Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
ottonische Kunst
ottonische Kunst,die Kunst im Zeitalter der Ottonen (um 960-1024). Die unter den Saliern bis zum Regierungsantritt Heinrichs IV. (1056) entstandenen Werke werden als spätottonisch angeschlossen. Im Unterschied zur vorausgehenden karoling. Kunst befreite sich die o. K. zunehmend von der spätantiken Tradition und steht damit am Beginn einer eigentl. dt. Kunst. Nach der Heirat Ottos II. mit der byzantin. Prinzessin Theophano wurden byzantin. Einflüsse wirksam. Die Eingliederung des Episkopats in die Reichsverwaltung durch Otto I. führte zu einer Einheit polit. und religiöser Zielsetzungen. Die künstler. Schwerpunkte lagen im kaiserl. Stammland Sachsen mit Magdeburg. Hinzu kamen weitere Zentren: Köln, Essen, Fulda, Regensburg, Reichenau, Trier und Hildesheim, das unter Bischof Bernward eine besondere Blüte erfuhr. Die o. K. ist stilgeschichtlich Teil der Romanik in Europa und bezeichnet die Frühromanik in Dtl. - In der Baukunst entstand ein für die dt. Architektur bis zur Gotik verbindl. Kirchentypus: die kreuzförmige, dreischiffige Basilika mit zwei Querschiffen, zwei ausgeschiedenen Vierungen mit Türmen, zwei Chören und mit Stützenwechsel nach dem gebundenen System im Langhaus (St. Michael in Hildesheim, 1010-33). Den Kirchen ist häufig ein Westbau vorgelagert (Münster in Essen, 1039 ff.), der von Treppentürmen flankiert sein kann. Charakteristisch sind ungegliederte Wandflächen, die i. d. R. mit Wandmalereien bedeckt waren (St. Georg in Oberzell auf der Reichenau, um 990), und flache Holzdecken. Als neue Kapitellformen traten Würfel-, Trapez- und Pilzkapitell auf. Unter byzantin. Einfluss entstand die Emporenbasilika (Stiftskirche in Gernrode, 961 ff.). - In der Bildhauerkunst entstanden die ersten selbstständigen Kultbilder aus Holz wie das Gerokreuz des Kölner Doms (um 970) und die mit Goldblech beschlagene Goldene Madonna des Essener Münsterschatzes (um 980). Eine außerordentl. Lebendigkeit der Gebärdensprache kennzeichnet nicht nur die Bronze- (Bernwardstür für St. Michael in Hildesheim, 1015; heute im Dom) und Elfenbeinreliefs (Buchdeckel des Codex aureus von Echternach, um 1040), sondern auch die Reliefs der Goldschmiedekunst. Zu den hochrangigen Werken gehören das Antependium aus dem Basler Münster (um 1020), der von Heinrich II. gestiftete Ambo und die Pala d'Oro (um 1020) im Aachener Münster sowie das Reichskreuz (um 1024). - Wichtigstes Zeugnis otton. Malerei ist die Buchmalerei, die in ihrer Vergeistigung und Monumentalität wesentlich von der Aussagekraft der Gebärde und dem Verzicht auf Ornamentalisierung bestimmt ist (Malerschulen: Reichenau, Echternach, Regensburg, Köln, Trier, Hildesheim).
▣ Literatur:
Jantzen, H.: O. K., bearb. v. W. Schenkluhn. Neuausg. Berlin 1990.
ottonische Kunst,die Kunst im Zeitalter der Ottonen (um 960-1024). Die unter den Saliern bis zum Regierungsantritt Heinrichs IV. (1056) entstandenen Werke werden als spätottonisch angeschlossen. Im Unterschied zur vorausgehenden karoling. Kunst befreite sich die o. K. zunehmend von der spätantiken Tradition und steht damit am Beginn einer eigentl. dt. Kunst. Nach der Heirat Ottos II. mit der byzantin. Prinzessin Theophano wurden byzantin. Einflüsse wirksam. Die Eingliederung des Episkopats in die Reichsverwaltung durch Otto I. führte zu einer Einheit polit. und religiöser Zielsetzungen. Die künstler. Schwerpunkte lagen im kaiserl. Stammland Sachsen mit Magdeburg. Hinzu kamen weitere Zentren: Köln, Essen, Fulda, Regensburg, Reichenau, Trier und Hildesheim, das unter Bischof Bernward eine besondere Blüte erfuhr. Die o. K. ist stilgeschichtlich Teil der Romanik in Europa und bezeichnet die Frühromanik in Dtl. - In der Baukunst entstand ein für die dt. Architektur bis zur Gotik verbindl. Kirchentypus: die kreuzförmige, dreischiffige Basilika mit zwei Querschiffen, zwei ausgeschiedenen Vierungen mit Türmen, zwei Chören und mit Stützenwechsel nach dem gebundenen System im Langhaus (St. Michael in Hildesheim, 1010-33). Den Kirchen ist häufig ein Westbau vorgelagert (Münster in Essen, 1039 ff.), der von Treppentürmen flankiert sein kann. Charakteristisch sind ungegliederte Wandflächen, die i. d. R. mit Wandmalereien bedeckt waren (St. Georg in Oberzell auf der Reichenau, um 990), und flache Holzdecken. Als neue Kapitellformen traten Würfel-, Trapez- und Pilzkapitell auf. Unter byzantin. Einfluss entstand die Emporenbasilika (Stiftskirche in Gernrode, 961 ff.). - In der Bildhauerkunst entstanden die ersten selbstständigen Kultbilder aus Holz wie das Gerokreuz des Kölner Doms (um 970) und die mit Goldblech beschlagene Goldene Madonna des Essener Münsterschatzes (um 980). Eine außerordentl. Lebendigkeit der Gebärdensprache kennzeichnet nicht nur die Bronze- (Bernwardstür für St. Michael in Hildesheim, 1015; heute im Dom) und Elfenbeinreliefs (Buchdeckel des Codex aureus von Echternach, um 1040), sondern auch die Reliefs der Goldschmiedekunst. Zu den hochrangigen Werken gehören das Antependium aus dem Basler Münster (um 1020), der von Heinrich II. gestiftete Ambo und die Pala d'Oro (um 1020) im Aachener Münster sowie das Reichskreuz (um 1024). - Wichtigstes Zeugnis otton. Malerei ist die Buchmalerei, die in ihrer Vergeistigung und Monumentalität wesentlich von der Aussagekraft der Gebärde und dem Verzicht auf Ornamentalisierung bestimmt ist (Malerschulen: Reichenau, Echternach, Regensburg, Köln, Trier, Hildesheim).
▣ Literatur:
Jantzen, H.: O. K., bearb. v. W. Schenkluhn. Neuausg. Berlin 1990.