Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Österreich
I Österreich⃟ Fläche: 83 858 km2
Einwohner: (1998) 8,087 Mio.
Hauptstadt: Wien
Verwaltungsgliederung: 9 Bundesländer
Amtssprache: Deutsch
Nationalfeiertag: 26. 10.
Währung: 1 Schilling (S) = 100 Groschen (Gr, g)
Zeitzone: MEZ
(amtlich Republik Ö.), Staat in Mitteleuropa, grenzt im NW an Deutschland, im NO an die Tschech. Rep. und die Slowak. Rep., im O an Ungarn, im S an Slowenien und Italien, im SW an die Schweiz und Liechtenstein.
Staat und Recht: Ö. ist eine parlamentarisch-demokrat. Bundesrep. Die Verf.ordnung basiert auf dem Bundes-Verf.-Ges. von 1920 i. d. F. von 1929, das am 1. 5. 1945 wieder in Kraft gesetzt wurde. Staatsoberhaupt ist der auf sechs Jahre direkt gewählte Bundespräs. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und benennt den Bundeskanzler sowie auf dessen Vorschlag die übrigen Mitgl. des Kabinetts, das vom Vertrauen des Nationalrats abhängig ist. Die Legislative besteht aus dem Nationalrat (183 Abg., auf vier Jahre direkt gewählt) und dem die Länderinteressen wahrenden Bundesrat (63 Mitgl., von den Länderparlamenten nach dem Verhältniswahlrecht gewählt). Die von Nationalrat und Bundesrat gemeinsam gebildete Bundesversammlung tritt nur zur Vereidigung des Bundespräs. sowie zum Beschluss über eine Kriegserklärung zusammen. Jedes Bundesland wird durch eine Landesreg. unter Vorsitz des vom Landtag gewählten Landeshauptmanns verwaltet. Wichtigste Parteien: Sozialdemokrat. (bis 1991 Sozialist.) Partei (SPÖ), Österr. Volkspartei (ÖVP), Freiheitl. Partei (FPÖ), Grüne Alternative.
Landesnatur: Der Alpen- und Donaustaat erstreckt sich von W nach O zw. Bodensee und Neusiedler See über rd. 570 km. Rd. 2/3 des Landes liegen in den Ostalpen. Getrennt durch Längstalzüge gliedern sich die österr. Alpen in drei Großräume: die Nördl. Kalkalpen mit zahlr. Alpenrandseen, weiter die z. T. vergletscherten Zentralalpen, in denen die höchste Erhebung des Landes, der Großglockner (3 798 m ü. M.), liegt, schließlich die Südalpen, zu denen u. a. die Karn. Alpen und Karawanken gehören. Nördlich der Alpen breitet sich bis zur Donau das Alpenvorland aus mit dem Innviertel und dem Hausruck. Nach NO erfolgt über das Tullner Becken der Übergang zum Karpatenvorland mit dem westl. Teil des Weinviertels. Im Mühl- und Waldviertel hat Ö. Anteil am Böhm. Massiv (im Plöckenstein 1 378 m ü. M.). Im O liegt das Wiener Becken; in der Grazer Bucht hat Ö. noch Anteil am Pannon. Becken. Das Gebiet um den Neusiedler See zählt zum Kleinen Ungar. Tiefland. 96 % des Landes entwässern zur Donau. - Ö. liegt im Übergangsbereich vom ozean. zum kontinentalen Klima, größtenteils mit vorherrschenden W-Winden und Niederschlägen bis 1 500 mm pro Jahr. Im Alpenbereich herrscht alpines Klima mit Niederschlägen bis 3 000 mm. Im Wiener Becken fallen dagegen nur 500-600 mm. Rd. 38 % der Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Die Waldgrenze liegt bei 1 500-2 200 m ü. M.
Bevölkerung: Rd. 98 % der Österreicher sind deutschsprachig, daneben gibt es Minderheiten von Kroaten, Slowenen, Ungarn, Tschechen; Slowenisch und Kroatisch sind z. T. als zusätzl. Amtssprachen zugelassen. Die Gebirgsregionen sind dünn besiedelt; fast 60 % der Alpenfläche sind so gut wie unbesiedelt, unterhalb 500 m ü. M. wohnen 70 % der Ew.; die größte Bev.dichte haben Vorarlberg, Ober-Ö. und der Ballungsraum Wien (20 % aller Ew.). Rd. 55 % der Bev. leben in Städten. - Allg. Schulpflicht besteht vom 6. bis 15. Lebensjahr; weiterführende und höhere Ausbildung an Gymnasien, berufsbildenden Schulen, Fachschulen, Akademien, sechs Kunsthochschulen (darunter drei Musikhochschulen) und 12 Univ. - Rd. 84 % der Bev. gehören der kath. Kirche an (Kirchenprovinzen Wien und Salzburg). 5,6 % der Bev. gehören zur Evang. Kirche des Augsburg. (Lutheraner) und des Helvet. Bekenntnisses (Reformierte); rd. 1,3 % der Bev. bekennen sich zum Islam.
Wirtschaft, Verkehr: Ö. ist Mitgl. der Euro-Zone; es ist ein leistungsfähiger Ind.staat, dessen regionale Wirtschaftsstruktur durch die unterschiedl. geogr. Gegebenheiten bestimmt wird. Rund 44 % der Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Vorherrschend im Alpenraum sind Viehzucht und Milchwirtschaft. Ackerbau wird bes. im Gebiet nördlich der Donau, im Burgenland und in der Südsteiermark betrieben; angebaut werden v. a. Mais, Gerste, Weizen, Kartoffeln, Zuckerrüben, Futterpflanzen, Obst und Wein. Große Bedeutung hat die Forstwirtschaft. Die Ind.gebiete konzentrieren sich v. a. um die großen Städte, bes. im südl. Wiener Becken, oberösterr. Alpenvorland, steier. Mur- und Mürztal, Grazer Becken und Unterinntal. Da der Abbau von einheim. Bodenschätzen unrentabel geworden ist, müssen zwei Drittel des Bedarfs an mineral. Rohstoffen eingeführt werden. Abgebaut werden Eisenerz, Braunkohle, Erdöl und Erdgas, Magnesit, Quarzsand, Gips, Blei- und Zinkerze, Graphit und Kaolin; der Salzbergbau hat an Umfang gewonnen. Die wichtigsten Ind.zweige sind Nahrungs- und Genussmittelind., Maschinen- und Fahrzeugbau, Metall-, Erdölverarbeitung, chem., elektrotechn., Textil-, Bekleidungs-, Leder-, Papier- und Holzindustrie. Die Elektrizitätsgewinnung beruht zu 69 % auf Wasserkraft, der Rest auf Wärmekraft; die Kraftwerksleistung beträgt rd. 14 200 MW. Der Fremdenverkehr hat große wirtsch. Bedeutung: etwa 18 Mio. Auslandsgäste jährlich, davon über die Hälfte aus Deutschland. Die meistbesuchten Bundesländer sind Tirol, Salzburg, Kärnten, Vorarlberg, Wien. - Die Außenhandelsbilanz zeigt seit Jahren eine negative Tendenz. Die wichtigsten Exportgüter sind Maschinen, Halbfertigerzeugnisse, Textilien, Rohstoffe, Nahrungs- und Genussmittel. Importiert werden u. a. Maschinenbau- und Ind.erzeugnisse, Rohstoffe, Pkw u. a. Transportmittel. Haupthandelspartner sind Dtl. u. a. EU-Länder, Schweiz, Japan, USA. - Ö. ist ein wichtiges Transitland, v. a. für den N-S-Verkehr über die Alpen, woraus sich zunehmend große verkehrstechn. Probleme ergeben. Man ist bemüht, weitere Teile des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Das Eisenbahnnetz umfasst 6 411 km, wovon die Österreichischen Bundesbahnen 5 849 km betreiben. Es gibt über 500 Seilbahnen, 130 Sessel- und 2 750 Schlepplifte. Das Straßennetz hat eine Länge von 107 838 km, davon 1 596 km Autobahnen und 10 243 km Bundesstraßen. Wichtigste Binnenwasserstraße ist die Donau, größte Güterumschlagplätze sind Linz und Wien. Internat. Flughäfen in Wien-Schwechat, Salzburg, Graz, Klagenfurt, Linz und Innsbruck.
Geschichte: Vorgeschichte: Mitteleuropa.Die baierische und babenbergische Herrschaft: Die Geschichte Ö.s beginnt mit der Festigung einer dauernden Herrschaft der Baiern im Donau- und Alpengebiet zu Beginn des 6. Jh.; zum baier. Stammesbereich gehörten damals schon das westl. Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Tirol. Im 8. Jh. kam Kärnten hinzu. 787/788 gliederte Karl d. Gr. das Stammesherzogtum in das Fränk. Reich ein. Nach der Niederwerfung der Awaren (791/796) konnte das baier. Herrschaftsgebiet auch nach O und SO erweitert werden. Eine Reihe von Marken (u. a. die Awar. Mark) schützten das Land. Otto d. Gr. erneuerte das System der Marken und schuf die Ostmark (996 »Ostarrichi« gen.) gegen die Ungarn, die sich allmählich donauabwärts vorschob. Aus den Marken entstanden später die Länder Österreich, Steiermark und Krain. Otto II. trennte Kärnten als selbstständiges Herzogtum von Bayern ab. Als geistl. Territorien entwickelten sich Salzburg, Trient, Brixen und Aquileja. Das führende Geschlecht im dt. SO wurden die Babenberger (seit 976 Markgrafen, seit 1156 Herzöge von Österreich), die 1192 auch die Steiermark erwarben (seit 1180 Herzogtum). Als die Babenberger 1246 erloschen, bemächtigte sich der böhm. König Ottokar II. Přemysl 1251-54 der Herrschaft in Österreich, gewann 1260 die Steiermark, erbte 1269 Kärnten und Krain. Erst Rudolf I. von Habsburg machte der böhm. Macht in den Donau- und Alpenländern ein Ende. 1282 verlieh er die Herzogtümer Österreich und Steiermark seinen Söhnen Albrecht I. und Rudolf II., während Kärnten mit Krain den Grafen von Görz und Tirol überlassen wurden. Als Träger der Röm. Königskrone betrachteten die Habsburger die österr. Länder als ihren Hausmachtbereich. Albrecht II. erwarb 1335 Kärnten und Krain, Rudolf IV. 1363 Tirol. Durch Teilungen (1379 und 1406/11) entstanden drei habsburgisch-österr. Ländergruppen: die niederösterr. Länder (Nieder- und Ober-Ö.), die innerösterr. Länder (Krain, Steiermark, Kärnten, Inner-Istrien, Triest) und die vorderösterr. Länder (Tirol, Vorarlberg, die schwäb. und elsäss. »Vorlande«, der [nach der Niederlage von Sempach] Restbesitz im N der Schweiz). Durch Erbvertrag mit den Luxemburgern wurde Albrecht V. nach dem Tod seines Schwiegervaters, Kaiser Sigismund, 1437/38 König von Böhmen und Ungarn, 1438/39 Röm. König (als Albrecht II.). Nach Erlöschen der albertin. Linie folgten in Böhmen und Ungarn einheim. Könige. Maximilian I. einigte (1491) alle österr. Erblande (seit 1453 Erzherzogtum) wieder; gegen Frankreich behauptete er die burgund. Länder (seit 1477); 1500 erbte er Görz. Die Heirat seines Sohnes, Philipps des Schönen, mit Johanna der Wahnsinnigen (1496) sicherte den Habsburgern Spanien mit seinen italien. Besitzungen und den amerikan. Kolonien.Der Aufstieg zur Großmacht: Karl V., der Enkel Maximilians, überließ 1521 seinem jüngeren Bruder Ferdinand (I.) die österr. Erblande einschließlich Tirols. Damit wurde Ferdinand (seit 1531 Röm. König, seit 1556/58 Kaiser) der Stammvater der österr. Linie der Habsburger; nach dem Tod des letzten Jagiellonen, Ludwigs II., in der Schlacht von Mohács 1526 wählten ihn auch die Böhmen und Ungarn (Kroaten) zum König (1526/27). Aus den Türkeneinfällen (erste Belagerung Wiens 1529; Errichtung der österr. Militärgrenze) ergab sich die Notwendigkeit einer länderübergreifenden funktionsfähigen Staatsorganisation. Die von Ferdinand geschaffenen kollegialen Zentralbehörden blieben nach Abspaltung kaiserl. Reichsbehörden bis 1848 erhalten. Unter den Söhnen Ferdinands I. wurden die habsburg. Lande 1564 nochmals und nach dem Tod Maximilians II. 1619 ein letztes Mal geteilt.
