Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Musikgeschichte
Musikgeschichte,Bez. sowohl für den Ablauf allen auf die Musik bezogenen Geschehens in der Vergangenheit, wie es sich in der Entwicklung von Komposition (Stile, Gattungen, Satztechniken), Tonsystemen, Notenschrift und Instrumenten offenbart, als auch für die Erforschung und Darstellung dieses Geschehens. Den wissenschaftlich-literar. Niederschlag finden die musikhistor. Betrachtung und deren Gegenstand in der Musikgeschichtsschreibung, die auf der Basis der musikwiss. Detailforschung eine Zusammenschau anstrebt. Das spätantike (Pseudo-Plutarch, 2./3. Jh.) und mittelalterl. Schrifttum (z. B. Guido von Arezzo, »Micrologus«) enthält frühe Beispiele histor. Betrachtung. Während im MA. die Herausbildung musikal. Neuerungen in einem ungebrochenen, das jeweils Neue aus dem Alten ableitenden Traditionsprozess erfolgt (Ars antiqua, Ars nova), wird im Humanismus und in der Renaissance mit der Ausrichtung an antiken Vorbildern der Boden bereitet für das moderne Bewusstsein von Geschichte als Gegenstand einer Wiederentdeckung und geistigen Durchdringung der musikal. Vergangenheit mittels Sammelns und krit. Auswertung der Quellen, wie es im 17. Jh. ansatzweise in Arbeiten von M. Praetorius, A. Kircher, W. C. Printz und G. A. Bontempi zu beobachten ist. Die musikal. Universalgeschichten des 18. Jh., u. a. von C.-H. de Blainville, J.-B. de Laborde, G. B. Martini, J. Hawkins, C. Burney, J. N. Forkel, vertreten die aufklärer. Auffassung eines stufenweisen Fortschritts zur Vervollkommnung, die i. d. R. mit der Kanonisierung eines bestimmten Epochenteils oder eines herausragenden Komponisten verbunden ist. Im 19. Jh. dringt bei F.-J. Fétis und R. G. Kiesewetter der Gedanke des organ. Wachstums und der Eigenwertigkeit jeder musikgeschichtl. Epoche durch, dem A. W. Ambros noch die kulturhistor. Perspektive hinzufügt. Zugleich verlagert sich das Interesse im Gefolge histor. Wiedererweckungsbemühungen (Neuausgaben alter Musik und nat. Denkmäler, Komponistengesamtausgaben) auf die Spezialforschung. Einen Schwerpunkt bildet die Musikerbiographie. Das 20. Jh. bringt ein neues Verständnis der M. als Problemgeschichte (H. Riemann), als Stilgeschichte (G. Adler), als Formen- und Gattungsgeschichte (H. Kretzschmar) und als Geistesgeschichte (W. Gurlitt, H. Besseler, J. Chailley, J. S. Handschin). Die neuere Forschung ist durch die fortschreitende Spezialisierung und die Ausbildung neuer Teildisziplinen (z. B. Musikterminologie, Musikikonographie) gekennzeichnet sowie durch den Versuch, die in anderen Wissenschaften erarbeiteten Methoden und Erkenntnisse für die Interpretation musikgeschichtl. Phänomene zu nutzen.
▣ Literatur:
Handschin, J.: M. im Überblick. Wilhelmshaven 61990.
⃟ Schaper, H.-C.: M. kompakt. Grundwissen u. Beispiele, 2 Bde. Mainz 1993-96.
⃟ Dietel, G.: M. in Daten. München 1994.
⃟ Hoetzl, E.: M. heute? Versuch einer Perspektive. Wien u. a. 1995.
⃟ Pahlen, K.: Die große Geschichte der Musik. Sonderausg. München 1998.
Musikgeschichte,Bez. sowohl für den Ablauf allen auf die Musik bezogenen Geschehens in der Vergangenheit, wie es sich in der Entwicklung von Komposition (Stile, Gattungen, Satztechniken), Tonsystemen, Notenschrift und Instrumenten offenbart, als auch für die Erforschung und Darstellung dieses Geschehens. Den wissenschaftlich-literar. Niederschlag finden die musikhistor. Betrachtung und deren Gegenstand in der Musikgeschichtsschreibung, die auf der Basis der musikwiss. Detailforschung eine Zusammenschau anstrebt. Das spätantike (Pseudo-Plutarch, 2./3. Jh.) und mittelalterl. Schrifttum (z. B. Guido von Arezzo, »Micrologus«) enthält frühe Beispiele histor. Betrachtung. Während im MA. die Herausbildung musikal. Neuerungen in einem ungebrochenen, das jeweils Neue aus dem Alten ableitenden Traditionsprozess erfolgt (Ars antiqua, Ars nova), wird im Humanismus und in der Renaissance mit der Ausrichtung an antiken Vorbildern der Boden bereitet für das moderne Bewusstsein von Geschichte als Gegenstand einer Wiederentdeckung und geistigen Durchdringung der musikal. Vergangenheit mittels Sammelns und krit. Auswertung der Quellen, wie es im 17. Jh. ansatzweise in Arbeiten von M. Praetorius, A. Kircher, W. C. Printz und G. A. Bontempi zu beobachten ist. Die musikal. Universalgeschichten des 18. Jh., u. a. von C.-H. de Blainville, J.-B. de Laborde, G. B. Martini, J. Hawkins, C. Burney, J. N. Forkel, vertreten die aufklärer. Auffassung eines stufenweisen Fortschritts zur Vervollkommnung, die i. d. R. mit der Kanonisierung eines bestimmten Epochenteils oder eines herausragenden Komponisten verbunden ist. Im 19. Jh. dringt bei F.-J. Fétis und R. G. Kiesewetter der Gedanke des organ. Wachstums und der Eigenwertigkeit jeder musikgeschichtl. Epoche durch, dem A. W. Ambros noch die kulturhistor. Perspektive hinzufügt. Zugleich verlagert sich das Interesse im Gefolge histor. Wiedererweckungsbemühungen (Neuausgaben alter Musik und nat. Denkmäler, Komponistengesamtausgaben) auf die Spezialforschung. Einen Schwerpunkt bildet die Musikerbiographie. Das 20. Jh. bringt ein neues Verständnis der M. als Problemgeschichte (H. Riemann), als Stilgeschichte (G. Adler), als Formen- und Gattungsgeschichte (H. Kretzschmar) und als Geistesgeschichte (W. Gurlitt, H. Besseler, J. Chailley, J. S. Handschin). Die neuere Forschung ist durch die fortschreitende Spezialisierung und die Ausbildung neuer Teildisziplinen (z. B. Musikterminologie, Musikikonographie) gekennzeichnet sowie durch den Versuch, die in anderen Wissenschaften erarbeiteten Methoden und Erkenntnisse für die Interpretation musikgeschichtl. Phänomene zu nutzen.
▣ Literatur:
Handschin, J.: M. im Überblick. Wilhelmshaven 61990.
⃟ Schaper, H.-C.: M. kompakt. Grundwissen u. Beispiele, 2 Bde. Mainz 1993-96.
⃟ Dietel, G.: M. in Daten. München 1994.
⃟ Hoetzl, E.: M. heute? Versuch einer Perspektive. Wien u. a. 1995.
⃟ Pahlen, K.: Die große Geschichte der Musik. Sonderausg. München 1998.