Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
organisierte Kriminalität
organisierte Kriminalität(organisiertes Verbrechen), von kriminellen Vereinigungen mit hohem Organisationsgrad geplante und begangene Straftaten mit z. T. international organisierter Verwertung der Tatbeute. Die Abgrenzung zu anderen Arten der Kriminalität ist im Einzelfall schwierig. In Europa entwickelte sich die o. K. in den einzelnen Staaten unterschiedlich. Die skandinav. Länder, ferner die Schweiz und Belgien haben mit der Kontrolle geringere Probleme als Italien, die Niederlande, Großbritannien, Dtl. und Polen sowie die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Für die Schweiz wird angenommen, dass eine organisierte Basiskriminalität v. a. im Drogenhandel anzutreffen ist. Im Übrigen besteht ein verstärkter Trend zur Internationalität. Als Schwerpunkte der o. K. kommen v. a. Rauschgifthandel und -schmuggel, Waffenhandel und -schmuggel sowie Nuklearkriminalität (z. B. Plutoniumschmuggel), Kfz-Diebstahl, ferner Diebstahl von und Handel mit gestohlenen Kunstgegenständen, Zuhälterei, Prostitution, Menschenhandel und illegales Glücks- und Falschspiel, Schutzgelderpressung, unerlaubte Arbeitsvermittlung und Beschäftigung, illegale Einschleusung von Ausländern, illegale Entsorgung von Sonderabfall und illegaler Technologietransfer sowie Geldwäsche in Betracht. Obwohl kriminelle Organisationen in Dtl. schon seit Jahrzehnten bekannt sind (z. B. die sog. Ringvereine in Berlin), hat das organisierte Verbrechen erst in den letzten Jahren besondere Schubkraft erhalten. Neuere Analysen haben die ausgefeilte Logistik krimineller Organisationen verdeutlicht.Nach Mitteilungen der Bundesreg. gab es in Dtl. 1996 mit Blick auf die o. K. 845 Ermittlungsverfahren, die rd. 8 400 Tatverdächtige betrafen, denen etwa 48 000 Einzeldelikte zur Last gelegt wurden. Der Gesamtschaden der o. K. in Dtl. wird für 1996 auf 2,7 Mrd. DM, der durch sie erzielte Gewinn auf 1,3 Mrd. DM geschätzt.
Zur Bekämpfung der o. K. wurden das Ges. zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der o. K. (OrgKG) vom 15. 7. 1992 und das Verbrechensbekämpfungs-Ges. vom 28. 10. 1994 verabschiedet. Da die kriminellen Organisationen nicht anders als legale Wirtschaftsunternehmen die Gewinnmaximierung anstreben und illegale Gewinne in großem Umfang in den legalen Wirtschaftskreislauf zurückschleusen müssen, wurde im OrgKG ein neuer Straftatbestand der Geldwäsche geschaffen und die Vermögensstrafe eingeführt, um der o. K. die finanziellen Grundlagen zu entziehen. Ergänzend hierzu wurde 1993 das Ges. über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (sog. Geldwäsche-Ges.) erlassen, dessen Wirksamkeit, gemessen an dem mit ihm verfolgten Zweck, bezweifelt wird (Geldwäscherei).
Im Bereich der EU gibt es Bestrebungen, mobile internat. Einsatzeinheiten zu bilden, auch auf höherer Ebene Kooperationsstrukturen zu schaffen und die Rechtshilfe auszubauen. Weitergehender Handlungsbedarf besteht bei der Bekämpfung der Korruption, die Experten als wesentl. Element der o. K. betrachten. Bei der Bekämpfung der o. K. sind weder der Konflikt zw. Sicherheitsbestreben einerseits sowie Freiheits- und Grundrechten andererseits noch die Defizite der Effektivität zu verkennen. Dies gilt namentlich für Rasterfahndungen, den Einsatz techn. Mittel (z. B. Peilsender), den Einsatz verdeckter Ermittler, die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des sog. Kronzeugen sowie die Erweiterung der Abhörmöglichkeiten von Verdächtigen in Wohnungen.
Literatur:
Raith, W.: Mafia: Ziel Dtl. Vom Verfall der polit. Kultur zur o. K. Neuausg. Frankfurt am Main 9.-12. Tsd. 1992.
Sieber, U. u. Bügel, M.: Logistik der o. K. Wiesbaden 1993.
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