Die adligen Stände wurden zu Vorkämpfern der Reformation, die zunächst - wegen des Vordringens der Osmanen - geduldet wurde (Ausbreitung bis 1572/78). Mit den gegenreformator. Maßnahmen Ferdinands (II.) ab 1590/95 begann die Abkehr von der Politik der Zugeständnisse; der 1. kaiserl. Türkenkrieg (1593-1606) war begleitet von der Erhebung prot. ungar. Magnaten unter I. Bocskay (1604/06). Kaiser Rudolf II. (seit 1576) begünstigte die Rekatholisierung, doch musste er 1609 (»Majestätsbrief«) den böhm. Ständen Religionsfreiheit gewähren. Als 1618 die Gegenreformation voll einsetzte, formierte sich die vom prot. Adel geführte böhm. Konföderation mit dem Ziel, die böhm. und niederösterr. Länder zu einem antihabsburg. ständ. Bund zusammenzuschließen. Der böhm. Aufstand 1618-20 führte zum Dreißigjährigen Krieg. Ferdinand II. (seit 1619 Kaiser) behauptete die Macht des Hauses Ö. unter schweren Eingriffen in die Landrechte (1627/28; u. a. Beseitigung des böhm. Wahlkönigtums, Vertreibung des alten Adels).
Nach dem Westfälischen Frieden 1648 verlagerten die Habsburger in der Zeit Ferdinands III. (seit 1637 Kaiser), obgleich sie im Besitz der Krone des Hl. Röm. Reiches blieben, ihre Politik fast völlig auf Ö. und dynast. Interessen. Sozialökonom. Strukturveränderungen, so das Entstehen von Großgrundherrschaften v. a. in den böhm. Ländern, verschlechterten die grundherrlich-bäuerl. Verhältnisse (Steigerung der Fronen). Angesichts gewaltiger Kriegskosten fehlten die Investitionsmittel. Leopold I. (Kaiser seit 1658) stellte sich seit 1663 den Osmanen entgegen. Im »Großen Türkenkrieg«, der 1683 mit der Abwehr der Türken vor Wien in der Schlacht am Kahlenberg begann, wurde bis 1699 (Frieden von Karlowitz) ganz Ungarn (einschl. Kroatien) zurückerobert. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-13/14) sicherte Ö. die Herrschaft über die span. Nebenländer, darunter die reichen span. Niederlande. Der Türkenkrieg 1714-18 brachte N-Serbien, N-Bosnien, die Kleine Walachei und das Banat unter österr. Herrschaft, durch Tausch gegen Sardinien auch Sizilien. Damit erreichte Ö. seine größte territoriale Ausdehnung. Die Politik Karls VI. zielte auf eine Sicherung dieses Bestandes, die Pragmatische Sanktion sollte auch die weibl. Thronfolge garantieren.Das Zeitalter des Absolutismus (1740-1804): Maria Theresia, die Tochter von Karl VI., musste dennoch ihre Ansprüche im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-48) verteidigen. Sie verlor zwar Schlesien (Schlesische Kriege), doch bestätigte der Aachener Frieden (1748) die Reichskrone und die Großmachtstellung Österreichs. Mit dem Siebenjährigen Krieg (1756-63) begann der Ggs. zur neuen Großmacht Preußen. Mit einer grundlegenden Staatsreform vollzog Maria Theresia einschneidende Eingriffe in die histor. Landesverf., deren Sonderrechte die Monarchie schwächten: Die Länder verloren ihr Recht auf eigene Verw. und die Stände ihr Mitspracherecht in der Wiener Zentrale, Verw. und Justiz wurden getrennt und durch Vereinigung der Hofkammern der österr. und böhm. Erblande eine neue Zentralbehörde für die polit., Finanz- und Militärverw. geschaffen. Diese Institutionalisierung der monarchisch-staatl. Verwaltung setzte sich auf der Länderebene fort. Der Adel wurde zum Dienst für die Monarchie verpflichtet. Da die Staatsreform nur für die böhmisch-österr. Erblande galt, wurde der spätere österr.-ungar. Dualismus bereits fixiert. Maria Theresias Sohn, Joseph II., der, seit 1765 Mitregent, 1780 die Alleinherrschaft antrat, versuchte, im Sinne des aufgeklärten Absolutismus (Josephinismus) aus den habsburg. Ländern einen Einheitsstaat mit dt. Amtssprache zu schaffen. Sein Plan, die österr. Niederlande gegen Bayern zu tauschen, scheiterte. Er hob 1781 die Leibeigenschaft auf und löste viele Klöster auf. Andere Reformen scheiterten an der heftigen Abwehr in Ungarn und den österr. Niederlanden. Sein Bruder und Nachfolger, als Kaiser Leopold II. (1790-92), versuchte einen Kompromiss, doch bahnte sich schon 1794/95 die Abwendung vom aufgeklärten Absolutismus an. In der Auseinandersetzung mit dem revolutionären und napoleon. Frankreich stand Ö. nach dem Ausscheren Preußens im Basler Frieden 1795 allein. Die Zerstörung des europ. Gleichgewichts in den Französischen Revolutionskriegen und in den Napoleonischen Kriegen führte zu gravierenden Territorialverlusten und zur Auflösung des Hl. Röm. Reiches (1806).Das Kaiserreich Österreich (1804-66): Am 11. 8. 1804 nahm Kaiser Franz II. den erbl. Titel eines »Kaisers von Österreich« (als Franz I.) an; die staatsrechtl. Stellung der Länder der Habsburgermonarchie blieb unverändert. Bis 1809 verlor Ö. an Napoleon I. die österr. Niederlande, Vorder-Ö., Tirol, Krain, Teile Ober-Ö., Kärntens, Kroatiens und die Erwerbungen aus der 3. Poln. Teilung. Seit 1810 bzw. 1813 betrieb K. W. Fürst von Metternich als Außenmin. die Rettung Ö.s als Großmacht, zunächst in Anlehnung an Napoleon I. (Heirat mit der Kaisertochter Marie Louise), dann im Kampf gegen ihn. Erst im Aug. 1813 schloss sich Ö. in den Befreiungskriegen der Koalition gegen Napoleon an.
