Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Ostkirchen
Ostkirchen,Sammelbez. für alle christl. Kirchen, die nach der endgültigen Teilung des Röm. Reichs (395) zu dessen Osthälfte gehörten, dort entstanden oder von dort durch Mission gegr. wurden. Nach Glaubenslehre und Geschichte werden folgende Kirchen und Kirchengruppen unterschieden: die im byzantin. Kulturkreis entstandene orth. Kirche; die im Gefolge der theolog. Auseinandersetzungen des 5./6. Jh. entstandenen altoriental. Nationalkirchen; die Kirchen und Gemeinschaften, die sich dem Papst unterstellten und unierte Teilkirchen der kath. Kirche bilden. - 1) orth. Kirche: die Gesamtheit der historisch weitgehend aus der nachkonstantin. Reichskirche, v. a. aus deren östl. Hälfte, hervorgegangenen autokephalen und autonomen orth. (Landes-)Kirchen. Gegenwärtig (1999) bestehen (gesamtorthodox anerkannt) vierzehn autokephale und neun autonome (in Fragen ihrer inneren Verwaltung selbstständige, kanonisch jedoch einer autokephalen [Mutter-]Kirche verbundene) Kirchen. Diese verstehen sich als gleichberechtigte Glieder der »einen, heiligen, kath. und apostol. Kirche Christi des wahren (orth.) Glaubensbekenntnisses« auf der Basis der gleichen theolog., liturg. und spirituellen Tradition. Allen gemeinsame Lehrgrundlage und Basis des Kirchenrechts bilden die Beschlüsse der nach orth. Verständnis sieben ökumenischen Konzile (325-787). Die Kirchenverf. ist synodal. Leitungsgremium einer orth. (Landes-)Kirche ist die Synode, innerhalb derer dem Ersthierarchen (Patriarch, Metropolit, Erzbischof) der Ehrenvorsitz zukommt. Analog wird die höchste Instanz zur Entscheidung von Fragen auf gesamtorth. Ebene in einer ökumen. Synode gesehen, zu deren Vorbereitung seit 1961 mehrere panorth. Konferenzen stattfanden. Innerhalb der Gesamtorthodoxie kommt dem ökumenischen Patriarchen der Ehrenvorrang zu. Theologisch versteht sich die orth. Kirche als ird. Abbild der himml. Kirche. Mittelpunkt des kirchl. Lebens ist der Gottesdienst; grundlegende Liturgien sind die Basilius- und die Chrysostomosliturgie. Als den Trägern geistl. Autorität und geistl. Lebens und Zentren der Bewahrung religiöser, kultureller und nat. Identität kommt dem (oft asketisch geprägten) Mönchtum und den Klöstern innerhalb der orth. Kirchen seit frühester Zeit eine zentrale Bedeutung zu. Aus dem Mönchtum werden i. d. R. die Bischöfe gewählt. Weltweit zählt die orth. Kirche nach Schätzungen und Eigenangaben etwa 150-170 Mio. Gläubige. Die größte orth. Landeskirche ist die russ.-orth. Kirche, der nominell bis zu 100 Mio. Gläubige zugerechnet werden (realistisch jedoch wohl max. 60 Mio. orth. Christen in Russland). In der ökumen. Bewegung waren bis 1997 (Austritt der georg. Kirche aus dem ÖRK; 1998 Austritt der bulgarisch-orth. Kirche) alle orth. Kirchen vertreten. Am Zweiten Vatikan. Konzil nahmen Beobachter der orth. Kirchen teil. 2) altoriental. Nationalkirchen: orientalische Kirchen. 3) unierte Teilkirchen: die, z. T. seit dem MA., mit der kath. Kirche verbundenen Teilkirchen altoriental. oder orth. Herkunft. Die unierten Kirchen erkennen den Jurisdiktions- und Lehrprimat des Papstes an, bewahren jedoch in Kirchensprache, Liturgie, Spiritualität, Verf. und kirchenrechtl. Besonderheiten die Traditionen ihrer altoriental. und orth. Mutterkirchen. Einzige vollständig mit der kath. Kirche unierte O. ist die maronit. Kirche (Maroniten). Teilunionen bestehen mit versch. Kirchen des armen., äthiop., byzantin., kopt., ostsyr. und westsyr. Ritus.
▣ Literatur:
H.-C. Diedrich. Das Glaubensleben der O. Eine Einf. in Gesch., Gottesdienst u. Frömmigkeit der orth. Kirche, hg. v. München 1989.
⃟ Hämmerle, E. u. a.: Zugänge zur Orthodoxie. Göttingen 21989.
▣ Literatur:
H.-C. Diedrich. Das Glaubensleben der O. Eine Einf. in Gesch., Gottesdienst u. Frömmigkeit der orth. Kirche, hg. v. München 1989.
⃟ Hämmerle, E. u. a.: Zugänge zur Orthodoxie. Göttingen 21989.