Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Niger
I Nigerder, drittgrößter Strom Afrikas, 4 160 km lang; entspringt in S-Guinea nahe der Grenze zu Sierra Leone, durchfließt Guinea, Mali (Binnendelta, etwa 40 000 km2), Niger und Nigeria; hier nimmt er den Benue auf und mündet in einem Delta von rd. 25 000 km2 in den Golf von Guinea. Staudämme zur Bewässerung unterhalb Ségou (Mali), bei Hochwasser z. T. schiffbar; im Delta Hochseehäfen Burutu, Warri, Port Harcourt.
II Niger
⃟ Fläche: 1 267 000 km2
Einwohner: (1995) 9,151 Mio.
Hauptstadt: Niamey
Verwaltungsgliederung: 7 Départements und die Hauptstadt
Amtssprache: Französisch
Nationalfeiertag: 18. 12.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes
Zeitzone: MEZ
(amtlich République du N.), Binnenstaat in Westafrika, grenzt im N an Algerien und Libyen, im O an Tschad, im S an Nigeria, im SW an Benin und Burkina Faso und im W an Mali.
Staat und Recht: Nach der am 22. 5. 1996 in Kraft getretenen Verf. ist N. eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit weitgehenden exekutiven Befugnissen ausgestattete Präs. (auf fünf Jahre direkt gewählt). Er bestimmt die Richtlinien der Politik und kontrolliert die Reg. unter Vorsitz des Premiermin. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (83 Abg., für fünf Jahre gewählt). Nach der Ermordung des Präs. am 9. 4. 1999 löste das Militär das Parlament sowie andere verfassungsmäßige Organe auf und verfügte ein Parteienverbot. Als interimist. Machtorgan fungiert der Nat. Versöhnungsrat.
Landesnatur: N. erstreckt sich vom Mittellauf des Niger im SW über die Sahelzone bis in die Sahara nach NO. Den größten Teil des Landes nehmen weite Ebenen ein, aus denen in der Sahara das Gebirge Aïr mit Höhen bis 2 310 m ü. M. herausragt. Im äußersten N. liegen Plateaus in 500-1 000 m Höhe. Im SO hat N. Anteil am Tschadsee. - Es herrscht semi- bis vollarides Klima mit einer Regenzeit (zw. Mai und Okt.). Die Trockensavanne im S geht nach N in Dornstrauchsavanne und Halbwüste über.
Bevölkerung: Die größten ethn. Gruppen bilden die Hausa (rd. 54 %), ferner Djerma (22 %) und Songhai; hellhäutige Fulbe leben v. a. im Sahel, die Tuareg in der Sahara (Landessprachen: Hausa, Ful, Djerma). Wegen der lang anhaltenden Dürre (1969-74) mussten die Nomaden nach S ausweichen. In Städten leben 16 % der Bev. - Allg. Schulpflicht vom 7. bis 16. Lebensjahr; die Analphabetenquote beträgt 72 %; Univ. in Niamey und Say. 80 % der Bev. sind Muslime, 20 % Anhänger traditioneller Religionen.
Wirtschaft, Verkehr: Die Wirtschaft des Landes basiert auf dem Uranerzabbau und der Landwirtschaft. Abgesehen von Oasen sind die Anbaugebiete auf den S des Landes beschränkt. Es werden v. a. Hirse (Grundnahrungsmittel), Maniok, Bataten, Reis und Hülsenfrüchte, für den Export Erdnüsse und Gemüse angebaut. Viehwirtschaft (bes. Rinder, Schafe, Ziegen) im Sahel; Fischfang im Niger und Tschadsee. Seit 1971 ist der Uranerzabbau wirtschaftsbestimmend, ferner Abbau von Zinnerz, Kohle, Eisenerz, Phosphat. Industriebetriebe finden sich lediglich in Niamey (Textil-, Nahrungsmittel-, Holzind.). Exportiert werden v. a. Uranerz, Lebendvieh und Agrarprodukte; Haupthandelspartner sind Frankreich und Nigeria. - N. hat keine Eisenbahn. Das Straßennetz umfasst 13 187 km, davon sind 3 325 km befestigt. Der Niger ist von Niamey bis Gaya-Malauville nur von Sept. bis März schiffbar; in Niamey internat. Flughafen.