Die Neuordnung Europas nach dem Sturz Napoleons I. auf dem Wiener Kongress 1814/15 brachte für Ö. die Rückgabe der abgetretenen Teile seiner Erblande, Salzburgs und Dalmatiens, dazu erhielt es Venetien und die Lombardei; dagegen verzichtete es auf seinen südwestdt. Besitz. Unter Metternich (seit 1821 Staatskanzler) nahm Ö. im Europa der Restaurationszeit eine führende Stellung ein (Heilige Allianz). Es war Präsidialmacht des Dt. Bundes und hatte auch in Italien durch die habsburg. Nebenlinien die Vormacht. Im Inneren bekämpfte Metternich alle liberalen Bestrebungen (Karlsbader Beschlüsse), v. a. unterdrückte er die nat. Bewegungen der nichtdt. Völker der Donaumonarchie. Nach 1830 verhärtete sich die Politik der Wiener Reg.zentrale, die unfähig war, den tiefen sozialen Wandel des 19. Jh. zu bewältigen. Das Verlangen des Besitz- und Bildungsbürgertums, aber auch eines Teils des Adels, nach Systemveränderungen und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise seit den 1840er-Jahren förderten den Ausbruch der Märzrevolution von 1848. Sie verband sich mit dem Aufbegehren der unterdrückten Nationalitäten und erschütterte die gesamte Monarchie. Der Ausbruch der Revolution in Wien am 13. 3. führte sofort zum Sturz Metternichs. Am 25. 4. wurde für die nicht ungar. Länder eine liberale Verf. erlassen, während Ungarn zu Ö. im Verhältnis der Personalunion stehen sollte. Zur gleichen Zeit trat die Frankfurter Nationalversammlung zusammen, in Mailand und Venedig siegte die nat. Revolution. Unter dem Druck einer Massenbewegung sollten der neue Reichstag als verfassunggebendes Parlament berufen und der Wahlzensus beseitigt werden. In Prag forderte ein Aufstand v. a. nat. Rechte der böhm. Länder, doch wurde er von Fürst Windischgrätz blutig niedergeschlagen (11.-17. 6.). Auch in Italien erlangte die österr. Staatsmacht mit den Militäraktionen von Graf Radetzky wieder die Oberhand. In Ungarn bereitete sich seit März 1848 der offene Bürgerkrieg vor, zw. der kaiserl. Reg. und dem ungar. Reichstag kam es im Sept. zum Bruch. Eine neue Erhebung in Wien wurde am 31. 10. mit der Erstürmung der Stadt durch die Truppen des Fürsten Windischgrätz (d. Ä.) beendet; mehrere Führer des Aufstands, so R. Blum, wurden standrechtlich erschossen. Schon vorher hatte ein kaiserl. Manifest den Reichstag zum 15. 11. nach Kremsier berufen. An die Spitze eines neuen Ministeriums trat F. Fürst zu Schwarzenberg. Kaiser Ferdinand I. dankte am 2. 12. 1848 zugunsten seines Neffen Franz Joseph I. ab. In Kremsier konnte sich die Reg. mit dem Reichstag nicht verständigen, sie löste ihn auf und oktroyierte am 4. 3. 1849 eine konstitutionelle Gesamtstaatsverf. (Märzverf.). Ungarn, das sich unter L. Kossuth für unabhängig erklärt hatte (14. 4. 1849), wurde im Aug. 1849 mit russ. Hilfe unterworfen. Schwarzenberg brachte die Versuche der Frankfurter Nationalversammlung, anstelle eines Dt. Bundes einen Bundesstaat (mit oder ohne Ö., Großdeutsche, Kleindeutsche) zu errichten, zum Scheitern und erzwang 1850 (Olmützer Punktation) die Wiederherstellung des Dt. Bundes. Die Spannungen zw. Preußen und Ö. wuchsen. Mit dem »Silvesterpatent« 1851 hob Schwarzenberg die Märzverf. mit den Grundrechten auf. Nach seinem Tod betrieb A. von Bach als Innenmin. einen entschiedenen bürokrat. Zentralismus. In der Außenpolitik erwies sich die bewaffnet-neutrale und vermittelnde Haltung Ö.s im Krimkrieg als verhängnisvoll: Ö. zog sich dadurch die dauernde Feindschaft Russlands zu. In Italien erreichte der sardisch-piemontes. Minister Graf Cavour ein Bündnis mit dem Frankreich Napoleons III., das Ö. 1859 bei Magenta und Solferino schwere Niederlagen zufügte; Ö. verlor die Lombardei. Der wachsende Widerstand Ungarns gegen das neoabsolutist. System führte zur Verf.änderung im Oktoberdiplom von 1860, das unter Wahrung der vollen Krongewalt durch dezentralisierte Verw. der Länder die Macht der zentralist. Bürokratie beschränken sollte. Das nach dem Scheitern dieses Konzepts (bes. in Ungarn) verkündete Februarpatent (1861) kehrte zur zentralist. Reichsgewalt zurück, modifiziert durch eine nichtparlamentar. Konstitutionalisierung des Reichsrats und ein Verw.system abgestufter Autonomie. Der Dt. Krieg 1866 gegen Preußen führte zum Verlust Venetiens und gefährdete die Großmachtstellung Ö.s (Ausscheiden aus dem Dt. Bund). Damit wurde die Nationalitätenfrage zum Reichsproblem.Österreich-Ungarn (1867-1918): Der österr. MinPräs. F. Graf Beust schloss 1867 den Ausgleich mit Ungarn ab. Die Sonderverf. Ungarns von 1848 wurde wieder hergestellt. So entstand die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Die innere Gesch. Transleithaniens (Ungarn mit seinen Nebenländern) entwickelte sich fortan selbstständig, dagegen wurde Zisleithanien (österr. Reichshälfte) immer stärker in den Nationalitätenkampf verwickelt. Die dt. liberale Verfassungspartei erreichte eine allg. Liberalisierung, auch eine Verbesserung der Finanzlage. Doch widersetzten sich die Tschechen dem dt.-zentralist. System und forderten 1868 die Eigenstaatlichkeit der böhm. Länder; den Polen in Galizien musste die poln. Amtssprache zugestanden werden. Im Dt.-Frz. Krieg 1870/71 blieb Ö. neutral. Im Inneren versuchte Kaiser Franz Joseph I. weiterhin vergeblich, einen Ausgleich mit Tschechen und Polen zu erreichen; föderalist. Programme scheiterten auch am Widerstand der Deutschliberalen und der Ungarn. Das Dreikaiserbündnis (Dt. Reich, Russland, Ö.-Ungarn) wurde durch den Widerspruch österr. und russ. Interessen auf dem Balkan erschüttert, doch erreichte Ö. auf dem Berliner Kongress (1878) die Zustimmung zur Besetzung und Verw. der türk. Provinz Bosnien und Herzegowina. Mit der Reg.übernahme durch E. Graf Taaffe änderte sich die Nationalitätenpolitik; er erließ Verordnungen über die Doppelsprachigkeit der Behörden für Böhmen und Mähren (1880), für die slowen. Gebiete (1882) und für Ö.-Schlesien (1882); in Prag wurde 1882 eine tschech. Univ. errichtet. Doch gelang ihm die Entspannung nicht auf Dauer; 1893 musste er zurücktreten. Die ohne Kontakte mit dt. Parteien gewährten Zugeständnisse von MinPräs. Ö.-Schlesien (1895-97) an die Tschechen (Wahlrechtsreform, Sprachverordnungen, 1899 wieder aufgehoben) verschärften den Nationalitätenstreit, der nun den Gesamtstaat bedrohte. Um 1880 hatte nach Lockerung des Wahlzensus die Bildung neuer Parteien begonnen: die auf das Kleinbürgertum, später auf die Bauern gestützte Christlichsoziale Partei unter K. Lueger, die Sozialdemokrat. Partei unter V. Adler, die die Arbeiterschaft organisierte, aber 1911 in eine dt. und eine tschech. Partei zerfiel, die Liberalen, die sich in radikale (Alldt. Vereinigung) und gemäßigte Gruppen aufgliederten. Bei den ersten allg., gleichen und direkten Wahlen (1907) zum Reichstag siegten die Massenparteien: Christlichsoziale Partei, Sozialdemokrat. Partei, deutschnat. Gruppen (u. a. Alldt. Vereinigung, seit 1910 Dt. Nationalverband).
Die Außenpolitik Ö.-Ungarns hatte durch den Abschluss des Zweibunds mit dem Dt. Reich 1879 eine neue Grundlage erhalten. 1881 wurde der Dreikaiserbund erneuert, der jedoch mit der russ.-bulgar. Krise (1887/88) sein Ende fand. Dem Zweibund folgte 1882 der Dreibund mit dem Dt. Reich und Italien, ein Bündnis, das von Anfang an durch die italien. Irredenta belastet war. Serbien gab unter der Dynastie Karađorđević, die 1903 auf den Thron gelangt war, die Anlehnung an Ö. auf und arbeitete, von der russ. Diplomatie gefördert, auf die Trennung der südslaw. Gebiete von der Habsburgermonarchie hin. Die Annexion Bosnien und Herzegowinas durch Ö. (1908) verschärfte den Ggs. zu Serbien und löste eine europ. Krise aus. In den Balkankriegen (1912/13) verhinderten v. a. die Warnungen der dt. Reg. österr. Eingreifen. Erst die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo (28. 6. 1914) durch großserb. Nationalisten löste die Kriegserklärung an Serbien aus (Anlass zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs). Im Inneren hatte die Monarchie mit größten Schwierigkeiten zu kämpfen. T. Masaryk und E. Beneš wirkten, vom Ausland förmlich anerkannt, für die polit. Unabhängigkeit der Tschechen. 1916 starb Kaiser Franz Joseph I., sein Großneffe Karl I. bestieg den Thron. Durch einen baldigen Friedensschluss (Geheimverhandlungen mit Frankreich durch Sixtus, Prinz Bourbon-Parma) und eine föderalist. Neuordnung suchte er den Bestand Ö.-Ungarns zu retten, doch vollzog sich mit dem militär. Zusammenbruch im Okt./Nov. 1918 die Auflösung der Habsburgermonarchie.Die erste Republik (1918-37): Der Waffenstillstand wurde noch von der letzten kaiserl. Reg. unterzeichnet (3. 11.), sie trat am 11. 11. zurück, am gleichen Tag verzichtete Karl I. auf den Thron. Die Provisor. Nationalversammlung (bestehend aus den 1911 gewählten dt. Reichsratsabgeordneten) proklamierte die »Rep. Deutschösterreich« und erklärte sie zum Bestandteil der »Dt. Rep.«. Der Sozialdemokrat K. Renner bildete als Staatskanzler aus allen in der Nationalversammlung vertretenen Parteien eine Koalitionsreg., die in der Folgezeit das Verhältniswahlrecht (anstelle des Mehrheitswahlrechts) und das Stimmrecht für Frauen einführte. Aus den Wahlen vom 16. 2. 1919 ging die Sozialdemokrat. Arbeiterpartei Ö.s als stärkste polit. Kraft hervor. Die neue Nationalversammlung bestätigte die Staatsbildung und annullierte u. a. durch das Habsburgergesetz die monarch. Strukturen. Mit Sozialgesetzen (u. a. Achtstundentag, Regelung von Frauen- und Kinderarbeit) suchte die Reg. die sozialen Spannungen abzubauen und die revolutionären Strömungen einzudämmen. Die Errichtung einer Räterep. wurde verhindert. Nach alliierter Einlösung der Territorialforderungen der ČSR (Sudetenland) und Italiens (Südtirol) konnte sich Ö. nur in den Abstimmungsgebieten in S-Kärnten und Dt.-Westungarn (Burgenland) behaupten, auch Vorarlberg blieb bei Österreich. Dagegen wurde der Verzicht auf Südtirol und die sudetendt. Gebiete im Versailler Vertrag (1919) und im Vertrag von St.