Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Minderheit
Minderheit(Minorität), als ergänzender Begriff zu Mehrheit in der Verfassungsdiskussion seit der Antike eine Bez. für den jeweils in einer Abstimmung unterlegenen Teil einer Gesamtgruppe. M. gibt es auf versch. Gebieten: 1) im Verfassungs- und Staatsrecht bei zu treffenden polit. Entscheidungen; 2) im Bereich der polit. Geschichte und des Völkerrechts als Bez. für eine Gruppe von Menschen, die nicht alle als wichtig erachteten Merkmale der Mitgl. eines polit. Verbandes (Nation, Staat) aufweisen (wollen); 3) im religiösen Bereich als Abweichung von einer dominierenden Religionsgemeinschaft unter Beanspruchung gleicher Geltung; 4) in den Sozialwiss. als Bez. für Menschen und soziale Gruppen, denen Anderssein bezüglich der gesamtgesellschaftlich bestimmenden Merkmale zugesprochen wird oder die dieses für sich beanspruchen (Randgruppen); 5) in sozialpsycholog. Sicht für Menschen, die sich in ihrer Persönlichkeitsstruktur, in ihrem Verhalten und in ihrer Konstitution von anderen Menschen und deren sozialen Normen unterscheiden. M. bezeichnet nicht nur einen vorhandenen Tatbestand oder ein Zahlen- oder Machtverhältnis, sondern eine soziale Beziehung, innerhalb deren, durch die Normen einer bestimmenden Gruppe, andere Menschen, Gruppen und Verhaltensweisen mit weniger Anerkennung ausgestattet werden und infolgedessen in ihren Lebens- und Durchsetzungschancen begrenzter sind, als es die bestehenden Möglichkeiten zulassen.
Angehörige von M. werden in zahlr. Staaten verfassungs- und völkerrechtlich durch Individualrechte geschützt. Dieser »mittelbare« M.-Schutz begründet sich in Dtl. u. a. aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3, Abs. 1 GG) und dem Diskriminierungsverbot (Art. 3, Abs. 3 GG), dem »Internat. Pakt über bürgerl. und polit. Rechte« (Polit. Pakt) und dem »Internat. Pakt über wirtsch., soziale und kulturelle Rechte« (Sozialpakt) der UN (1966), dem »Internat. Abkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung« (1965), der »Europ. Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten« (1950). Alle diese Verträge (Ausnahme Sozialpakt) verpflichten die Unterzeichnerstaaten zur Gleichbehandlung von rass., religiösen, nat. und ethn. M. im innerstaatl. Recht. Dem M.-Schutz dient in Dtl. des Weiteren das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten (z. B. für Verf.änderungen), die Gewährleistung von Grundrechten, die durch Gesetze nicht beliebig einschränkbar sind, auch das Verhältniswahlrecht, das u. a. M. die Beteiligung an der parlamentar. Repräsentation sichern soll; auf sozialer Ebene z. B. die Vertretung von Arbeitern und Angestellten im Betriebsrat entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betrieb.
▣ Literatur:
Heckmann, F.: Ethn. M.en, Volk u. Nation. Soziologie inter-ethn. Beziehungen. Stuttgart 1992.
⃟ Boden, M.: Nationalitäten, M.en u. ethn. Konflikte in Europa. Ursprünge, Entwicklungen, Krisenherde. Ein Handbuch. München 1993.
⃟ Markefka, M.: Vorurteile - M.en - Diskriminierung. Ein Beitrag zum Verständnis sozialer Gegensätze. Neuwied u. a. 71995.
⃟ M.en als Konfliktpotential in Ostmittel- u. Südosteuropa, hg. v. G. Seewann. München 1995.
Minderheit(Minorität), als ergänzender Begriff zu Mehrheit in der Verfassungsdiskussion seit der Antike eine Bez. für den jeweils in einer Abstimmung unterlegenen Teil einer Gesamtgruppe. M. gibt es auf versch. Gebieten: 1) im Verfassungs- und Staatsrecht bei zu treffenden polit. Entscheidungen; 2) im Bereich der polit. Geschichte und des Völkerrechts als Bez. für eine Gruppe von Menschen, die nicht alle als wichtig erachteten Merkmale der Mitgl. eines polit. Verbandes (Nation, Staat) aufweisen (wollen); 3) im religiösen Bereich als Abweichung von einer dominierenden Religionsgemeinschaft unter Beanspruchung gleicher Geltung; 4) in den Sozialwiss. als Bez. für Menschen und soziale Gruppen, denen Anderssein bezüglich der gesamtgesellschaftlich bestimmenden Merkmale zugesprochen wird oder die dieses für sich beanspruchen (Randgruppen); 5) in sozialpsycholog. Sicht für Menschen, die sich in ihrer Persönlichkeitsstruktur, in ihrem Verhalten und in ihrer Konstitution von anderen Menschen und deren sozialen Normen unterscheiden. M. bezeichnet nicht nur einen vorhandenen Tatbestand oder ein Zahlen- oder Machtverhältnis, sondern eine soziale Beziehung, innerhalb deren, durch die Normen einer bestimmenden Gruppe, andere Menschen, Gruppen und Verhaltensweisen mit weniger Anerkennung ausgestattet werden und infolgedessen in ihren Lebens- und Durchsetzungschancen begrenzter sind, als es die bestehenden Möglichkeiten zulassen.
Angehörige von M. werden in zahlr. Staaten verfassungs- und völkerrechtlich durch Individualrechte geschützt. Dieser »mittelbare« M.-Schutz begründet sich in Dtl. u. a. aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3, Abs. 1 GG) und dem Diskriminierungsverbot (Art. 3, Abs. 3 GG), dem »Internat. Pakt über bürgerl. und polit. Rechte« (Polit. Pakt) und dem »Internat. Pakt über wirtsch., soziale und kulturelle Rechte« (Sozialpakt) der UN (1966), dem »Internat. Abkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung« (1965), der »Europ. Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten« (1950). Alle diese Verträge (Ausnahme Sozialpakt) verpflichten die Unterzeichnerstaaten zur Gleichbehandlung von rass., religiösen, nat. und ethn. M. im innerstaatl. Recht. Dem M.-Schutz dient in Dtl. des Weiteren das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten (z. B. für Verf.änderungen), die Gewährleistung von Grundrechten, die durch Gesetze nicht beliebig einschränkbar sind, auch das Verhältniswahlrecht, das u. a. M. die Beteiligung an der parlamentar. Repräsentation sichern soll; auf sozialer Ebene z. B. die Vertretung von Arbeitern und Angestellten im Betriebsrat entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Betrieb.
▣ Literatur:
Heckmann, F.: Ethn. M.en, Volk u. Nation. Soziologie inter-ethn. Beziehungen. Stuttgart 1992.
⃟ Boden, M.: Nationalitäten, M.en u. ethn. Konflikte in Europa. Ursprünge, Entwicklungen, Krisenherde. Ein Handbuch. München 1993.
⃟ Markefka, M.: Vorurteile - M.en - Diskriminierung. Ein Beitrag zum Verständnis sozialer Gegensätze. Neuwied u. a. 71995.
⃟ M.en als Konfliktpotential in Ostmittel- u. Südosteuropa, hg. v. G. Seewann. München 1995.