Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Menschenrechte
Menschenrechte,Rechte, die jedem Menschen unabhängig von seiner Stellung in Staat, Gesellschaft, Familie, Beruf, Religion und Kultur bereits dadurch zustehen, dass er als Mensch geboren ist. Auch andere Merkmale wie Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, polit. oder sonstige weltanschaul. Vorstellungen, nat. oder soziale Herkunft lassen die Gültigkeit der mit der bloßen Existenz als Mensch verbundenen M. unberührt. Zentraler Begriff der M. ist die Menschenwürde als die unbedingte Anerkennung des Einzelnen als eines Trägers gleicher Freiheit, deren Gebrauch unabhängig von anderen Menschen erlaubt sein muss. M. werden insoweit durch staatl. Normierungen nicht geschaffen, sondern können durch diese als etwas Vorhandenes lediglich anerkannt werden.Auch wenn die Idee der M. das Produkt einer spezifisch neuzeitlichen abendländ. Problemkonstellation war, hat sich doch eine universale Grundlage für die Diskussion der M. als individuelle Rechte etabliert. Das gilt, obwohl ihre Gültigkeit durch religiöse, polit. oder weltanschaul. Totalitarismen infrage gestellt wird. In den Verfassungstexten formulierte M. werden i. d. R. als Grundrechte bezeichnet.
Auf die völkerrechtl. Ebene konnte die Diskussion über M. erst im 20. Jh. vordringen. Dies erklärt sich aus der Grundstruktur des Völkerrechts als eines Rechts der souveränen Staaten. Der Einzelmensch erhielt durch völkerrechtl. Rechtsnormen weder Rechte noch Pflichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten die Vereinten Nationen (UN) die Stärkung der M.-Idee auf der internat. Ebene mit Nachdruck fort. Ein Markstein ist die Allgemeine Erklärung der M., die am 10. 12. 1948 verkündet wurde, die allerdings nur empfehlenden Charakter besitzt. Verbindl. Konventionen sind dagegen zwei am 19. 12. 1966 verabschiedete, später in Kraft getretene Vertragswerke, nämlich der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Abk. IPbürgR, in Kraft seit 23. 3. 1976) und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Abk. IPwirtR, in Kraft seit 3. 1. 1976) als Kernstücke des internat. M.-Schutzes. Der IPbürgR wiederholt im Wesentlichen die in der Allgemeinen Erklärung der M. enthaltenen Rechte. Eine schwächere Verpflichtung ist in dem IPwirtR enthalten. Die tatsächl. Lage der M. wird von der UN durch versch. Kommissionen und Beauftragte beobachtet; zu ihrer Verbesserung sind zahlreiche Abkommen geschlossen worden. 1993 wurde das Amt eines Hochkommissars für M. geschaffen.
Auf regionaler Ebene existieren als Pakte zum Schutze der M. die Europ. Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4. 11. 1950 ( Europarat) mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als Kontrollorgan, die Amerikan. Menschenrechtskonvention der Organisation Amerikan. Staaten (OAS) vom 22. 11. 1969 (AMRK) sowie die Afrikan. Charta der Rechte der Menschen und Völker (»Banjul-Charta«), die am 21. 10. 1986 in Kraft getreten ist. Der gesamte völkerrechtl. M.-Schutz leidet noch immer darunter, dass er in erster Linie innerstaatl. Organen übertragen ist. Die völkerrechtl. Instrumente können nur die Staaten als solche verpflichten. Die Kontrolle über die Erfüllung der völkerrechtl. Pflichten ist wegen des Fehlens eines internat. Exekutivorgans und einer internat. obligator. Gerichtsbarkeit sehr erschwert. Nur auf regionaler Ebene (EMRK, AMRK) sind Ansätze für eine internat. Gerichtskontrolle geschaffen worden. Der Zugang des Einzelnen zu einer solchen internat. Gerichtsbarkeit stößt aber immer noch auf rechtsdogmat. Schwierigkeiten, weil der internat. M.-Schutz die Schwelle der nat. Souveränität noch nicht überwunden hat.
Literatur:
Hanz, M.: Zur völkerrechtl. Aktivlegitimation zum Schutze der M. München 1985.
Heinz, W. S.: M. in der Dritten Welt. München 1986.
Menschen- u. Bürgerrechte, hg. v. U. Klug u. a. Stuttgart 1988.
Sieghart, P.: Die geltenden M. A. d. Amerikan. Kehl am Rhein u. a. 1988.
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