Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Mikroskop
Mikroskop[grch. skopeĩn »sehen«] das,
1) Astronomie: (lat. Microscopium) Sternbild am Südhimmel.
2) Optik: Gerät, mit dem kleine Gegenstände vergrößert betrachtet oder abgebildet werden, i. e. S. unter Verwendung von Lichtstrahlen (Licht-M.).Aufbau und Theorie: Ein M. besteht im Wesentlichen aus zwei opt. Systemen, dem Objektiv und dem Okular, die durch einen Tubus miteinander verbunden sind, einer Beleuchtungseinrichtung sowie dem Objekttisch und Stativ zur Halterung der opt. Teile. Die Beleuchtungseinrichtung besteht i. d. R. aus einer im Stativ eingebauten Mikroskopleuchte, die sich zum Kollektor (Linse oder Linsensystem dicht vor der Lampe) und der hinter diesem befindl. Irisblende (sog. Leuchtfeldblende) justieren lässt. Der Kondensator ist ein oft kompliziertes Linsen- oder Spiegelsystem, das die Leuchtfeldblende in die Objektebene abbildet. Zur Regelung der Beleuchtungsaperatur ist eine verstellbare Aperturblende am Kondensator angebracht. Das Objektiv liefert (meist in Verbindung mit einer Tubuslinse) ein vergrößertes reelles Zwischenbild des Objekts, das mit dem Okular nochmals vergrößert betrachtet werden kann; zur Einstellung versch. Vergrößerungen können mithilfe eines Revolvers die opt. Systeme ausgetauscht werden. Für beidäugiges Sehen stattet man M. mit zwei Okularen (Binokular-M.) aus. Nach Art der Beleuchtung unterscheidet man Durchlicht-M., bei denen dünne, transparente Objekte durchstrahlt werden, und Auflicht-M. zur Untersuchung der Oberfläche undurchsichtiger Körper. Für beide M. sind versch. Beleuchtungsstrahlengänge möglich: Im Ggs. zur gewöhnl. Hellfeldbeleuchtung, bei der das gesamte beleuchtende Licht in das Objektiv eindringt, erscheinen bei der Dunkelfeldbeleuchtung die Objekte nur in ihren Konturen, da das nicht am Objekt gebeugte Licht am Objektiv vorbeigeführt wird. - Für die Güte eines M. sind dessen Vergrößerung und das Auflösungsvermögen maßgebend. Beide werden nach der abbeschen Theorie durch die numer. Apertur A des Objektivs bestimmt, die von dessen Öffnungswinkel σ und dem Medium (Brechzahl n) zw. Objekt und Objektiv abhängt: A = n sin σ. Die maximale Vergrößerung eines Licht-M. liegt daher bei übl. opt. Systemen zw. etwa 500 A und 1 000 A. Durch die Wahl kleinerer Wellenlängen λ kann das Auflösungsvermögen erhöht werden, da zwei Objektpunkte dann noch getrennt abgebildet werden können, wenn ihr Abstand größer als λ/A ist. Mit sichtbarem Licht können noch Objektpunkte mit einem Abstand von 0,2 bis 0,5 μm aufgelöst werden.M.-Arten und Verwendung: Durch Ausstattung mit opt. Zusatzsystemen, wie elektron. oder fotograf. Bildaufzeichnung (Mikrofotografie), Projektionseinrichtungen, Videomonitoren u. a., Anwendung besonderer Untersuchungsmethoden sowie durch den modularen Aufbau ist das M. zu einem vielseitig anwendbaren opt. Gerät geworden. Bei Benutzung ultravioletten Lichts (Ultraviolett-M.) kann das Auflösungsvermögen gegenüber dem des Licht-M. auf über das Doppelte gesteigert werden. Noch wesentlich höhere Auflösungen werden mit dem Elektronenmikroskop erreicht. Das Rastertunnelmikroskop beruht auf dem Tunneleffekt von Elektronen durch das Vakuum. Das akustische M. (Ultraschallmikroskop) arbeitet mit Ultraschallwellen, die besondere Zellstrukturen darstellen. Immersions-M. enthalten zur Steigerung der numer. Apertur eine Immersionsflüssigkeit (z. B. Glycerin, Öle) hoher Brechzahl. Teilchen, deren Größe unter dem Auflösungsvermögen des M. liegt, lassen sich mit dem Ultra-M. unter Verzicht auf die Abbildung ihrer Größe und Gestalt sichtbar machen. Der Untersuchung optisch anisotroper Substanzen (z. B. Kristalle, Minerale) mit polarisiertem Licht dienen Polarisationsmikroskope. Mit dem Phasenkontrast-M. und dem Interferenz-M. werden auch Objekte sichtbar, die sich nicht durch Farbe oder Helligkeit (Amplitudenkontrast), sondern nur durch geringe Brechzahlunterschiede (und damit einen Phasenunterschied der Lichtwellen) von ihrer Umgebung unterscheiden. Stereo-M. werden zur räuml. Beobachtung und Präparation von Objekten, z. B. in der Medizin als Operations-M., eingesetzt. Das opt. Raster-M. (Laserscan-M.) arbeitet ähnlich wie ein elektron. Raster-M., nur dass statt eines Elektronenstrahls ein fokussierter Laserstrahl über das zu beobachtende Objekt geführt wird. Die Verstärkung der punktförmigen Bildsignale mittels eines Photomultipliers und eine nachträgl. Videoverstärkung ermöglichen eine breite Variation der Helligkeit und des Kontrasts.Geschichte: Der erste bekannte Hinweis auf die vergrößernde Wirkung zweier Linsen stammt von G. Fracastoro (1538). Das erste zusammengesetzte M. wurde dann vermutlich von den holländ. Brillenmachern H. und Z. Janssen um 1590 gebaut und von A. van Leeuwenhoek weiterentwickelt. E. Abbe schuf ab 1869 die theoret. Grundlagen der mikroskop. Abbildung. C. Zeiss fertigte ab 1872 M.-Objektive mit den von O. Schott entwickelten opt. Gläsern an. Eine zunehmende Differenzierung setzte im M.-Bau ab 1900 mit der Ausnutzung wesentl. physikal. Effekte (Polarisation, Fluoreszenz u. a.) ein.
Literatur:
Rzeznik, J.: Das M. gestern, heute, morgen. Ehningen 1988.
Bradbury, S.: An introduction to the optical microscope. Oxford 1994.
Wilson, C.: The invisible world. Early modern philosophy and the invention of the microscope. Princeton, N. J., 1995.
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