Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Natur
Natur[von lat. natura »Geburt«] die, 1. der Teil der Welt, dessen Zustandekommen und gesetzmäßige Erscheinungsform unabhängig von Eingriffen des Menschen verstanden werden (im Ggs. etwa zu Kultur, Kunst, Technik); 2. der gesamte Kosmos, das Sein überhaupt; 3. die Beschaffenheit, das Wesen eines Gegenstandes. - Zu allen Zeiten galt die N. als Offenbarung des Göttlichen und erfuhr kult. Verehrung als ein Ganzes, mit dem sich der Mensch verbunden fühlte oder aus dem er sich herausgefallen erfuhr. - In der ersten Phase der Geschichte des N.-Begriffs (bis ins 17. Jh.) wird die N. als unabhängig vom Menschen handelnd (Natura naturans) aufgefasst. Während hier die Physik (z. B. des Aristoteles), d. h. die Wiss. von der N., nur das empir. Alltagswissen von der handelnden N. konkretisieren und untermauern soll, wird in einer zweiten Phase, in der der neuzeitl. Physik, die Erklärbarkeit der N. von den Bedingungen experimenteller Verfahren abhängig gemacht (F. Bacon, G. Galilei). In einer dritten Phase erfolgt im Zusammenhang mit der Industrialisierung schließlich die Degradierung der N. zum bloßen Objekt techn. Produktionsprozesse. So wird seit dem 19. Jh. ein empirist. N.-Begriff wirksam, der das Selbstverständnis der N.-Wissenschaften bis heute bestimmt: N. wird als Gegenstand empir. Gesetzeswiss. begriffen. Dieser N.-Begriff lässt außer Acht, dass der Mensch selbst ebenfalls Teil dieser N. ist. In der Ökologie wird heute versucht, der selbstzerstörer. Beherrschung der N. durch den Menschen entgegenzuwirken. (Naturschutz, Umweltschutz)
Literatur:
L. Honnefelder. N. als Gegenstand der Wissenschaften, hg. v. Freiburg u. a. 1992.
Prigogine, I. u. Stengers, I.: Dialog mit der N. Neuausg. München u. a. 21993.
N. in der Krise. Philosoph. Essays zur Naturtheorie u. Bioethik, hg. v. R. Löw u. R. Schenk. Hildesheim u. a. 1994.
Gloy, K.: Das Verständnis der N., 2 Bde. München 1995-96.
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