-Germain-en-Laye (1919) festgeschrieben, die beide zugleich den Anschluss an das Dt. Reich verboten. Ö. wurde in den Völkerbund aufgenommen. Der dt. Reststaat der einstigen Donaumonarchie, territorial ein Achtel der Gesamtmonarchie, erhielt grundlegend veränderte polit., wirtsch. und soziale Strukturen; als Nachfolgestaat war er mit hohen Reparationsleistungen belastet, die den polit. und wirtsch. Neubeginn erschwerten. Am 1. 10. 1920 trat die neue demokrat. Verf. in Kraft. Die Wahlen vom 17. 10. 1920 veränderten durch den Sieg der bürgerl. Parteien die innenpolit. Situation. Die Christlichsoziale Partei (CP) setzte sich als stärkste polit. Kraft durch und stellte, in Koalition mit kleinen bürgerl. Parteien wie der Großdt. Volkspartei (GVP) und dem Landbund (LB), meist den Bundeskanzler. Die Sozialdemokraten standen seit 1920 in Opposition, bauten jedoch ihre Machtstellung in Wien aus (Bürgermeisteramt 1919-34) und prägten dort durch sozial- und bildungspolit. Reformen das moderne Profil der Stadt. Die wirtsch. Sanierung des Landes (Beendigung der Inflation, Einführung der Schillingwährung) konnte nur mithilfe der durch den Völkerbund vermittelten Kredite durchgeführt werden (Genfer Protokolle, 1922). Diese Kredite waren immer mit dem Anschlussverbot an Dtl. verbunden. Bis 1932 konnte keine der bürgerl. Reg. dauerhafte wirtsch. Erfolge erringen. Seit Okt. 1926 wechselten die Kabinette rasch, die polit. Polarisierung zw. Sozialdemokratie und bürgerl. Parteien verstärkte sich. Die Demokratie wurde gefährdet durch die nichtstaatl., bewaffneten Selbstschutzformationen der Parteien (der Republikan. Schutzbund der Sozialdemokraten, die am italien.-faschist. Vorbild ausgerichteten Heimwehren), die sich blutige Zusammenstöße lieferten. 1930 gelang zwar der Reg. Schober die Liquidierung aller Kriegsschulden und der alliierten Generalpfandrechte, nicht aber die Bildung einer Dt.-Österr. Zollunion. Die Weltwirtschaftskrise brachte hohe Arbeitslosigkeit und völlige Zerrüttung der Staatsfinanzen. Im April 1932 siegte die nat.-soz. Partei, die organisatorisch der dt. Parteileitung unterstellt war, in Landtags- und Gemeindewahlen. Im Mai 1932 bildete E. Dollfuß als Bundeskanzler eine Koalitionsreg. aus CP, LB und Heimatblock. Die schwache parlamentar. Mehrheit und der Aufschwung der nat.-soz. Bewegung veranlassten Dollfuß im Mai 1932, den Nationalrat auszuschalten und mit Notverordnungen zu regieren. Die NSDAP wurde offiziell verboten, setzte aber ihre Tätigkeit illegal fort. Im Februar 1934 wurden auch die Sozialdemokraten nach einem Aufstand des Republikan. Schutzbundes aufgelöst. Mit der Maiverf. 1934 wurde die Abkehr von demokrat. Prinzipien legalisiert. Die Vaterländische Front, einzige polit. Partei, propagierte einen Ständestaat, der von autoritärem Katholizismus und Heimwehrfaschismus geprägt sein sollte. Die Röm. Protokolle (17. 3. 1934) sicherten die Verbindung zu Italien und Ungarn. Als bei einem fehlgeschlagenen nat.-soz. Putsch Dollfuß ermordet wurde, musste sich Hitler wegen der Haltung Mussolinis von den Vorgängen distanzieren, doch sandte er F. von Papen als Sonderbotschafter nach Wien, um den »Anschluss« vorzubereiten. Die Annäherung zw. Mussolini und Hitler seit dem Italienisch-Äthiop. Krieg 1935/36 zwang Dollfuß' Nachfolger Schuschnigg zum Abkommen mit Dtl., das die staatl. Integrität Ö.s und die Nichteinmischung im Inneren garantierte, aber Ö. zu einer an Dtl. orientierten Außenpolitik verpflichtete (Juli 1936). Gleichzeitig nahmen der nat.-soz. Druck und die Unterwanderung des Reg.apparats zu. Nach der Zusammenkunft Hitlers mit Schuschnigg in Berchtesgaden (12. 2. 1938) erzwang Hitler die Einsetzung des Nationalsozialisten A. Seyß-Inquart zum Innenminister.Österreich im großdeutschen Reich (1938-45): Unter dt. Druck gab Schuschnigg die für den 13. 3. 1938 geplante Volksabstimmung über den Erhalt der Unabhängigkeit auf und trat am 11. 3. zurück. Nach dem Einmarsch dt. Truppen am 12. 3. vollzog der von Bundespräs. Miklas zum Bundeskanzler ernannte Seyß-Inquart den »Anschluss« an das Dt. Reich (durch Volksabstimmung am 10. 4. bestätigt). Sofort danach setzte die Internierung von Regimegegnern ein (Ausbau des KZ Mauthausen), auch in die Judenverfolgungen wurde Ö. einbezogen. Das »Ostmark-Ges.« vom 14. 4. 1939 gliederte Ö. in »Reichsgaue«. 1939-45 nahmen österr. Soldaten an den Kämpfen des Zweiten Weltkriegs teil. Widerstandsgruppen organisierten, z. T. in Verbindung zu dt. Organisationen, antifaschist. Aktionen.Die zweite Republik (seit 1945): 1943 beschlossen die Alliierten auf der Moskauer Konferenz, Ö. als eigenen Staat wieder herzustellen; in Jalta (Febr. 1945) wurde die Aufteilung des Landes in vier Besatzungszonen vereinbart.
In den von sowjet. Truppen seit Ende März 1945 eroberten Gebieten (Einnahme von Wien am 13. 4.) bildete der Sozialdemokrat K. Renner am 27. 4. eine provisor. Reg., die die Wiederherstellung der Rep. Ö. verkündete. Diese Reg., der Vertreter der Sozialdemokratie (jetzt Sozialist. Partei, SPÖ), der neu gegründeten Österr. Volkspartei (ÖVP) und der Kommunist. Partei (KPÖ) angehörten, führte die Verf. von 1920 (i. d. F. von 1929) wieder ein und annullierte alle nat.-sozialistisch bestimmten Gesetze. Nachdem Anfang Mai 1945 amerikan., brit. und frz. Truppen in den W eingerückt waren, übernahmen die USA, die UdSSR, Großbritannien und Frankreich mit dem 1. Kontrollabkommen (4. 7.) die oberste Reg.gewalt in Ö. und grenzten die Besatzungszonen gegeneinander ab. Am 20. 10. 1945 wurde die provisor. Reg. auch von den westl. Besatzungsmächten anerkannt. Der provisor. Status endete mit den ersten Nationalrats- und Landtagswahlen (25. 11. 1945), bei denen die ÖVP die absolute Mehrheit errang, und mit dem Zusammentritt der Bundesversammlung und der Wahl Renners zum Bundespräsidenten. Die Alliierten übten ihre höchste Gewalt nur über die österr. Bundesreg. aus. Ihre durch das alliierte Kontrollabkommen vom 28. 6. 1946 erweiterte Kompetenz ermöglichte den Beginn des wirtsch. Wiederaufbaus mit der Marshallplanhilfe 1948-51 (1,6 Mrd. Dollar). ÖVP und SPÖ bildeten 1947-66 eine große Koalition, wobei die ÖVP den Bundeskanzler (u. a. L. Figl, J. Raab), die SPÖ den Vizekanzler stellte. Die KPÖ verlor seit 1947 immer mehr an Gewicht, 1955/56 wurde die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) gegründet.
In der Außenpolitik misslang v. a. infolge des brit. und amerikan. Einspruchs eine Regelung der Südtirolfrage durch Anwendung des nat. Selbstbestimmungsrechts (Südtirol). Behindert durch den Ost-West-Konflikt, führten die Verhandlungen zur Beendigung des Besatzungsstatus erst am 15. 5. 1955 im Österr. Staatsvertrag zur Unabhängigkeit und (teilweise eingeschränkten) Souveränität unter Erneuerung des Anschlussverbots an Dtl., bei freiwilliger Verpflichtung zur Neutralität. Noch im selben Jahr wurde Ö. in die UN aufgenommen, 1956 erfolgte die Aufnahme in den Europarat, 1960 der Beitritt zur Europ. Freihandelsassoziation. Seit 1977 bestand völliger Freihandel mit den Staaten der EG. 1989 stellte Ö., das dem Europ. Währungssystem (EWS) angeschlossen ist, den Aufnahmeantrag in die Europ. Gemeinschaft (EG). 1970-83 stellte die SPÖ allein die Reg.; 1983 ging ihr Stimmenanteil wieder zurück. Bundeskanzler war 1970-83 B. Kreisky. Seine Reg. setzte wichtige innenpolit. Reformen durch, so für Steuern, Straf- und Familienrecht. Bei den Wahlen zum Nationalrat 1983 verlor die SPÖ die absolute Mehrheit, die ÖVP verzeichnete einen leichten Zuwachs, während die FPÖ aufgrund des Wahlrechts ihre Mandatszahl erhöhen konnte. Nach Kreiskys Rücktritt übernahm F. Sinowatz das Amt an der Spitze eines Koalitionskabinetts aus SPÖ und FPÖ (mehrfach umgebildet). Zu heftigen Kontroversen kam es anlässlich der Wahl von K. Waldheim zum Bundespräs. (im Amt 1986-92); die Auseinandersetzungen um seine Vergangenheit als Offizier der dt. Wehrmacht führten auch zu außenpolit. Belastungen. Sinowatz trat als Bundeskanzler zurück, sein Nachfolger wurde F. Vranitzky (SPÖ). Nach dem Bruch der Koalition mit der FPÖ im Sept. 1986 bildete er eine Reg. mit der ÖVP, die nach den Wahlen vom Nov. 1986 (Gewinne für die FPÖ, Einzug der Grünen ins Bundesparlament) im Amt blieb. In den Nationalratswahlen vom Okt. 1990 konnte die SPÖ ihre Mehrheit von 43 % bei großen Verlusten der ÖVP und wiederum starken Gewinnen für die FPÖ halten. Vranitzky stand weiterhin an der Spitze einer SPÖ/ÖVP-Koalitionsregierung. Heftige innenpolit. Kontroversen gab es um die FPÖ, in der 1986 J. Haider die Führung übernahm. Mit seinem rechtsnat. Programm konnte die Partei auch in den Landtagswahlen 1992 erhebl. Stimmengewinne erzielen.
Bundespräs. ist seit 8. 7. 1992 T. Klestil (ÖVP-Kandidat, nach Stichwahl). Er wurde 1998, diesmal als überparteil. Kandidat, wieder gewählt. 1995 wurde ein Nationalfonds der Rep. Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus gestiftet. Bei den Wahlen zum Nationalrat im Okt. 1994 behauptete die SPÖ ihre führende Stellung und bildete erneut unter Bundeskanzler Vranitzky zus. mit der ÖVP eine große Koalition (erneuert nach den vorgezogenen Neuwahlen vom Dez. 1995). Nach dem Rücktritt Vranitzkys übernahm V. Klima (SPÖ) am 27. 1. 1997 die Führung dieser Koalition. Anfang 1999 wurden die Briefbombenattentate (ab 1993) aufgeklärt.
Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts (1990/91) geriet die Frage der Neutralität immer stärker in die innenpolit. Diskussion. Nach Verhandlungen mit der EG (EU) schloss Ö. im März 1994 einen Vertrag über den Beitritt zur EG (EU). Nach dessen Billigung durch die Bev. im Juni 1994 trat Ö. zum 1. 1. 1995 der Gemeinschaft bei. Im Febr. 1995 trat Ö. dem NATO-Programm »Partnerschaft für den Frieden« bei. Grundsätzlich gewann die Bev. weiter Vertrauen zur EU. Die internat. Kosovokrise 1999 verstärkte die Disskussion um die Ausrichtung der Sicherheitspolitik.
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II Österreich
(Haus Ö., lat. Domus Austriae, italien. Casa d'Austria), 1306 erstmals nachweisbare, seit dem 15. Jh. gültige Bez. des Gesamtherrschaftsbereiches und der Gesamtdynastie der Habsburger.
Einwohner: (1998) 8,087 Mio.
Hauptstadt: Wien
Verwaltungsgliederung: 9 Bundesländer
Amtssprache: Deutsch
Nationalfeiertag: 26. 10.
