinden sich große Parkanlagen (Bois de Boulogne, Monceau) und berühmte Friedhöfe (Père-Lachaise, Montparnasse, Montmartre).
Die Umgebung von P. ist reich an Naturschönheiten, geschichtl. Erinnerungen, Baudenkmälern sowie an Kunstschätzen: Versailles, Saint-Denis, Sèvres, Maisons-Laffitte, Saint-Germain-en-Laye, Meudon.
Geschichte: Das gall. Oppidum Lutetia Parisiorum auf der Île de la Cité, seit 52 v. Chr. römisch, wurde 486 vom Frankenkönig Chlodwig erobert und 508 Hptst. des Fränk. Reiches. Unter den Karolingern wieder zum Grafensitz abgesunken, wurde die Stadt mit den Kapetingern Ende des 10. Jh. Mittelpunkt des frz. Reiches, im 12.-14. Jh. wuchs sie rasch. 1420-36 befand sich P. in engl. Hand. 1572 war P. Schauplatz der Bartholomäusnacht. Im 17./18. Jh. war P. der geistige Mittelpunkt Europas, mit dem Sturm auf die Bastille 1789 Ausgangspunkt der Frz. Revolution. Der Zentralismus der Ersten Rep. und des Kaiserreichs festigte die Stellung der Stadt. 1841-45 wurde P. stark befestigt, während des Zweiten Kaiserreichs schuf Baron Haussmann die großen Achsen, die das Stadtbild bestimmen. Im Jan. 1871 wurde P. von den dt. Truppen eingeschlossen; kurz darauf brach der Aufstand der Pariser Kommune aus. Die Befestigungen wurden nach 1918 eingeebnet.
Literatur:
Lavedan, P.: Histoire de P. Paris 31977.
Kimpel, D.: P. Führer durch die Stadtbaugeschichte. München 1982.
Bussmann, K.: P. u. die Ile de France. Köln 81987.
Martin, H.: Moderne Architektur P.: 1900-90. A. d. Frz. Hamburg u. a. 1988.
Lavedan, P.: Histoire de l'urbanisme à P. Paris 21993.
P. Aus dem Frz. Karlsruhe 31997.
III Paris,
grch. Mythos: Sohn des trojan. Königs Priamos und der Hekabe (Hekuba), entschied einen durch Eris entfesselten Streit der Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite um den Preis der Schönheit zugunsten der Aphrodite (P.-Urteil), die ihm die schönste Frau, Helena, versprach. Er entführte Helena und gab dadurch den Anlass zum Trojanischen Krieg. Die nachhomer. Dichtung erzählt, dass P. den Achilles durch einen Pfeilschuss tötete und selbst durch Philoktet fiel.
IV Paris
[pa'ris], Gaston, frz. Romanist, * Avenay-Val-d'Or (bei Reims) 9. 8. 1839, ✝ Cannes 5. 3. 1903; seit 1872 Prof. am Collège de France in Paris; begründete die roman. Philologie als wiss. Disziplin.
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