Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei,Abk. NSDAP, von 1919/20 bis 1945 bestehende extrem nationalist., antisemitisch-rassist. dt. Partei, polit. Plattform des Nationalsozialismus, 1933-45 einzige zugelassene Partei in Dtl.; gegr. am 5. 1. 1919 als Dt. Arbeiterpartei in München, die erst mit dem Wirken A. Hitlers (ab Sept. 1919) bekannt wurde. Am 24. 2. 1920 gab die in NSDAP umbenannte Partei ihr vom Gründer A. Drexler und Hitler zusammengestelltes 25-Punkte-Programm bekannt; es verlor später seine Verbindlichkeit zugunsten von Hitlers Vorstellungen (v. a. in »Mein Kampf« dargelegt). Die NSDAP sah sich als polit. Bewegung mit militär. Charakter, die programmatisch und organisatorisch ganz auf die Person Hitlers als »Führer« ausgerichtet war (»Führerpartei«). Nach dem Scheitern des Hitlerputsches (Nov. 1923) wurde die NSDAP verboten und zerfiel.Nach der Neugründung (27. 2. 1925) der NSDAP und ihrer Entwicklung zur Massenpartei (Ende 1925 27 000, Sept. 1929 150 000, Jan. 1933 1,4 Mio., 1945 rd. 8,5 Mio. Mitgl.) sowie dem rasanten Anstieg ihrer Wählerstimmen im Zerfall der Weimarer Republik (Mai 1928 2,6 %, Sept. 1930 18,3 %, Juli 1932 37,8 %) entstand in mehreren Stufen über den Reg.antritt Hitlers (Jan. 1933) hinaus folgende Struktur: An oberster Stelle stand der »Führer« mit der »Kanzlei des Führers«. Außer dem »Stellv. des Führers« bestand, unterhalb dieser Spitze, die »Reichsleitung«; die Reichsleiter waren allein Hitler verantwortlich. Nach 1933 dienten die Reichsparteitage der ideolog. und polit. Selbstdarstellung der Partei. Auf der mittleren Ebene gliederte sich die NSDAP in Gaue (Gauleiter), auf der unteren in Kreise (Kreisleiter) und Blöcke (Blockleiter). Gliederungen besonderer Art innerhalb der Partei waren die SA, die SS, das Nat.-soz. Kraftfahrer-Korps (NSKK), die Hitler-Jugend, die Nat.-soz. Frauenschaft und der Nat.-soz. Studentenbund (NSDStB). Der NSDAP »angeschlossene« Verbände (und von Dienststellen der NSDAP geführte) Organisationen waren u. a. der Nat.-soz. Deutsche Ärztebund, der Nat.-soz. Rechtswahrerbund, der Nat.-soz. Lehrerbund, die Nat.-soz. Volkswohlfahrt, der Nat.-soz. Bund Deutscher Technik, der Reichsarbeitsdienst (Arbeitsdienst) und der Reichsnährstand. Der Anspruch der NSDAP, eine »Volkspartei« zu sein, war insgesamt nicht unzutreffend; Anhänger fand sie v. a. im alten und neuen Mittelstand. Meist kleinere selbstständige Kaufleute und Handwerker sowie mittlere und kleine Beamte und Angestellte, v. a. aus Städten und Kleinstädten, stellten den Hauptteil der Mitgl., Funktionäre und Wähler. Die 1928 einsetzende Agrarkrise führte zu erhöhter Resonanz der NSDAP unter der ländl. Bev. Der Anteil der Arbeiter unter den Mitgl. stieg nach 1930 auf bis zu 30 % an (überwiegend gewerkschaftlich nicht organisierte Facharbeiter und Handwerksgesellen in Klein- und Mittelbetrieben). - Das Parteiabzeichen war das von einem Eichenkranz umzogene und einem stilisierten Adler in die Fänge gegebene Hakenkreuz. Flaggen und Fahnen der NSDAP waren Hakenkreuzflaggen, ggf. mit Beizeichen. Auszeichnungen der NSDAP waren u. a. das »Goldene Parteiabzeichen«.Die SS konnte tief in den Verwaltungsapparat eindringen und sich die Polizeifunktionen aneignen, ohne ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Die NSDAP wurde durch das »Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat« (1. 12. 1933) als »Trägerin des dt. Staatsgedankens und mit dem Staate unlösbar verbunden« gegenüber dem Staatsapparat optisch aufgewertet, doch entsprach dem keine eindeutige institutionelle Zuordnung. Das beschränkte die Funktion der Partei im Dritten Reich weitgehend auf propagandist. Indoktrination und politisch-ideolog. Kontrolle der Bev. im Privat- und Kommunalbereich durch das Block- und Zellensystem und die ständ. Organisationen, die Schulung der Partei-Mitgl. und die Übernahme sozialer Betreuungsaufgaben (Volkswohlfahrt, Kriegsopferversorgung, Deutsche Arbeitsfront). Einfluss auf die Reichspolitik nahm die Partei v. a. durch den Stellvertreter des Führers (seit 21. 4. 1933), R. Heß (und seinen Stabsleiter M. Bormann), der am 27. 7. 1934 durch Führererlass in den Gesetzgebungs- und Verordnungsprozess aller Reichsressorts verbindlich eingeschaltet wurde. Während des Zweiten Weltkrieges wuchs insbesondere dem Leiter der nach Heß' Englandflug so genannten Parteikanzlei (seit 29. 5. 1941) und Sekretär des Führers (seit 12. 4. 1943), M. Bormann, und den im Herbst 1942 zu Reichsverteidigungskommissaren ernannten Gauleitern zusätzl. Macht gegenüber staatl. Hoheitsträgern zu. - Nach der bedingungslosen Kapitulation und der militär. Besetzung Dtl.s (Mai 1945) wurde die NSDAP aufgrund des Gesetzes Nr. 2 des Alliierten Kontrollrats vom 10. 10. 1945 aufgelöst und mit allen ihren Neben- und Sonderorganisationen verboten.