Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
neue Linke
neue Linke,von C. W. Mills geprägte Bez. für sozialist., v. a. marxist. Gruppen, die bes. während der 1960er-Jahre in den hoch industrialisierten Demokratien Europas und Nordamerikas auftraten; hauptsächlich von Studenten und Intellektuellen getragen. Der n. L. gelang es nicht, eine geschlossene theoret. Formulierung ihrer Ziele zu entwickeln. Gemeinsam ist ihnen jedoch eine radikale Kritik an der marktwirtsch. orientierten industriellen Welt (Leistungszwang, Konsumzwang, Establishment). Dieses System solle durch Revolution beseitigt werden, die den ursprüngl. Thesen der n. L. zufolge von »Randgruppen« (z. B. Studenten, nat. und ethn. Minderheiten) getragen werden müsse und nicht von der Arbeiterschaft, die bereits zu sehr in die moderne Gesellschaft »integriert« sei. Die versch. Strömungen der n. L. verarbeiteten neomarxist. Gedankengut (H. Marcuse, T. W. Adorno, J. Habermas, M. Horkheimer), revolutionäre Theorien aus Entwicklungsländern (F. Castro Ruz, »Che« Guevara, Mao Zedong) und anarchist. Ideen (M. Bakunin). - Die Anfänge der n. L. lagen 1959 bei den Märschen für Frieden und gegen die Atombombenversuche. In den USA führte eine student. Linke neue, zunächst gewaltlose Techniken in die Kämpfe der liberalen Bürgerrechtsbewegung ein. Der Protest gegen den Vietnamkrieg und die bestehende Gesellschaft allgemein griff bald auf Europa über (1967/68 Höhepunkt der Bewegung, u. a. in Paris, Berlin); in der Bundesrep. Dtl. trat er zunächst innerhalb der außerparlamentarischen Opposition auf. In fast allen betroffenen Ländern wurden auf Einzelgebieten Reformen eingeleitet, in Frankreich und der Bundesrep. Dtl. bes. Bestrebungen zur Hochschulreform. Seit etwa 1969/70 wandten sich Vertreter der n. L. meist maoistisch orientierten Parteien zu; zahlr. andere suchten im Rahmen polit. Gruppierungen (z. B. Jungsozialisten) und gesellschaftl. Organisationen (z. B. der Gewerkschaften) eine polit. Plattform, eine Minderheit organisierte sich in terrorist. Vereinigungen. Vorstellungen der n. L. fanden Eingang in die alternative Bewegung und in die programmat. Entwicklung der Grünen.
▣ Literatur:
Habermas, J.: Protestberwegung u. Hochschulreform. Frankfurt am Main 31970.
⃟ Marcuse, H.: Das Ende der Utopie. Frankfurt am Main 1980.
neue Linke,von C. W. Mills geprägte Bez. für sozialist., v. a. marxist. Gruppen, die bes. während der 1960er-Jahre in den hoch industrialisierten Demokratien Europas und Nordamerikas auftraten; hauptsächlich von Studenten und Intellektuellen getragen. Der n. L. gelang es nicht, eine geschlossene theoret. Formulierung ihrer Ziele zu entwickeln. Gemeinsam ist ihnen jedoch eine radikale Kritik an der marktwirtsch. orientierten industriellen Welt (Leistungszwang, Konsumzwang, Establishment). Dieses System solle durch Revolution beseitigt werden, die den ursprüngl. Thesen der n. L. zufolge von »Randgruppen« (z. B. Studenten, nat. und ethn. Minderheiten) getragen werden müsse und nicht von der Arbeiterschaft, die bereits zu sehr in die moderne Gesellschaft »integriert« sei. Die versch. Strömungen der n. L. verarbeiteten neomarxist. Gedankengut (H. Marcuse, T. W. Adorno, J. Habermas, M. Horkheimer), revolutionäre Theorien aus Entwicklungsländern (F. Castro Ruz, »Che« Guevara, Mao Zedong) und anarchist. Ideen (M. Bakunin). - Die Anfänge der n. L. lagen 1959 bei den Märschen für Frieden und gegen die Atombombenversuche. In den USA führte eine student. Linke neue, zunächst gewaltlose Techniken in die Kämpfe der liberalen Bürgerrechtsbewegung ein. Der Protest gegen den Vietnamkrieg und die bestehende Gesellschaft allgemein griff bald auf Europa über (1967/68 Höhepunkt der Bewegung, u. a. in Paris, Berlin); in der Bundesrep. Dtl. trat er zunächst innerhalb der außerparlamentarischen Opposition auf. In fast allen betroffenen Ländern wurden auf Einzelgebieten Reformen eingeleitet, in Frankreich und der Bundesrep. Dtl. bes. Bestrebungen zur Hochschulreform. Seit etwa 1969/70 wandten sich Vertreter der n. L. meist maoistisch orientierten Parteien zu; zahlr. andere suchten im Rahmen polit. Gruppierungen (z. B. Jungsozialisten) und gesellschaftl. Organisationen (z. B. der Gewerkschaften) eine polit. Plattform, eine Minderheit organisierte sich in terrorist. Vereinigungen. Vorstellungen der n. L. fanden Eingang in die alternative Bewegung und in die programmat. Entwicklung der Grünen.
▣ Literatur:
Habermas, J.: Protestberwegung u. Hochschulreform. Frankfurt am Main 31970.
⃟ Marcuse, H.: Das Ende der Utopie. Frankfurt am Main 1980.