Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Messe
I Messe[von engl. mess, eigtl. »Speise«, »Gericht«], Aufenthalts- und Speiseraum für Offiziere und Mannschaften auf Schiffen.
II Messe
[lat. missa, zu missio »Entlassung«],
1) bes. oberdt., mitteldt.: Jahrmarkt.
2) Liturgie: seit dem 5. Jh. in der lat. Kirche, heute in der kath. Kirche Bez. des Gottesdienstes, abgeleitet von seiner Entlassungsformel: ite, missa est, »geht, (die Versammlung) ist entlassen«; seit 150 belegt als Form des christl. Hauptgottesdienstes, bestehend aus Wortgottesdienst und Mahlfeier nach dem Vorbild des letzten Abendmahls Jesu. Nach der Liturgiekonstitution des 2. Vatikan. Konzils gliedert sich die M. heute in: 1. Eröffnung: Introitus, Begrüßung, Schuldbekenntnis, Gloria und Tagesgebet; 2. Wortgottesdienst: Lesungen (aus A. T. und N. T.), Evangelium, Predigt, Credo, Fürbitten; 3. Eucharistiefeier: Bereitung der Gaben, Gabengebet, Präfation, Sanctus, eucharist. Hochgebet mit Wandlungsworten, Fürbitten für die Lebenden und Verstorbenen, Vaterunser, Agnus Dei, Friedensgruß, Kommunion; 4. Entlassung mit Segen. Schwerpunkte der im Anschluss an das 2. Vatikan. Konzil durchgeführten Liturgiereform waren die stärkere Beteiligung der Laien am Vollzug der M. und die Einführung der Landessprachen (bis auf besondere Anlässe) anstelle der lat. Sprache. Die reformator. Gottesdienstordnungen schließen sich liturgisch, trotz eines unterschiedl. theolog. Verständnisses des Gottesdienstes, weitgehend der traditionellen Gestalt der M. an. (Eucharistie, Gottesdienst, Kommunion, Liturgie)
Literatur:
Emminghaus, J. H.: Die M. Klosterneuburg 51992.
3) Musik: musikalisch-zykl. Form, bestehend aus den fünf Ordinariumsteilen Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus (mit Benedictus) und Agnus Dei. Die freie Komposition des M.-Textes begann erst im 14. Jh. (G. de Machaut). Sie gelangte in der polyphonen Kunst der Niederländer im 15./16. Jh. zu hoher Blüte (G. Dufay, G. Binchois, J. Ockeghem, J. Obrecht, Josquin Desprez, O. di Lasso u. a.). Oft sind in diesen M. weltl. Volkslieder als Cantus firmus (Tenor) verwendet. Den Höhepunkt der M.-Musik bedeuten die A-cappella-Schöpfungen G. P. da Palestrinas. Daneben entwickelten sich seit dem 17. Jh. neue Formen, v. a. die Orchester- und Kantaten-M. (mit Chor, Soli, Orgel und Orchester): J. S. Bach (h-Moll-Messe), J. und M. Haydn, W. A. Mozart (Krönungs-M.), L. van Beethoven (Missa solemnis), F. Schubert, F. Liszt u. a. A. Bruckners späte M. sind ein Höhepunkt der sinfon. Messkomposition. Auf der Basis zeitgenöss. Kompositionstechniken entstanden M.-Vertonungen u. a. von I. Strawinsky, P. Hindemith, D. Schnebel und O. Messiaen.
Literatur:
Fellerer, K. G.: Die M. Ihre musikal. Gestalt vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Dortmund 1951.
Georgiades, T. G.: Musik u. Sprache. Das Werden der abendländ. Musik, dargestellt an der Vertonung der M. Berlin u. a. 21974, Nachdr. ebd. 1984.
4) Wirtschaft: Veranstaltung mit Marktcharakter, auf der Waren eines oder mehrerer Wirtschaftszweige (Fach- oder allg. M.) an besonderen Orten angeboten werden. Die M. finden in regelmäßigem Turnus (z. B. Frühjahrs-M., Herbst-M.) statt und sind von regionaler, überregionaler, oft internat. Bedeutung. Der Zutritt ist Fachbesuchern (Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter, Großabnehmer) vorbehalten; z. T. stehen die M. auch einem allg. Publikum zur Information offen. Waren-M., die dem unmittelbaren Warenaustausch dienen, entstanden im MA. im Anschluss an Kirchenfeste oder Jahrmärkte. M. durften durch die Städte nur aufgrund besonderer M.-Privilegien veranstaltet werden. Wichtige Waren-M. waren im 12. und 13. Jh. die M. der Champagne, später die von Brügge, Antwerpen, Paris, Lyon, Nischni Nowgorod, Frankfurt am Main, Köln, Leipzig, Frankfurt (Oder). Muster-M., auf denen nur Waren nach ausgestellten Mustern verkauft werden, haben sich seit Mitte des 19. Jh. in ihrer heutigen Form zuerst in Leipzig entwickelt. Wichtige M.-Städte in Dtl. sind Frankfurt am Main, Hannover, Düsseldorf, Köln, München, Stuttgart, Leipzig und Berlin. Bedeutende M. im Ausland werden u. a. in Paris, Lyon, Utrecht, London, Mailand, Wien, Basel, Chicago und New York abgehalten. - Wirtschaftliche Bedeutung der M.: Überblick über das Angebot, bes. auch über Innovationen, auf einem Markt, Vergleich der Wettbewerbsfähigkeit von Anbietern, Kontakt- und Imagepflege, Geschäftsabschlüsse auf M. gelten als Konjunkturbarometer.
Literatur:
P. Johanek Europ. M.n u. Märktesysteme in MA. u. Neuzeit, hg. v. u. H. Stoob. Köln u. a. 1996.
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