Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Nietzsche
Nietzsche,Friedrich Wilhelm, Philosoph, * Röcken (bei Lützen) 15. 10. 1844, ✝ Weimar 25. 8. 1900; 1869-79 Prof. der klass. Philologie in Basel, lebte dann in der Schweiz und in Italien. Von großer Bedeutung für N. waren seine Bekanntschaften mit L. Andreas-Salomé, J. Burckhardt, F. Overbeck, dem Komponisten Peter Gast (* 1854, ✝ 1918) sowie bes. mit R. Wagner, die später aber in Gegnerschaft umschlug. Die letzten elf Lebensjahre - seit einem Zusammenbruch in Turin 1889 - verbrachte N. in geistiger Umnachtung in Naumburg und Weimar. - In »Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik« (1872) vertrat N. eine antiklass., tragisch-pessimist. Auffassung des Griechentums. In den vier »Unzeitgemäßen Betrachtungen« (1873-76, 4 Bde.) rechnete er mit dem bürgerl. Bildungsbegriff und dem Historismus seines Zeitalters ab. Von Schopenhauer übernahm er die Idee vom Willen als dem übersinnl. Prinzip der Welt, und er trat für den Vorrang des »Lebens« vor dem Bewusstsein ein (Lebensphilosophie). N. wurde zum Kritiker der traditionellen Moral, forderte die Entlarvung von Selbsttäuschungen und wurde zu einem Wortführer des aufkommenden europ. Nihilismus (»Gott ist tot!«). Seit 1882 verkündete er seine philosoph. Grundüberzeugung, die »Umwertung der Werte«. Der »Sklavenmoral« des Christentums stellte er die »Herrenmoral«, dem Jenseitsglauben die Bejahung des Diesseits und die Aufgabe der Überwindung des Menschen auf den »Übermenschen« hin entgegen. Diese Philosophie verkündete N. in halb dichter. Form v. a. in »Also sprach Zarathustra« (1883-91, 4 Bde.). Notizen und Aphorismen stellten P. Gast und N.s Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche unter dem Titel »Der Wille zur Macht« (1906) heraus. - N.s Werk gewann großen Einfluss auf Literatur (u. a. R. M. Rilke, K. Kraus, R. Musil, S. Zweig, H. Mann, T. Mann, G. Benn, H. Hesse, E. Jünger, A. Gide), Philosophie (u. a. M. Heidegger, K. Jaspers) und Psychologie (u. a. A. Adler, L. Klages, C. G. Jung) des 20. Jh. Von den Nationalsozialisten wurde sein Denken durch isolierte Bezugnahme auf einzelne Äußerungen (z.B. »Wille zur Macht«) missbräuchlich politisiert (u. a. A. Baeumler, H. Günther). - N.-Archiv in Weimar (gegr. 1894).
Weitere Werke: Menschliches, Allzumenschliches (1878-79, 2 Bde.); Die fröhliche Wissenschaft (1882); Jenseits von Gut und Böse (1886); Zur Genealogie der Moral (1887); Der Fall Wagner (1888); Der Antichrist (1888); Ecce homo (hg. 1908).
▣ Literatur:
Montinari, M.: F. N. Eine Einführung. A. d. Italien. Berlin u. a. 1991.
⃟ Gerhardt, V.: F. N. München 21995.
⃟ Aschheim, S. E.: N. u. die Deutschen. A. d. Engl. Stuttgart u. a. 1996.
⃟ Danto, A. C.: N. als Philosoph. A. d. Engl. München 1998.
Nietzsche,Friedrich Wilhelm, Philosoph, * Röcken (bei Lützen) 15. 10. 1844, ✝ Weimar 25. 8. 1900; 1869-79 Prof. der klass. Philologie in Basel, lebte dann in der Schweiz und in Italien. Von großer Bedeutung für N. waren seine Bekanntschaften mit L. Andreas-Salomé, J. Burckhardt, F. Overbeck, dem Komponisten Peter Gast (* 1854, ✝ 1918) sowie bes. mit R. Wagner, die später aber in Gegnerschaft umschlug. Die letzten elf Lebensjahre - seit einem Zusammenbruch in Turin 1889 - verbrachte N. in geistiger Umnachtung in Naumburg und Weimar. - In »Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik« (1872) vertrat N. eine antiklass., tragisch-pessimist. Auffassung des Griechentums. In den vier »Unzeitgemäßen Betrachtungen« (1873-76, 4 Bde.) rechnete er mit dem bürgerl. Bildungsbegriff und dem Historismus seines Zeitalters ab. Von Schopenhauer übernahm er die Idee vom Willen als dem übersinnl. Prinzip der Welt, und er trat für den Vorrang des »Lebens« vor dem Bewusstsein ein (Lebensphilosophie). N. wurde zum Kritiker der traditionellen Moral, forderte die Entlarvung von Selbsttäuschungen und wurde zu einem Wortführer des aufkommenden europ. Nihilismus (»Gott ist tot!«). Seit 1882 verkündete er seine philosoph. Grundüberzeugung, die »Umwertung der Werte«. Der »Sklavenmoral« des Christentums stellte er die »Herrenmoral«, dem Jenseitsglauben die Bejahung des Diesseits und die Aufgabe der Überwindung des Menschen auf den »Übermenschen« hin entgegen. Diese Philosophie verkündete N. in halb dichter. Form v. a. in »Also sprach Zarathustra« (1883-91, 4 Bde.). Notizen und Aphorismen stellten P. Gast und N.s Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche unter dem Titel »Der Wille zur Macht« (1906) heraus. - N.s Werk gewann großen Einfluss auf Literatur (u. a. R. M. Rilke, K. Kraus, R. Musil, S. Zweig, H. Mann, T. Mann, G. Benn, H. Hesse, E. Jünger, A. Gide), Philosophie (u. a. M. Heidegger, K. Jaspers) und Psychologie (u. a. A. Adler, L. Klages, C. G. Jung) des 20. Jh. Von den Nationalsozialisten wurde sein Denken durch isolierte Bezugnahme auf einzelne Äußerungen (z.B. »Wille zur Macht«) missbräuchlich politisiert (u. a. A. Baeumler, H. Günther). - N.-Archiv in Weimar (gegr. 1894).
Weitere Werke: Menschliches, Allzumenschliches (1878-79, 2 Bde.); Die fröhliche Wissenschaft (1882); Jenseits von Gut und Böse (1886); Zur Genealogie der Moral (1887); Der Fall Wagner (1888); Der Antichrist (1888); Ecce homo (hg. 1908).
▣ Literatur:
Montinari, M.: F. N. Eine Einführung. A. d. Italien. Berlin u. a. 1991.
⃟ Gerhardt, V.: F. N. München 21995.
⃟ Aschheim, S. E.: N. u. die Deutschen. A. d. Engl. Stuttgart u. a. 1996.
⃟ Danto, A. C.: N. als Philosoph. A. d. Engl. München 1998.