Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Mystik
Mỵstik[grch.] die, in der Religionsgeschichte eine in unterschiedl. Ausprägung den Religionen gemeinsame Form religiösen Erlebens, die Erkenntnis Gottes aus Erfahrung (Cognitio Dei experimentalis), die Vereinigung (Unio mystica) mit ihm oder die Erkenntnis des Wesens der transzendenten Wirklichkeit sucht. Askese, Kontemplation und Meditation dienen der Vorbereitung auf dieses Ziel. In ihren Ausdrucksformen durch den Mystiker kann sie gefühlsbetont, sinnlich-rauschhaft oder intellektuell-spekulativ sein. Bedeutende Ausprägungen der M. sind in China der Daoismus, in Indien die Erlösungslehre des Vedanta (Shankara), in Japan der Zen-Buddhismus, im antiken Griechenland die Mysterienkulte, in der Spätantike der Neuplatonismus, im Judentum der Chassidismus und die Kabbala sowie im Islam der Sufismus. Im Christentum erscheint M. bereits im N. T. v. a. bei Paulus und Johannes als Christus-M., deren Ziel die unmittelbare Einheit mit Jesus Christus ist; seit dem MA. oft in der Form der Passions-M., als Mitleiden mit Jesus. Die dt. M. erlebte in der Frauen-M. des 12./13. Jh. (Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta) und der philosophisch-spekulativen M. des 13./14. Jh. (Meister Eckart, H. Seuse, J. Tauler) ihren Höhepunkt. - Heute kann v. a. das zunehmende Interesse für Esoterik und versch. Formen östl. Religiosität in den modernen Ind.gesellschaften als M. im Sinne von Verlangen nach Transzendenz gedeutet werden.
Literatur:
Bock, E.: Die M. in den Religionen der Welt. Hinduismus - Buddhismus - Judaismus - Islam - Christentum. Tb.-Ausg. München 1993.
Albert, K.: Einführung in die philosoph. M. Darmstadt 1996.
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