Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Musik
Musik[lat. musica, von grch. mousike̅́ téchnē »Kunst der Musen«] die, bei den Griechen die Geist und Gemüt bildende Betätigung im Unterschied zur Gymnastik; erst in nachklass. Zeit Name für die M. im Sinne von Tonkunst. - Die M. (Tonkunst) beruht auf Tonbeziehungen, d. h. auf der Aufeinanderfolge und/oder dem Zusammenklang mehrerer Töne. Ihre Beziehungen hinsichtlich der Tonhöhe (Schwingungsfrequenz) entsprechen Zahlenrelationen, z. B. 3 : 2 (Quinte), die bereits in archaischen M.-Theorien Beachtung fanden. Im Unterschied zu den bildenden Künsten hat das musikal. Geschehen eine zeitl. Ausdehnung, deren rhythm. Gliederung wieder auf Zahlenrelationen beruht, z. B. Halb-, Viertelton.Die wichtigsten, je nach musikal. Tradition, Gattung oder Epoche anders ausgefüllten Gestaltungsprinzipien (Parameter) sind Rhythmus, Melodie und Harmonie. Hinzu kommt die Charakterisierung des Klanges durch die jeweiligen M.-Instrumente. Es liegt nahe, die Herkunft der primär einstimmigen M. im Singen zu sehen, die der vorzugsweise auf Zusammenklang beruhenden im klanglich-instrumentalen Musizieren. Aus der gegenseitigen Durchdringung des einstimmigen und des klangl. Prinzips entstand die mehrstimmige abendländ. Musik. In ihr war bis um 1600 die melodisch-lineare Führung der Einzelstimmen, die im kontrapunkt. Satz (Kontrapunkt) zur polyphonen Einheit verbunden werden, die eigentl. formbildende Kraft; die tonale Grundlage bildeten die Kirchentöne (Kirchentonarten). Dagegen wurde in der homophon gerichteten, akkordisch gebundenen M. seit 1600 (Generalbass) und v. a. seit 1750 die Melodik stark von der Harmonie bestimmt, bei der im Sinne der Kadenz alle Töne und Zusammenklänge eines M.-Stücks auf den Dur- oder Moll-Dreiklang eines Grundtons bezogen werden (Tonart, Stimmung). Im 20. Jh. und bes. seit dem Zweiten Weltkrieg verstärkt sich die Tendenz, von dem die europ. M. seit ihren Anfängen bestimmenden System der Tonalität wegzukommen (Neue Musik).Der große Sammelbegriff M. lässt eine Einteilung nach versch. Gesichtspunkten zu. Neben der Volks-M. steht die von einzelnen Komponisten geschaffene Kunst-M. Der Kunst-M. (ernste M., E-M.) steht die Unterhaltungs-M. (U-M.) einschließlich Tanz-M. und Jazz gegenüber. Der mehrstimmigen M. (Abendland) steht die einstimmige (Antike, Orient) gegenüber, der geistl. die weltl., der absoluten M. (ohne begrifflich fassbaren Inhalt) die Programmmusik. Nach den zur Ausführung der M. erforderl. Klangkörpern unterscheidet man die beiden Hauptgruppen Instrumental- und Vokalmusik. Die Instrumental-M. gliedert sich in Orchester-, Kammer- und Salon-M., die Vokal-M. in die reine (A-cappella-M.) und die von Instrumenten begleitete Gesangs-M., in Chor- und Sologesangsmusik. - Die wichtigsten musikal. Gattungen sind: Lied, Tanz, Fuge, Kanon, Sonate, Sinfonie, Arie, Rezitativ, Oper, Oratorium, Motette und Messe. Der nachschaffende, ausübende Musiker (Interpret) ist der Mittler zw. Komponist und Hörer. In dem Maße, wie die Komponisten neuerer M. von der traditionellen Notation und damit der völligen Reglementierung der M.-Wiedergabe abkommen, nähert sich die Bedeutung des Interpreten der des Komponisten.Die Anfänge der M. liegen im Kultischen. Die musikal. Entwicklung jenseits des europäisch-geschichtl. Bereichs kann grundsätzlich nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit ihren ganzheitlich-menschl. Bindungen gesehen werden. Leben und Musik bildeten beim mythisch denkenden Menschen der Vorzeit eine untrennbare Einheit. Mit Beginn des abendländ. Denkens war bei den Griechen die M. zunächst noch eine der Komponenten der »musike̅́« (die anderen waren die Sprache als Vers und der Tanz). Erst danach, v. a. im Verlauf der christl. Zeit, bahnte sich die M. den Weg zur autonomen Kunst. (frühchristliche Musik, byzantinische Musik)
Literatur:
Nestler, G.: Geschichte der M. Die großen Zeiträume der M. von den Anfängen bis zur elektron. Komposition. Mainz u. a. 31988.
Dahlhaus, C. u. Eggebrecht, H. H.: Was ist M.? Wilhelmshaven 21987.
Eggebrecht, H. H.: M. verstehen. München u. a. 1995.
Hempel, C.: Neue allg. Musiklehre. Mainz 1997.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Musik