Währung: 1 Schilling (S) = 100 Groschen (Gr, g)
Zeitzone: MEZ
(amtlich Republik Ö.), Staat in Mitteleuropa, grenzt im NW an Deutschland, im NO an die Tschech. Rep. und die Slowak. Rep., im O an Ungarn, im S an Slowenien und Italien, im SW an die Schweiz und Liechtenstein.
Staat und Recht: Ö. ist eine parlamentarisch-demokrat. Bundesrep. Die Verf.ordnung basiert auf dem Bundes-Verf.-Ges. von 1920 i. d. F. von 1929, das am 1. 5. 1945 wieder in Kraft gesetzt wurde. Staatsoberhaupt ist der auf sechs Jahre direkt gewählte Bundespräs. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und benennt den Bundeskanzler sowie auf dessen Vorschlag die übrigen Mitgl. des Kabinetts, das vom Vertrauen des Nationalrats abhängig ist. Die Legislative besteht aus dem Nationalrat (183 Abg., auf vier Jahre direkt gewählt) und dem die Länderinteressen wahrenden Bundesrat (63 Mitgl., von den Länderparlamenten nach dem Verhältniswahlrecht gewählt). Die von Nationalrat und Bundesrat gemeinsam gebildete Bundesversammlung tritt nur zur Vereidigung des Bundespräs. sowie zum Beschluss über eine Kriegserklärung zusammen. Jedes Bundesland wird durch eine Landesreg. unter Vorsitz des vom Landtag gewählten Landeshauptmanns verwaltet. Wichtigste Parteien: Sozialdemokrat. (bis 1991 Sozialist.) Partei (SPÖ), Österr. Volkspartei (ÖVP), Freiheitl. Partei (FPÖ), Grüne Alternative.
Landesnatur: Der Alpen- und Donaustaat erstreckt sich von W nach O zw. Bodensee und Neusiedler See über rd. 570 km. Rd. 2/3 des Landes liegen in den Ostalpen. Getrennt durch Längstalzüge gliedern sich die österr. Alpen in drei Großräume: die Nördl. Kalkalpen mit zahlr. Alpenrandseen, weiter die z. T. vergletscherten Zentralalpen, in denen die höchste Erhebung des Landes, der Großglockner (3 798 m ü. M.), liegt, schließlich die Südalpen, zu denen u. a. die Karn. Alpen und Karawanken gehören. Nördlich der Alpen breitet sich bis zur Donau das Alpenvorland aus mit dem Innviertel und dem Hausruck. Nach NO erfolgt über das Tullner Becken der Übergang zum Karpatenvorland mit dem westl. Teil des Weinviertels. Im Mühl- und Waldviertel hat Ö. Anteil am Böhm. Massiv (im Plöckenstein 1 378 m ü. M.). Im O liegt das Wiener Becken; in der Grazer Bucht hat Ö. noch Anteil am Pannon. Becken. Das Gebiet um den Neusiedler See zählt zum Kleinen Ungar. Tiefland. 96 % des Landes entwässern zur Donau. - Ö. liegt im Übergangsbereich vom ozean. zum kontinentalen Klima, größtenteils mit vorherrschenden W-Winden und Niederschlägen bis 1 500 mm pro Jahr. Im Alpenbereich herrscht alpines Klima mit Niederschlägen bis 3 000 mm. Im Wiener Becken fallen dagegen nur 500-600 mm. Rd. 38 % der Landesfläche sind mit Wald bedeckt. Die Waldgrenze liegt bei 1 500-2 200 m ü. M.
Bevölkerung: Rd. 98 % der Österreicher sind deutschsprachig, daneben gibt es Minderheiten von Kroaten, Slowenen, Ungarn, Tschechen; Slowenisch und Kroatisch sind z. T. als zusätzl. Amtssprachen zugelassen. Die Gebirgsregionen sind dünn besiedelt; fast 60 % der Alpenfläche sind so gut wie unbesiedelt, unterhalb 500 m ü. M. wohnen 70 % der Ew.; die größte Bev.dichte haben Vorarlberg, Ober-Ö. und der Ballungsraum Wien (20 % aller Ew.). Rd. 55 % der Bev. leben in Städten. - Allg. Schulpflicht besteht vom 6. bis 15. Lebensjahr; weiterführende und höhere Ausbildung an Gymnasien, berufsbildenden Schulen, Fachschulen, Akademien, sechs Kunsthochschulen (darunter drei Musikhochschulen) und 12 Univ. - Rd. 84 % der Bev. gehören der kath. Kirche an (Kirchenprovinzen Wien und Salzburg). 5,6 % der Bev. gehören zur Evang. Kirche des Augsburg. (Lutheraner) und des Helvet. Bekenntnisses (Reformierte); rd. 1,3 % der Bev. bekennen sich zum Islam.
Wirtschaft, Verkehr: Ö. ist Mitgl. der Euro-Zone; es ist ein leistungsfähiger Ind.staat, dessen regionale Wirtschaftsstruktur durch die unterschiedl. geogr. Gegebenheiten bestimmt wird. Rund 44 % der Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Vorherrschend im Alpenraum sind Viehzucht und Milchwirtschaft. Ackerbau wird bes. im Gebiet nördlich der Donau, im Burgenland und in der Südsteiermark betrieben; angebaut werden v. a. Mais, Gerste, Weizen, Kartoffeln, Zuckerrüben, Futterpflanzen, Obst und Wein. Große Bedeutung hat die Forstwirtschaft. Die Ind.gebiete konzentrieren sich v. a. um die großen Städte, bes. im südl. Wiener Becken, oberösterr. Alpenvorland, steier. Mur- und Mürztal, Grazer Becken und Unterinntal. Da der Abbau von einheim. Bodenschätzen unrentabel geworden ist, müssen zwei Drittel des Bedarfs an mineral. Rohstoffen eingeführt werden. Abgebaut werden Eisenerz, Braunkohle, Erdöl und Erdgas, Magnesit, Quarzsand, Gips, Blei- und Zinkerze, Graphit und Kaolin; der Salzbergbau hat an Umfang gewonnen. Die wichtigsten Ind.zweige sind Nahrungs- und Genussmittelind., Maschinen- und Fahrzeugbau, Metall-, Erdölverarbeitung, chem., elektrotechn., Textil-, Bekleidungs-, Leder-, Papier- und Holzindustrie. Die Elektrizitätsgewinnung beruht zu 69 % auf Wasserkraft, der Rest auf Wärmekraft; die Kraftwerksleistung beträgt rd. 14 200 MW. Der Fremdenverkehr hat große wirtsch. Bedeutung: etwa 18 Mio. Auslandsgäste jährlich, davon über die Hälfte aus Deutschland. Die meistbesuchten Bundesländer sind Tirol, Salzburg, Kärnten, Vorarlberg, Wien. - Die Außenhandelsbilanz zeigt seit Jahren eine negative Tendenz. Die wichtigsten Exportgüter sind Maschinen, Halbfertigerzeugnisse, Textilien, Rohstoffe, Nahrungs- und Genussmittel. Importiert werden u. a. Maschinenbau- und Ind.erzeugnisse, Rohstoffe, Pkw u. a. Transportmittel. Haupthandelspartner sind Dtl. u. a. EU-Länder, Schweiz, Japan, USA. - Ö. ist ein wichtiges Transitland, v. a. für den N-S-Verkehr über die Alpen, woraus sich zunehmend große verkehrstechn. Probleme ergeben. Man ist bemüht, weitere Teile des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Das Eisenbahnnetz umfasst 6 411 km, wovon die Österreichischen Bundesbahnen 5 849 km betreiben. Es gibt über 500 Seilbahnen, 130 Sessel- und 2 750 Schlepplifte. Das Straßennetz hat eine Länge von 107 838 km, davon 1 596 km Autobahnen und 10 243 km Bundesstraßen. Wichtigste Binnenwasserstraße ist die Donau, größte Güterumschlagplätze sind Linz und Wien. Internat. Flughäfen in Wien-Schwechat, Salzburg, Graz, Klagenfurt, Linz und Innsbruck.
Geschichte: Vorgeschichte: Mitteleuropa.Die baierische und babenbergische Herrschaft: Die Geschichte Ö.s beginnt mit der Festigung einer dauernden Herrschaft der Baiern im Donau- und Alpengebiet zu Beginn des 6. Jh.; zum baier. Stammesbereich gehörten damals schon das westl. Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Tirol. Im 8. Jh. kam Kärnten hinzu. 787/788 gliederte Karl d. Gr. das Stammesherzogtum in das Fränk. Reich ein. Nach der Niederwerfung der Awaren (791/796) konnte das baier. Herrschaftsgebiet auch nach O und SO erweitert werden. Eine Reihe von Marken (u. a. die Awar. Mark) schützten das Land. Otto d. Gr. erneuerte das System der Marken und schuf die Ostmark (996 »Ostarrichi« gen.) gegen die Ungarn, die sich allmählich donauabwärts vorschob. Aus den Marken entstanden später die Länder Österreich, Steiermark und Krain. Otto II. trennte Kärnten als selbstständiges Herzogtum von Bayern ab. Als geistl. Territorien entwickelten sich Salzburg, Trient, Brixen und Aquileja. Das führende Geschlecht im dt. SO wurden die Babenberger (seit 976 Markgrafen, seit 1156 Herzöge von Österreich), die 1192 auch die Steiermark erwarben (seit 1180 Herzogtum). Als die Babenberger 1246 erloschen, bemächtigte sich der böhm. König Ottokar II. Přemysl 1251-54 der Herrschaft in Österreich, gewann 1260 die Steiermark, erbte 1269 Kärnten und Krain. Erst Rudolf I. von Habsburg machte der böhm. Macht in den Donau- und Alpenländern ein Ende. 1282 verlieh er die Herzogtümer Österreich und Steiermark seinen Söhnen Albrecht I. und Rudolf II., während Kärnten mit Krain den Grafen von Görz und Tirol überlassen wurden. Als Träger der Röm. Königskrone betrachteten die Habsburger die österr. Länder als ihren Hausmachtbereich. Albrecht II. erwarb 1335 Kärnten und Krain, Rudolf IV. 1363 Tirol. Durch Teilungen (1379 und 1406/11) entstanden drei habsburgisch-österr. Ländergruppen: die niederösterr. Länder (Nieder- und Ober-Ö.), die innerösterr. Länder (Krain, Steiermark, Kärnten, Inner-Istrien, Triest) und die vorderösterr. Länder (Tirol, Vorarlberg, die schwäb. und elsäss. »Vorlande«, der [nach der Niederlage von Sempach] Restbesitz im N der Schweiz). Durch Erbvertrag mit den Luxemburgern wurde Albrecht V. nach dem Tod seines Schwiegervaters, Kaiser Sigismund, 1437/38 König von Böhmen und Ungarn, 1438/39 Röm. König (als Albrecht II.). Nach Erlöschen der albertin. Linie folgten in Böhmen und Ungarn einheim. Könige. Maximilian I. einigte (1491) alle österr. Erblande (seit 1453 Erzherzogtum) wieder; gegen Frankreich behauptete er die burgund. Länder (seit 1477); 1500 erbte er Görz. Die Heirat seines Sohnes, Philipps des Schönen, mit Johanna der Wahnsinnigen (1496) sicherte den Habsburgern Spanien mit seinen italien. Besitzungen und den amerikan. Kolonien.Der Aufstieg zur Großmacht: Karl V., der Enkel Maximilians, überließ 1521 seinem jüngeren Bruder Ferdinand (I.) die österr. Erblande einschließlich Tirols. Damit wurde Ferdinand (seit 1531 Röm. König, seit 1556/58 Kaiser) der Stammvater der österr. Linie der Habsburger; nach dem Tod des letzten Jagiellonen, Ludwigs II., in der Schlacht von Mohács 1526 wählten ihn auch die Böhmen und Ungarn (Kroaten) zum König (1526/27). Aus den Türkeneinfällen (erste Belagerung Wiens 1529; Errichtung der österr. Militärgrenze) ergab sich die Notwendigkeit einer länderübergreifenden funktionsfähigen Staatsorganisation. Die von Ferdinand geschaffenen kollegialen Zentralbehörden blieben nach Abspaltung kaiserl. Reichsbehörden bis 1848 erhalten. Unter den Söhnen Ferdinands I. wurden die habsburg. Lande 1564 nochmals und nach dem Tod Maximilians II. 1619 ein letztes Mal geteilt.