Geschichte: Der W des heutigen N. gehörte bis 1590 zum Reich der Songhai, der O zum Bereich der Hausastaaten (Hausa). Das Gebiet zw. Niger, Tschadsee und Aïr wurde erst in der 2. Hälfte des 19. Jh. erforscht und von Frankreich 1897-99 erobert. Die völlige Unterwerfung des Gebietes, v. a. der zur Senussi-Bruderschaft gehörenden Tuareg und Tubu, zog sich jedoch bis 1916 hin. 1922 wurde N. Kolonie, 1957 erhielt es Selbstverwaltung. Am 18. 12. 1958 wurde die Rep. N. innerhalb der Frz. Gemeinschaft gebildet, am 3. 8. 1960 die Unabhängigkeit proklamiert. Staatspräs. war 1960-74 H. Diori, dessen Politik sich eng an Frankreich anlehnte. 1974 wurde er durch einen Armeeputsch unter S. Kountché gestürzt; nach dessen Tod 1987 übernahm Oberst A. Saibou das Amt des Präsidenten. Als polit. Basis seiner Herrschaft gründete er die Einheitspartei MNSD. 1990 richteten Regierungstruppen ein Massaker unter den Tuareg an.
Nach Protestbewegungen und Streiks gegen das Militärregime wurde im Juli 1991 die Nationalkonferenz gebildet, die das polit. System völlig umgestaltete. In einem Referendum (Dez. 1992) nahm die Bev. eine Verf. an, die ein Mehrparteiensystem mit demokratisch gewählten Funktionsträgern einführte. Die Parlaments- und Präsidentenwahlen von Febr./März 1993 schlossen den Demokratisierungsprozess ab. Staatspräs. wurde der Sozialdemokrat M. Ousmane (Amtsantritt: April 1993). Nach dem Sieg der früheren Einheitspartei MNSD bei vorgezogenen Neuwahlen sah sich Ousmane mit einer gegner. Regierung unter MinPräs. Hama Amadou konfrontiert. In der Folge blockierten sich die beiden polit. Lager gegenseitig; dies führte im Jan. 1996 zu einem Militärputsch, in dessen Verlauf der Staatspräs. und der Premier-Min. verhaftet wurden. Die Macht übernahm der bisherige Generalstabschef I. Barré Maïnassara, der eine rasche Rückkehr zur demokrat. Ordnung versprach (Verf.referendum im Mai 1996). In einer umstrittenen Wahl ließ er sich im Juli 1996 zum Staatspräs. wählen. Im April 1999 wurde Maïnassara bei einem Militärputsch erschossen. Der bisherige Chef der Präsidentengarde, D. Malam Wanke, ließ sich zum Präs. ausrufen.
Trotz des Waffenstillstandsvertrages vom März 1993 gingen die bewaffneten Auseinandersetzungen zw. Reg. und Tuareg weiter. Im Rahmen internat. Vermittlung schlossen beide Seiten im Okt. 1994 einen (erneuten) Waffenstillstand und im April 1995 einen Friedensvertrag.
▣ Literatur:
Krings, T.: Sahel. Senegal, Mauretanien, Mali, N. Köln 51990.
⃟ Pays du Sahel, hg. v. J. Vernet. Paris 1994.
⃟ Zamponi, L. F.: N. Oxford 1994.
⃟ Decoudras, P.-M. u. Abba, S.: La rebellion touarège au N. Talence 1995.
⃟ Fluchard, C.: Le PPN-RDA et la décolonisation du N. 1946 - 1960. Paris 1996.
