Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Neapel
Neapel (italien. Napoli),
1) Prov. in Kampanien, Italien, 1 171 km2, (1997) 3,1 Mio. Einwohner.
2) größte Stadt S-Italiens, Verw.sitz der Region Kampanien und der Prov. N., am N-Rand des Golfs von N. zw. den Phlegräischen Feldern im W und dem Vesuv im O., 1,054 Mio. Ew.; Erzbischofssitz, Univ. (gegr. 1224), Handelshochschule, Kunstakademie, Musikhochschule, Schifffahrtshochschule, Meerwasseraquarium mit biolog. Forschungsstation, Polytechnikum, orientalist. Inst., histor. Inst., vulkanolog. Inst. und Erdbebenwarte, Observatorium; Archäolog. Nationalmuseum (Funde aus Pompeji und Herculaneum u. a.), Gemäldegalerie im Schloss Capodimonte, Nationalbibliothek, Theater; Börse. N. besitzt Erdölraffinerien, Werften, Leder-, Textil-, chem., Nahrungs- und Genussmittelind.; reger Fremdenverkehr; bed. Handelshafen; Flughafen.- Die enge, winklige Altstadt wurde nach S zum Hafen hin im 19. Jh. großzügig umgestaltet. Früheste christl. Zeugnisse sind u. a. die Katakomben von San Gennaro extra moenia (seit dem 2. Jh.) und das Baptisterium San Giovanni in Fonte (5. Jh.). Künstlerisch bemerkenswerte Kirchen sind: Dom San Gennaro (13./14. Jh.; mit älteren Bauteilen; mehrfach verändert), Santa Chiara (1310-40), San Lorenzo Maggiore (um 1270-1330; Barockfassade, 1743), San Paolo Maggiore (seit 1583), das ehem. Kartäuserkloster von San Martino (gegr. 1325; seit 1886 Nationalmuseum); der Bau von San Francesco di Paola (Anfang 19. Jh.) folgt dem röm. Pantheon, davor zwei Reiterdenkmäler von A. Canova. Weltl. Bauten: Castel Nuovo (1279-84) mit Triumphbogenportal (15. Jh.), Castelli dell'Ovo und Capuano (13. Jh.), der Palazzo Reale (1600-02, im 19. Jh. erneuert). Das histor. Zentrum wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.- N. wurde im 5. Jh. v. Chr. als grch. Kolonie Neapolis (»Neustadt«) gegründet und schloss 326 v. Chr. ein Bündnis mit Rom. Seit 553 byzantinisch, gewann im 7. Jh. allmählich Autonomie, bis das Herzogtum N. 1139 von Roger II. von Sizilien unterworfen wurde, seitdem Hptst. des Königreichs Neapel.
Literatur:
Kluckert, E.: N. München 21989.
3) ehem. Königreich, 1816-60 Königreich beider Sizilien genannt, umfasste Unteritalien und mit Unterbrechungen die Insel Sizilien.
Geschichte: Die Langobarden gründeten im 6. Jh. in Unteritalien das Herzogtum Benevent, doch stand der größte Teil Unteritaliens mit Sizilien seit etwa 550 unter byzantin. Herrschaft. Im Lauf des 11. Jh. eroberten die Normannen Unteritalien und Sizilien. Roger II. schuf hier einen zentralistisch organisierten Staat, der durch die Heirat der Erbin Konstanze mit Heinrich VI. an die Staufer kam. Unter Kaiser Friedrich II. erlebte er 1220-50 seine Glanzzeit. Die letzten Staufer, Manfred und Konradin, konnten sich gegen die Ansprüche Karls I. von Anjou, der vom Papst unterstützt wurde, nicht behaupten. Der Aufstand der »Sizilianischen Vesper« (Sizilien, Geschichte) brachte 1282 die Trennung von N. und Sizilien, das an Aragonien fiel. 1442 eroberte Alfons V. von Aragonien N. und vereinigte das Königreich wieder mit Sizilien. 1503 waren die frz. Ansprüche endgültig zurückgewiesen. Als Sieger über Ludwig XII. gelangte Ferdinand der Katholische von Aragonien auf den Thron von N., das fortan von span. Vizekönigen verwaltet wurde. Nach dem Span. Erbfolgekrieg fielen 1713/14 N. und Sardinien an die österr. Habsburger, Sizilien an Piemont; doch tauschten die Habsburger 1720 Sizilien gegen Sardinien ein. 1735 überließ Kaiser Karl VI. das Königreich N.-Sizilien einer Nebenlinie der span. Bourbonen. 1799 wurde in N. unter dem Schutz der frz. Truppen die Parthenopeische Republik ausgerufen, die nur wenige Wochen Bestand hatte. 1806 eroberte Napoleon I. N.; er setzte zunächst seinen Bruder Joseph, 1808 seinen Schwager J. Murat als König ein. 1815 kam N. wieder unter die bourbon. Herrschaft Ferdinands, der sich ab 1816 (als Ferdinand I.) König beider Sizilien nannte. Er schlug mit österr. Hilfe 1820/21 einen Aufstand brutal nieder; nach der Niederlage der Revolution von 1848/49 verstärkte sich unter Ferdinand II. das absolutist. Regiment. Garibaldi zog - nach der Eroberung Siziliens im Mai - im Sept. 1860 in N. ein, am 21. 10. 1860 schlossen sich N. und Sizilien dem neuen Königreich Italien an. (Italien, Geschichte)
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