Die adligen Stände wurden zu Vorkämpfern der Reformation, die zunächst - wegen des Vordringens der Osmanen - geduldet wurde (Ausbreitung bis 1572/78). Mit den gegenreformator. Maßnahmen Ferdinands (II.) ab 1590/95 begann die Abkehr von der Politik der Zugeständnisse; der 1. kaiserl. Türkenkrieg (1593-1606) war begleitet von der Erhebung prot. ungar. Magnaten unter I. Bocskay (1604/06). Kaiser Rudolf II. (seit 1576) begünstigte die Rekatholisierung, doch musste er 1609 (»Majestätsbrief«) den böhm. Ständen Religionsfreiheit gewähren. Als 1618 die Gegenreformation voll einsetzte, formierte sich die vom prot. Adel geführte böhm. Konföderation mit dem Ziel, die böhm. und niederösterr. Länder zu einem antihabsburg. ständ. Bund zusammenzuschließen. Der böhm. Aufstand 1618-20 führte zum Dreißigjährigen Krieg. Ferdinand II. (seit 1619 Kaiser) behauptete die Macht des Hauses Ö. unter schweren Eingriffen in die Landrechte (1627/28; u. a. Beseitigung des böhm. Wahlkönigtums, Vertreibung des alten Adels).
Nach dem Westfälischen Frieden 1648 verlagerten die Habsburger in der Zeit Ferdinands III. (seit 1637 Kaiser), obgleich sie im Besitz der Krone des Hl. Röm. Reiches blieben, ihre Politik fast völlig auf Ö. und dynast. Interessen. Sozialökonom. Strukturveränderungen, so das Entstehen von Großgrundherrschaften v. a. in den böhm. Ländern, verschlechterten die grundherrlich-bäuerl. Verhältnisse (Steigerung der Fronen). Angesichts gewaltiger Kriegskosten fehlten die Investitionsmittel. Leopold I. (Kaiser seit 1658) stellte sich seit 1663 den Osmanen entgegen. Im »Großen Türkenkrieg«, der 1683 mit der Abwehr der Türken vor Wien in der Schlacht am Kahlenberg begann, wurde bis 1699 (Frieden von Karlowitz) ganz Ungarn (einschl. Kroatien) zurückerobert. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-13/14) sicherte Ö. die Herrschaft über die span. Nebenländer, darunter die reichen span. Niederlande. Der Türkenkrieg 1714-18 brachte N-Serbien, N-Bosnien, die Kleine Walachei und das Banat unter österr. Herrschaft, durch Tausch gegen Sardinien auch Sizilien. Damit erreichte Ö. seine größte territoriale Ausdehnung. Die Politik Karls VI. zielte auf eine Sicherung dieses Bestandes, die Pragmatische Sanktion sollte auch die weibl. Thronfolge garantieren.Das Zeitalter des Absolutismus (1740-1804): Maria Theresia, die Tochter von Karl VI., musste dennoch ihre Ansprüche im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-48) verteidigen. Sie verlor zwar Schlesien (Schlesische Kriege), doch bestätigte der Aachener Frieden (1748) die Reichskrone und die Großmachtstellung Österreichs. Mit dem Siebenjährigen Krieg (1756-63) begann der Ggs. zur neuen Großmacht Preußen. Mit einer grundlegenden Staatsreform vollzog Maria Theresia einschneidende Eingriffe in die histor. Landesverf., deren Sonderrechte die Monarchie schwächten: Die Länder verloren ihr Recht auf eigene Verw. und die Stände ihr Mitspracherecht in der Wiener Zentrale, Verw. und Justiz wurden getrennt und durch Vereinigung der Hofkammern der österr. und böhm. Erblande eine neue Zentralbehörde für die polit., Finanz- und Militärverw. geschaffen. Diese Institutionalisierung der monarchisch-staatl. Verwaltung setzte sich auf der Länderebene fort. Der Adel wurde zum Dienst für die Monarchie verpflichtet. Da die Staatsreform nur für die böhmisch-österr. Erblande galt, wurde der spätere österr.-ungar. Dualismus bereits fixiert. Maria Theresias Sohn, Joseph II., der, seit 1765 Mitregent, 1780 die Alleinherrschaft antrat, versuchte, im Sinne des aufgeklärten Absolutismus (Josephinismus) aus den habsburg. Ländern einen Einheitsstaat mit dt. Amtssprache zu schaffen. Sein Plan, die österr. Niederlande gegen Bayern zu tauschen, scheiterte. Er hob 1781 die Leibeigenschaft auf und löste viele Klöster auf. Andere Reformen scheiterten an der heftigen Abwehr in Ungarn und den österr. Niederlanden. Sein Bruder und Nachfolger, als Kaiser Leopold II. (1790-92), versuchte einen Kompromiss, doch bahnte sich schon 1794/95 die Abwendung vom aufgeklärten Absolutismus an. In der Auseinandersetzung mit dem revolutionären und napoleon. Frankreich stand Ö. nach dem Ausscheren Preußens im Basler Frieden 1795 allein. Die Zerstörung des europ. Gleichgewichts in den Französischen Revolutionskriegen und in den Napoleonischen Kriegen führte zu gravierenden Territorialverlusten und zur Auflösung des Hl. Röm. Reiches (1806).Das Kaiserreich Österreich (1804-66): Am 11. 8. 1804 nahm Kaiser Franz II. den erbl. Titel eines »Kaisers von Österreich« (als Franz I.) an; die staatsrechtl. Stellung der Länder der Habsburgermonarchie blieb unverändert. Bis 1809 verlor Ö. an Napoleon I. die österr. Niederlande, Vorder-Ö., Tirol, Krain, Teile Ober-Ö., Kärntens, Kroatiens und die Erwerbungen aus der 3. Poln. Teilung. Seit 1810 bzw. 1813 betrieb K. W. Fürst von Metternich als Außenmin. die Rettung Ö.s als Großmacht, zunächst in Anlehnung an Napoleon I. (Heirat mit der Kaisertochter Marie Louise), dann im Kampf gegen ihn. Erst im Aug. 1813 schloss sich Ö. in den Befreiungskriegen der Koalition gegen Napoleon an.
Die Neuordnung Europas nach dem Sturz Napoleons I. auf dem Wiener Kongress 1814/15 brachte für Ö. die Rückgabe der abgetretenen Teile seiner Erblande, Salzburgs und Dalmatiens, dazu erhielt es Venetien und die Lombardei; dagegen verzichtete es auf seinen südwestdt. Besitz. Unter Metternich (seit 1821 Staatskanzler) nahm Ö. im Europa der Restaurationszeit eine führende Stellung ein (Heilige Allianz). Es war Präsidialmacht des Dt. Bundes und hatte auch in Italien durch die habsburg. Nebenlinien die Vormacht. Im Inneren bekämpfte Metternich alle liberalen Bestrebungen (Karlsbader Beschlüsse), v. a. unterdrückte er die nat. Bewegungen der nichtdt. Völker der Donaumonarchie. Nach 1830 verhärtete sich die Politik der Wiener Reg.zentrale, die unfähig war, den tiefen sozialen Wandel des 19. Jh. zu bewältigen. Das Verlangen des Besitz- und Bildungsbürgertums, aber auch eines Teils des Adels, nach Systemveränderungen und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise seit den 1840er-Jahren förderten den Ausbruch der Märzrevolution von 1848. Sie verband sich mit dem Aufbegehren der unterdrückten Nationalitäten und erschütterte die gesamte Monarchie. Der Ausbruch der Revolution in Wien am 13. 3. führte sofort zum Sturz Metternichs. Am 25. 4. wurde für die nicht ungar. Länder eine liberale Verf. erlassen, während Ungarn zu Ö. im Verhältnis der Personalunion stehen sollte. Zur gleichen Zeit trat die Frankfurter Nationalversammlung zusammen, in Mailand und Venedig siegte die nat. Revolution. Unter dem Druck einer Massenbewegung sollten der neue Reichstag als verfassunggebendes Parlament berufen und der Wahlzensus beseitigt werden. In Prag forderte ein Aufstand v. a. nat. Rechte der böhm. Länder, doch wurde er von Fürst Windischgrätz blutig niedergeschlagen (11.-17. 6.). Auch in Italien erlangte die österr. Staatsmacht mit den Militäraktionen von Graf Radetzky wieder die Oberhand. In Ungarn bereitete sich seit März 1848 der offene Bürgerkrieg vor, zw. der kaiserl. Reg. und dem ungar. Reichstag kam es im Sept. zum Bruch. Eine neue Erhebung in Wien wurde am 31. 10. mit der Erstürmung der Stadt durch die Truppen des Fürsten Windischgrätz (d. Ä.) beendet; mehrere Führer des Aufstands, so R. Blum, wurden standrechtlich erschossen. Schon vorher hatte ein kaiserl. Manifest den Reichstag zum 15. 11. nach Kremsier berufen. An die Spitze eines neuen Ministeriums trat F. Fürst zu Schwarzenberg. Kaiser Ferdinand I. dankte am 2. 12. 1848 zugunsten seines Neffen Franz Joseph I. ab. In Kremsier konnte sich die Reg. mit dem Reichstag nicht verständigen, sie löste ihn auf und oktroyierte am 4. 3. 1849 eine konstitutionelle Gesamtstaatsverf. (Märzverf.). Ungarn, das sich unter L. Kossuth für unabhängig erklärt hatte (14. 4. 1849), wurde im Aug. 1849 mit russ. Hilfe unterworfen. Schwarzenberg brachte die Versuche der Frankfurter Nationalversammlung, anstelle eines Dt. Bundes einen Bundesstaat (mit oder ohne Ö., Großdeutsche, Kleindeutsche) zu errichten, zum Scheitern und erzwang 1850 (Olmützer Punktation) die Wiederherstellung des Dt. Bundes. Die Spannungen zw. Preußen und Ö. wuchsen. Mit dem »Silvesterpatent« 1851 hob Schwarzenberg die Märzverf. mit den Grundrechten auf. Nach seinem Tod betrieb A. von Bach als Innenmin. einen entschiedenen bürokrat. Zentralismus. In der Außenpolitik erwies sich die bewaffnet-neutrale und vermittelnde Haltung Ö.s im Krimkrieg als verhängnisvoll: Ö. zog sich dadurch die dauernde Feindschaft Russlands zu. In Italien erreichte der sardisch-piemontes. Minister Graf Cavour ein Bündnis mit dem Frankreich Napoleons III., das Ö. 1859 bei Magenta und Solferino schwere Niederlagen zufügte; Ö. verlor die Lombardei. Der wachsende Widerstand Ungarns gegen das neoabsolutist. System führte zur Verf.