⃟ Issa Abdourhamane, B.: Crise constitutionelle et démocratisation au N. Talence 1996.
⃟ Decalo, S.: Historical dictionary of N. Lanham, Md., 31997.
⃟ Lund, C.: Law, power and politics in N. Hamburg 1998.
II Niger
⃟ Fläche: 1 267 000 km2
Einwohner: (1995) 9,151 Mio.
Hauptstadt: Niamey
Verwaltungsgliederung: 7 Départements und die Hauptstadt
Amtssprache: Französisch
Nationalfeiertag: 18. 12.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes
Zeitzone: MEZ
(amtlich République du N.), Binnenstaat in Westafrika, grenzt im N an Algerien und Libyen, im O an Tschad, im S an Nigeria, im SW an Benin und Burkina Faso und im W an Mali.
Staat und Recht: Nach der am 22. 5. 1996 in Kraft getretenen Verf. ist N. eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit weitgehenden exekutiven Befugnissen ausgestattete Präs. (auf fünf Jahre direkt gewählt). Er bestimmt die Richtlinien der Politik und kontrolliert die Reg. unter Vorsitz des Premiermin. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (83 Abg., für fünf Jahre gewählt). Nach der Ermordung des Präs. am 9. 4. 1999 löste das Militär das Parlament sowie andere verfassungsmäßige Organe auf und verfügte ein Parteienverbot. Als interimist. Machtorgan fungiert der Nat. Versöhnungsrat.
Landesnatur: N. erstreckt sich vom Mittellauf des Niger im SW über die Sahelzone bis in die Sahara nach NO. Den größten Teil des Landes nehmen weite Ebenen ein, aus denen in der Sahara das Gebirge Aïr mit Höhen bis 2 310 m ü. M. herausragt. Im äußersten N. liegen Plateaus in 500-1 000 m Höhe. Im SO hat N. Anteil am Tschadsee. - Es herrscht semi- bis vollarides Klima mit einer Regenzeit (zw. Mai und Okt.). Die Trockensavanne im S geht nach N in Dornstrauchsavanne und Halbwüste über.
Bevölkerung: Die größten ethn. Gruppen bilden die Hausa (rd. 54 %), ferner Djerma (22 %) und Songhai; hellhäutige Fulbe leben v. a. im Sahel, die Tuareg in der Sahara (Landessprachen: Hausa, Ful, Djerma). Wegen der lang anhaltenden Dürre (1969-74) mussten die Nomaden nach S ausweichen. In Städten leben 16 % der Bev. - Allg. Schulpflicht vom 7. bis 16. Lebensjahr; die Analphabetenquote beträgt 72 %; Univ. in Niamey und Say. 80 % der Bev. sind Muslime, 20 % Anhänger traditioneller Religionen.
Wirtschaft, Verkehr: Die Wirtschaft des Landes basiert auf dem Uranerzabbau und der Landwirtschaft. Abgesehen von Oasen sind die Anbaugebiete auf den S des Landes beschränkt. Es werden v. a. Hirse (Grundnahrungsmittel), Maniok, Bataten, Reis und Hülsenfrüchte, für den Export Erdnüsse und Gemüse angebaut. Viehwirtschaft (bes. Rinder, Schafe, Ziegen) im Sahel; Fischfang im Niger und Tschadsee. Seit 1971 ist der Uranerzabbau wirtschaftsbestimmend, ferner Abbau von Zinnerz, Kohle, Eisenerz, Phosphat. Industriebetriebe finden sich lediglich in Niamey (Textil-, Nahrungsmittel-, Holzind.). Exportiert werden v. a. Uranerz, Lebendvieh und Agrarprodukte; Haupthandelspartner sind Frankreich und Nigeria. - N. hat keine Eisenbahn. Das Straßennetz umfasst 13 187 km, davon sind 3 325 km befestigt. Der Niger ist von Niamey bis Gaya-Malauville nur von Sept. bis März schiffbar; in Niamey internat. Flughafen.
