Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Neutrino
Neutrino[italien., eigtl. »kleines Neutron«] das, stabiles, ungeladenes Elementarteilchen aus der Gruppe der Leptonen mit dem Spin 1/2 , das in drei Arten, Elektron-N. (e-N., νe), Myon-N. (μ-N., νμ) und Tau-N. (τ-N., ντ) und deren Antiteilchen, den Anti-N.e, νμ, ντ), vorkommt. Das e-Anti-N. wird mit einem Elektron beim β-Zerfall von Atomkernen, das e-N. mit einem Positron beim β+-Zerfall (Betastrahlung) ausgesandt. Das μ-N. entsteht mit einem positiven Myon beim Zerfall eines positiven Pions (π + → μ+ + νμ), das μ-Anti-N. beim Zerfall eines negativen Pions (π → μ + ν μ). Das τ-N. (τ-Anti-N.) wird beim Zerfall des 1975 entdeckten positiven (negativen) Tauteilchens gebildet. N. werden künstlich in Kernreaktoren und mithilfe von Teilchenbeschleunigern erzeugt oder entstehen auf natürl. Weise in kosm. Prozessen. - Die Existenz der e-N. wurde 1931 von W. Pauli postuliert, um die Gültigkeit der Energie- und Spinerhaltung beim β-Zerfall nicht infrage stellen zu müssen. Wegen der geringen Wechselwirkung von N. mit anderen Teilchen (ein N. mit einer Energie von 1 GeV durchquert mit 99,99 % Wahrscheinlichkeit unbehindert die Erde) gelang der direkte Nachweis von N. erst 1956 mit den e-Anti-N. eines Kernreaktors in einer Reaktion, bei der sich ein e-Anti-N. und ein Proton (p+) in ein Neutron (n) und ein Positron (e+) umwandeln (νe + p + → n + e+).1998 erbrachten amerikan. und japan. Forscher erstmals den Hinweis auf so genannte N.-Oszillationen, indem sie zeigten, dass sich Myon-N. auf ihrem Weg von der Atmosphäre zur Erde zu einem bestimmten Teil in andere N. (vermutlich in Tau-N.) umwandeln und dann nicht mehr registriert werden. Diese Oszillationen sind nur möglich, wenn N. eine Masse besitzen. Die Konsequenzen dieser Entdeckung sind weit reichend, sowohl für die Elementarteilchenphysik, die eine Korrektur des von masselosen N. ausgehenden Standardmodells erfordert, als auch für die Kosmologie. Massebehaftete N. können einen Anteil zur dunklen Materie geben und somit die Expansion des Weltalls entscheidend beeinflussen. - Weiteren Aufschluss erhofft man sich u. a. von Experimenten, die die von der Sonne und von anderen Sternen (v. a. in Supernovae) erzeugten N. nachweisen sollen (N.-Astronomie). Bisherige Messungen, insbesondere der Nachweis solarer N. (Solar-N.) mit Gallium als Detektormaterial (Gallex), ergaben einen geringeren N.-Fluss als theoretisch erwartet.
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