änderung im Oktoberdiplom von 1860, das unter Wahrung der vollen Krongewalt durch dezentralisierte Verw. der Länder die Macht der zentralist. Bürokratie beschränken sollte. Das nach dem Scheitern dieses Konzepts (bes. in Ungarn) verkündete Februarpatent (1861) kehrte zur zentralist. Reichsgewalt zurück, modifiziert durch eine nichtparlamentar. Konstitutionalisierung des Reichsrats und ein Verw.system abgestufter Autonomie. Der Dt. Krieg 1866 gegen Preußen führte zum Verlust Venetiens und gefährdete die Großmachtstellung Ö.s (Ausscheiden aus dem Dt. Bund). Damit wurde die Nationalitätenfrage zum Reichsproblem.Österreich-Ungarn (1867-1918): Der österr. MinPräs. F. Graf Beust schloss 1867 den Ausgleich mit Ungarn ab. Die Sonderverf. Ungarns von 1848 wurde wieder hergestellt. So entstand die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Die innere Gesch. Transleithaniens (Ungarn mit seinen Nebenländern) entwickelte sich fortan selbstständig, dagegen wurde Zisleithanien (österr. Reichshälfte) immer stärker in den Nationalitätenkampf verwickelt. Die dt. liberale Verfassungspartei erreichte eine allg. Liberalisierung, auch eine Verbesserung der Finanzlage. Doch widersetzten sich die Tschechen dem dt.-zentralist. System und forderten 1868 die Eigenstaatlichkeit der böhm. Länder; den Polen in Galizien musste die poln. Amtssprache zugestanden werden. Im Dt.-Frz. Krieg 1870/71 blieb Ö. neutral. Im Inneren versuchte Kaiser Franz Joseph I. weiterhin vergeblich, einen Ausgleich mit Tschechen und Polen zu erreichen; föderalist. Programme scheiterten auch am Widerstand der Deutschliberalen und der Ungarn. Das Dreikaiserbündnis (Dt. Reich, Russland, Ö.-Ungarn) wurde durch den Widerspruch österr. und russ. Interessen auf dem Balkan erschüttert, doch erreichte Ö. auf dem Berliner Kongress (1878) die Zustimmung zur Besetzung und Verw. der türk. Provinz Bosnien und Herzegowina. Mit der Reg.übernahme durch E. Graf Taaffe änderte sich die Nationalitätenpolitik; er erließ Verordnungen über die Doppelsprachigkeit der Behörden für Böhmen und Mähren (1880), für die slowen. Gebiete (1882) und für Ö.-Schlesien (1882); in Prag wurde 1882 eine tschech. Univ. errichtet. Doch gelang ihm die Entspannung nicht auf Dauer; 1893 musste er zurücktreten. Die ohne Kontakte mit dt. Parteien gewährten Zugeständnisse von MinPräs. Ö.-Schlesien (1895-97) an die Tschechen (Wahlrechtsreform, Sprachverordnungen, 1899 wieder aufgehoben) verschärften den Nationalitätenstreit, der nun den Gesamtstaat bedrohte. Um 1880 hatte nach Lockerung des Wahlzensus die Bildung neuer Parteien begonnen: die auf das Kleinbürgertum, später auf die Bauern gestützte Christlichsoziale Partei unter K. Lueger, die Sozialdemokrat. Partei unter V. Adler, die die Arbeiterschaft organisierte, aber 1911 in eine dt. und eine tschech. Partei zerfiel, die Liberalen, die sich in radikale (Alldt. Vereinigung) und gemäßigte Gruppen aufgliederten. Bei den ersten allg., gleichen und direkten Wahlen (1907) zum Reichstag siegten die Massenparteien: Christlichsoziale Partei, Sozialdemokrat. Partei, deutschnat. Gruppen (u. a. Alldt. Vereinigung, seit 1910 Dt. Nationalverband).
Die Außenpolitik Ö.-Ungarns hatte durch den Abschluss des Zweibunds mit dem Dt. Reich 1879 eine neue Grundlage erhalten. 1881 wurde der Dreikaiserbund erneuert, der jedoch mit der russ.-bulgar. Krise (1887/88) sein Ende fand. Dem Zweibund folgte 1882 der Dreibund mit dem Dt. Reich und Italien, ein Bündnis, das von Anfang an durch die italien. Irredenta belastet war. Serbien gab unter der Dynastie Karađorđević, die 1903 auf den Thron gelangt war, die Anlehnung an Ö. auf und arbeitete, von der russ. Diplomatie gefördert, auf die Trennung der südslaw. Gebiete von der Habsburgermonarchie hin. Die Annexion Bosnien und Herzegowinas durch Ö. (1908) verschärfte den Ggs. zu Serbien und löste eine europ. Krise aus. In den Balkankriegen (1912/13) verhinderten v. a. die Warnungen der dt. Reg. österr. Eingreifen. Erst die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo (28. 6. 1914) durch großserb. Nationalisten löste die Kriegserklärung an Serbien aus (Anlass zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs). Im Inneren hatte die Monarchie mit größten Schwierigkeiten zu kämpfen. T. Masaryk und E. Beneš wirkten, vom Ausland förmlich anerkannt, für die polit. Unabhängigkeit der Tschechen. 1916 starb Kaiser Franz Joseph I., sein Großneffe Karl I. bestieg den Thron. Durch einen baldigen Friedensschluss (Geheimverhandlungen mit Frankreich durch Sixtus, Prinz Bourbon-Parma) und eine föderalist. Neuordnung suchte er den Bestand Ö.-Ungarns zu retten, doch vollzog sich mit dem militär. Zusammenbruch im Okt./Nov. 1918 die Auflösung der Habsburgermonarchie.Die erste Republik (1918-37): Der Waffenstillstand wurde noch von der letzten kaiserl. Reg. unterzeichnet (3. 11.), sie trat am 11. 11. zurück, am gleichen Tag verzichtete Karl I. auf den Thron. Die Provisor. Nationalversammlung (bestehend aus den 1911 gewählten dt. Reichsratsabgeordneten) proklamierte die »Rep. Deutschösterreich« und erklärte sie zum Bestandteil der »Dt. Rep.«. Der Sozialdemokrat K. Renner bildete als Staatskanzler aus allen in der Nationalversammlung vertretenen Parteien eine Koalitionsreg., die in der Folgezeit das Verhältniswahlrecht (anstelle des Mehrheitswahlrechts) und das Stimmrecht für Frauen einführte. Aus den Wahlen vom 16. 2. 1919 ging die Sozialdemokrat. Arbeiterpartei Ö.s als stärkste polit. Kraft hervor. Die neue Nationalversammlung bestätigte die Staatsbildung und annullierte u. a. durch das Habsburgergesetz die monarch. Strukturen. Mit Sozialgesetzen (u. a. Achtstundentag, Regelung von Frauen- und Kinderarbeit) suchte die Reg. die sozialen Spannungen abzubauen und die revolutionären Strömungen einzudämmen. Die Errichtung einer Räterep. wurde verhindert. Nach alliierter Einlösung der Territorialforderungen der ČSR (Sudetenland) und Italiens (Südtirol) konnte sich Ö. nur in den Abstimmungsgebieten in S-Kärnten und Dt.-Westungarn (Burgenland) behaupten, auch Vorarlberg blieb bei Österreich. Dagegen wurde der Verzicht auf Südtirol und die sudetendt. Gebiete im Versailler Vertrag (1919) und im Vertrag von St.-Germain-en-Laye (1919) festgeschrieben, die beide zugleich den Anschluss an das Dt. Reich verboten. Ö. wurde in den Völkerbund aufgenommen. Der dt. Reststaat der einstigen Donaumonarchie, territorial ein Achtel der Gesamtmonarchie, erhielt grundlegend veränderte polit., wirtsch. und soziale Strukturen; als Nachfolgestaat war er mit hohen Reparationsleistungen belastet, die den polit. und wirtsch. Neubeginn erschwerten. Am 1. 10. 1920 trat die neue demokrat. Verf. in Kraft. Die Wahlen vom 17. 10. 1920 veränderten durch den Sieg der bürgerl. Parteien die innenpolit. Situation. Die Christlichsoziale Partei (CP) setzte sich als stärkste polit. Kraft durch und stellte, in Koalition mit kleinen bürgerl. Parteien wie der Großdt. Volkspartei (GVP) und dem Landbund (LB), meist den Bundeskanzler. Die Sozialdemokraten standen seit 1920 in Opposition, bauten jedoch ihre Machtstellung in Wien aus (Bürgermeisteramt 1919-34) und prägten dort durch sozial- und bildungspolit. Reformen das moderne Profil der Stadt. Die wirtsch. Sanierung des Landes (Beendigung der Inflation, Einführung der Schillingwährung) konnte nur mithilfe der durch den Völkerbund vermittelten Kredite durchgeführt werden (Genfer Protokolle, 1922). Diese Kredite waren immer mit dem Anschlussverbot an Dtl. verbunden. Bis 1932 konnte keine der bürgerl. Reg. dauerhafte wirtsch. Erfolge erringen. Seit Okt. 1926 wechselten die Kabinette rasch, die polit. Polarisierung zw. Sozialdemokratie und bürgerl. Parteien verstärkte sich. Die Demokratie wurde gefährdet durch die nichtstaatl., bewaffneten Selbstschutzformationen der Parteien (der Republikan. Schutzbund der Sozialdemokraten, die am italien.-faschist. Vorbild ausgerichteten Heimwehren), die sich blutige Zusammenstöße lieferten. 1930 gelang zwar der Reg. Schober die Liquidierung aller Kriegsschulden und der alliierten Generalpfandrechte, nicht aber die Bildung einer Dt.-Österr. Zollunion. Die Weltwirtschaftskrise brachte hohe Arbeitslosigkeit und völlige Zerrüttung der Staatsfinanzen. Im April 1932 siegte die nat.