Geschichte: Der W des heutigen N. gehörte bis 1590 zum Reich der Songhai, der O zum Bereich der Hausastaaten (Hausa). Das Gebiet zw. Niger, Tschadsee und Aïr wurde erst in der 2. Hälfte des 19. Jh. erforscht und von Frankreich 1897-99 erobert. Die völlige Unterwerfung des Gebietes, v. a. der zur Senussi-Bruderschaft gehörenden Tuareg und Tubu, zog sich jedoch bis 1916 hin. 1922 wurde N. Kolonie, 1957 erhielt es Selbstverwaltung. Am 18. 12. 1958 wurde die Rep. N. innerhalb der Frz. Gemeinschaft gebildet, am 3. 8. 1960 die Unabhängigkeit proklamiert. Staatspräs. war 1960-74 H. Diori, dessen Politik sich eng an Frankreich anlehnte. 1974 wurde er durch einen Armeeputsch unter S. Kountché gestürzt; nach dessen Tod 1987 übernahm Oberst A. Saibou das Amt des Präsidenten. Als polit. Basis seiner Herrschaft gründete er die Einheitspartei MNSD. 1990 richteten Regierungstruppen ein Massaker unter den Tuareg an.
Nach Protestbewegungen und Streiks gegen das Militärregime wurde im Juli 1991 die Nationalkonferenz gebildet, die das polit. System völlig umgestaltete. In einem Referendum (Dez. 1992) nahm die Bev. eine Verf. an, die ein Mehrparteiensystem mit demokratisch gewählten Funktionsträgern einführte. Die Parlaments- und Präsidentenwahlen von Febr./März 1993 schlossen den Demokratisierungsprozess ab. Staatspräs. wurde der Sozialdemokrat M. Ousmane (Amtsantritt: April 1993). Nach dem Sieg der früheren Einheitspartei MNSD bei vorgezogenen Neuwahlen sah sich Ousmane mit einer gegner. Regierung unter MinPräs. Hama Amadou konfrontiert. In der Folge blockierten sich die beiden polit. Lager gegenseitig; dies führte im Jan. 1996 zu einem Militärputsch, in dessen Verlauf der Staatspräs. und der Premier-Min. verhaftet wurden. Die Macht übernahm der bisherige Generalstabschef I. Barré Maïnassara, der eine rasche Rückkehr zur demokrat. Ordnung versprach (Verf.referendum im Mai 1996). In einer umstrittenen Wahl ließ er sich im Juli 1996 zum Staatspräs. wählen. Im April 1999 wurde Maïnassara bei einem Militärputsch erschossen. Der bisherige Chef der Präsidentengarde, D. Malam Wanke, ließ sich zum Präs. ausrufen.
Trotz des Waffenstillstandsvertrages vom März 1993 gingen die bewaffneten Auseinandersetzungen zw. Reg. und Tuareg weiter. Im Rahmen internat. Vermittlung schlossen beide Seiten im Okt. 1994 einen (erneuten) Waffenstillstand und im April 1995 einen Friedensvertrag.
▣ Literatur:
Krings, T.: Sahel. Senegal, Mauretanien, Mali, N. Köln 51990.
⃟ Pays du Sahel, hg. v. J. Vernet. Paris 1994.
⃟ Zamponi, L. F.: N. Oxford 1994.
⃟ Decoudras, P.-M. u. Abba, S.: La rebellion touarège au N. Talence 1995.
⃟ Fluchard, C.: Le PPN-RDA et la décolonisation du N. 1946 - 1960. Paris 1996.
⃟ Issa Abdourhamane, B.: Crise constitutionelle et démocratisation au N. Talence 1996.
⃟ Decalo, S.: Historical dictionary of N. Lanham, Md., 31997.
⃟ Lund, C.: Law, power and politics in N. Hamburg 1998.