-soz. Partei, die organisatorisch der dt. Parteileitung unterstellt war, in Landtags- und Gemeindewahlen. Im Mai 1932 bildete E. Dollfuß als Bundeskanzler eine Koalitionsreg. aus CP, LB und Heimatblock. Die schwache parlamentar. Mehrheit und der Aufschwung der nat.-soz. Bewegung veranlassten Dollfuß im Mai 1932, den Nationalrat auszuschalten und mit Notverordnungen zu regieren. Die NSDAP wurde offiziell verboten, setzte aber ihre Tätigkeit illegal fort. Im Februar 1934 wurden auch die Sozialdemokraten nach einem Aufstand des Republikan. Schutzbundes aufgelöst. Mit der Maiverf. 1934 wurde die Abkehr von demokrat. Prinzipien legalisiert. Die Vaterländische Front, einzige polit. Partei, propagierte einen Ständestaat, der von autoritärem Katholizismus und Heimwehrfaschismus geprägt sein sollte. Die Röm. Protokolle (17. 3. 1934) sicherten die Verbindung zu Italien und Ungarn. Als bei einem fehlgeschlagenen nat.-soz. Putsch Dollfuß ermordet wurde, musste sich Hitler wegen der Haltung Mussolinis von den Vorgängen distanzieren, doch sandte er F. von Papen als Sonderbotschafter nach Wien, um den »Anschluss« vorzubereiten. Die Annäherung zw. Mussolini und Hitler seit dem Italienisch-Äthiop. Krieg 1935/36 zwang Dollfuß' Nachfolger Schuschnigg zum Abkommen mit Dtl., das die staatl. Integrität Ö.s und die Nichteinmischung im Inneren garantierte, aber Ö. zu einer an Dtl. orientierten Außenpolitik verpflichtete (Juli 1936). Gleichzeitig nahmen der nat.-soz. Druck und die Unterwanderung des Reg.apparats zu. Nach der Zusammenkunft Hitlers mit Schuschnigg in Berchtesgaden (12. 2. 1938) erzwang Hitler die Einsetzung des Nationalsozialisten A. Seyß-Inquart zum Innenminister.Österreich im großdeutschen Reich (1938-45): Unter dt. Druck gab Schuschnigg die für den 13. 3. 1938 geplante Volksabstimmung über den Erhalt der Unabhängigkeit auf und trat am 11. 3. zurück. Nach dem Einmarsch dt. Truppen am 12. 3. vollzog der von Bundespräs. Miklas zum Bundeskanzler ernannte Seyß-Inquart den »Anschluss« an das Dt. Reich (durch Volksabstimmung am 10. 4. bestätigt). Sofort danach setzte die Internierung von Regimegegnern ein (Ausbau des KZ Mauthausen), auch in die Judenverfolgungen wurde Ö. einbezogen. Das »Ostmark-Ges.« vom 14. 4. 1939 gliederte Ö. in »Reichsgaue«. 1939-45 nahmen österr. Soldaten an den Kämpfen des Zweiten Weltkriegs teil. Widerstandsgruppen organisierten, z. T. in Verbindung zu dt. Organisationen, antifaschist. Aktionen.Die zweite Republik (seit 1945): 1943 beschlossen die Alliierten auf der Moskauer Konferenz, Ö. als eigenen Staat wieder herzustellen; in Jalta (Febr. 1945) wurde die Aufteilung des Landes in vier Besatzungszonen vereinbart.
In den von sowjet. Truppen seit Ende März 1945 eroberten Gebieten (Einnahme von Wien am 13. 4.) bildete der Sozialdemokrat K. Renner am 27. 4. eine provisor. Reg., die die Wiederherstellung der Rep. Ö. verkündete. Diese Reg., der Vertreter der Sozialdemokratie (jetzt Sozialist. Partei, SPÖ), der neu gegründeten Österr. Volkspartei (ÖVP) und der Kommunist. Partei (KPÖ) angehörten, führte die Verf. von 1920 (i. d. F. von 1929) wieder ein und annullierte alle nat.-sozialistisch bestimmten Gesetze. Nachdem Anfang Mai 1945 amerikan., brit. und frz. Truppen in den W eingerückt waren, übernahmen die USA, die UdSSR, Großbritannien und Frankreich mit dem 1. Kontrollabkommen (4. 7.) die oberste Reg.gewalt in Ö. und grenzten die Besatzungszonen gegeneinander ab. Am 20. 10. 1945 wurde die provisor. Reg. auch von den westl. Besatzungsmächten anerkannt. Der provisor. Status endete mit den ersten Nationalrats- und Landtagswahlen (25. 11. 1945), bei denen die ÖVP die absolute Mehrheit errang, und mit dem Zusammentritt der Bundesversammlung und der Wahl Renners zum Bundespräsidenten. Die Alliierten übten ihre höchste Gewalt nur über die österr. Bundesreg. aus. Ihre durch das alliierte Kontrollabkommen vom 28. 6. 1946 erweiterte Kompetenz ermöglichte den Beginn des wirtsch. Wiederaufbaus mit der Marshallplanhilfe 1948-51 (1,6 Mrd. Dollar). ÖVP und SPÖ bildeten 1947-66 eine große Koalition, wobei die ÖVP den Bundeskanzler (u. a. L. Figl, J. Raab), die SPÖ den Vizekanzler stellte. Die KPÖ verlor seit 1947 immer mehr an Gewicht, 1955/56 wurde die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) gegründet.
In der Außenpolitik misslang v. a. infolge des brit. und amerikan. Einspruchs eine Regelung der Südtirolfrage durch Anwendung des nat. Selbstbestimmungsrechts (Südtirol). Behindert durch den Ost-West-Konflikt, führten die Verhandlungen zur Beendigung des Besatzungsstatus erst am 15. 5. 1955 im Österr. Staatsvertrag zur Unabhängigkeit und (teilweise eingeschränkten) Souveränität unter Erneuerung des Anschlussverbots an Dtl., bei freiwilliger Verpflichtung zur Neutralität. Noch im selben Jahr wurde Ö. in die UN aufgenommen, 1956 erfolgte die Aufnahme in den Europarat, 1960 der Beitritt zur Europ. Freihandelsassoziation. Seit 1977 bestand völliger Freihandel mit den Staaten der EG. 1989 stellte Ö., das dem Europ. Währungssystem (EWS) angeschlossen ist, den Aufnahmeantrag in die Europ. Gemeinschaft (EG). 1970-83 stellte die SPÖ allein die Reg.; 1983 ging ihr Stimmenanteil wieder zurück. Bundeskanzler war 1970-83 B. Kreisky. Seine Reg. setzte wichtige innenpolit. Reformen durch, so für Steuern, Straf- und Familienrecht. Bei den Wahlen zum Nationalrat 1983 verlor die SPÖ die absolute Mehrheit, die ÖVP verzeichnete einen leichten Zuwachs, während die FPÖ aufgrund des Wahlrechts ihre Mandatszahl erhöhen konnte. Nach Kreiskys Rücktritt übernahm F. Sinowatz das Amt an der Spitze eines Koalitionskabinetts aus SPÖ und FPÖ (mehrfach umgebildet). Zu heftigen Kontroversen kam es anlässlich der Wahl von K. Waldheim zum Bundespräs. (im Amt 1986-92); die Auseinandersetzungen um seine Vergangenheit als Offizier der dt. Wehrmacht führten auch zu außenpolit. Belastungen. Sinowatz trat als Bundeskanzler zurück, sein Nachfolger wurde F. Vranitzky (SPÖ). Nach dem Bruch der Koalition mit der FPÖ im Sept. 1986 bildete er eine Reg. mit der ÖVP, die nach den Wahlen vom Nov. 1986 (Gewinne für die FPÖ, Einzug der Grünen ins Bundesparlament) im Amt blieb. In den Nationalratswahlen vom Okt. 1990 konnte die SPÖ ihre Mehrheit von 43 % bei großen Verlusten der ÖVP und wiederum starken Gewinnen für die FPÖ halten. Vranitzky stand weiterhin an der Spitze einer SPÖ/ÖVP-Koalitionsregierung. Heftige innenpolit. Kontroversen gab es um die FPÖ, in der 1986 J. Haider die Führung übernahm. Mit seinem rechtsnat. Programm konnte die Partei auch in den Landtagswahlen 1992 erhebl. Stimmengewinne erzielen.
Bundespräs. ist seit 8. 7. 1992 T. Klestil (ÖVP-Kandidat, nach Stichwahl). Er wurde 1998, diesmal als überparteil. Kandidat, wieder gewählt. 1995 wurde ein Nationalfonds der Rep. Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus gestiftet. Bei den Wahlen zum Nationalrat im Okt. 1994 behauptete die SPÖ ihre führende Stellung und bildete erneut unter Bundeskanzler Vranitzky zus. mit der ÖVP eine große Koalition (erneuert nach den vorgezogenen Neuwahlen vom Dez. 1995). Nach dem Rücktritt Vranitzkys übernahm V. Klima (SPÖ) am 27. 1. 1997 die Führung dieser Koalition. Anfang 1999 wurden die Briefbombenattentate (ab 1993) aufgeklärt.
Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts (1990/91) geriet die Frage der Neutralität immer stärker in die innenpolit. Diskussion. Nach Verhandlungen mit der EG (EU) schloss Ö. im März 1994 einen Vertrag über den Beitritt zur EG (EU). Nach dessen Billigung durch die Bev. im Juni 1994 trat Ö. zum 1. 1. 1995 der Gemeinschaft bei. Im Febr. 1995 trat Ö. dem NATO-Programm »Partnerschaft für den Frieden« bei. Grundsätzlich gewann die Bev. weiter Vertrauen zur EU. Die internat. Kosovokrise 1999 verstärkte die Disskussion um die Ausrichtung der Sicherheitspolitik.
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⃟ Alltagserfahrungen in der Geschichte Ö.s, hg. v. E. Bruckmüller. Wien 1998.
⃟ Brook-Shepherd, G.: Ö. Eine tausendjährige Geschichte. A. d. Engl. Wien 1998.
⃟ Österreichische Nationalgeschichte nach 1945, hg. v. R. Kriechbaumer, auf mehrere Bde. ber. Wien 1998 ff.
⃟ Wendepunkte u. Kontinuitäten. Zäsuren der demokratischen Entwicklung in der österreichischen Geschichte, hg. v. Heidrun Schulze. Innsbruck 1998.
II Österreich
(Haus Ö., lat. Domus Austriae, italien. Casa d'Austria), 1306 erstmals nachweisbare, seit dem 15. Jh. gültige Bez. des Gesamtherrschaftsbereiches und der Gesamtdynastie der Habsburger.