Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Mauretanien
Mauretani|en⃟ Fläche: 1 030 700 km2
Einwohner: (1995) 2,274 Mio.
Hauptstadt: Nouakchott
Verwaltungsgliederung: 12 Regionen und Hauptstadtdistrikt
Amtssprache: Arabisch
Nationalfeiertag: 28. 11.
Währung: 1 Ouguiya (UM) = 5 Khoums (KH)
Zeitzone: MEZ — 1 Std.
(frz. Mauritanie, amtlich arab. Al-Djumhurijja al-Islamijja al-Muritanijja, dt. Islam. Republik M.), Staat in W-Afrika, grenzt im W an den Atlantik, im NW an das Gebiet Westsahara, im NO an Algerien, im O und S an Mali, im SW an Senegal.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1991 ist M. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt ist der mit großen Vollmachten ausgestattete Präs. (direkt gewählt); er ernennt das Kabinett unter Vorsitz des Premiermin. (seit 1992), kann das Parlament auflösen und den Ausnahmezustand verhängen. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Senat (56 Mitgl.) und Abg.haus (79 Abg.). Beherrschende Partei ist die Republikanisch-Demokrat. und Soziale Partei (PRDS); außerdem u. a. Union der Demokrat. Kräfte Neue Ära (UFD-EN). Politisch bedeutsam sind ferner radikal-islam. und ethnisch orientierte Untergrundorganisationen.
Landesnatur: M. gehört überwiegend zur westl. Sahara, der S zur Dornsavanne der Sahelzone. Östlich einer ausgedehnten Küstenebene steigt das Land in Steilstufen zu Hochebenen (um 500 m ü. M.), die von einzelnen Inselbergen (bis 915 m ü. M.) überragt werden, an. Die Hochebenen senken sich nach NO zum dünenerfüllten Becken von El-Djouf. Vorherrschend trockenes Wüstenklima; nur im SW 200-500 mm sommerl. Niederschläge (Randtropen).
Bevölkerung: Rund 80 % sind Mauren (1/3 weiße Bidani, 1/3 negride Harratin), 20 % als Feldbauern v. a. im S lebende Schwarzafrikaner (Wolof, Tukulor, Soninke, Bambara u. a.). Infolge Dürreperioden Rückgang der Nomaden (1967: 85 %; 1988: 17 %) und Anwachsen der städt. Bev. (rd. 52 %); ein Großteil der Nomaden haust in Hütten und Zelten am Rand der Städte. - Grundschulpflicht vom 6. bis 11. Lebensjahr; die Analphabetenquote beträgt 62 %; Univ. in Nouakchott (gegr. 1983). - Staatsreligion ist der (sunnit.) Islam.
Wirtschaft, Verkehr: Die Landwirtschaft ist Existenzgrundlage für 2/3 der Erwerbstätigen und dient fast ausschl. der Selbstversorgung. Im Überschwemmungsgebiet des Senegal Anbau v. a. von Hirse, Hülsenfrüchten und Erdnüssen, in den Oasen im N Dattelpalmen; Gewinnung von Gummiarabikum. Wichtig ist die Viehhaltung (im N durch Nomaden), bes. Rinder, Schafe, Ziegen und Kamele; gefährlich ist die Übernutzung der Weiden. Der Fischreichtum vor der Küste wird zunehmend genutzt (200-Seemeilen-Zone; auch Vergabe von Fanglizenzen; Fischereihafen Nouadhibou, Verarbeitungsbetriebe); Flussfischerei im Senegal zur Selbstversorgung. Wichtigster Wirtschaftszweig ist der Bergbau; Abbau von Eisenerz bes. um Zouérate, Kupfererz bei Akjoujt (Förderung derzeit unterbrochen), ferner Gips; Vorkommen an Phosphat und Schwefel sind bekannt. Erdölraffinerie in Nouadhibou; Verarbeitung von landwirtsch. Produkten. Ausfuhr von Eisenerz (50 % der Exporterlöse), Fisch und Fischerzeugnissen, ferner Gips, Gummiarabikum. Haupthandelspartner: Frankreich. - Das Straßennetz ist 7 500 km lang, davon 1 700 km asphaltiert (darunter die »Straße der Hoffnung« zw. Nouakchott und Nema); die Eisenbahnlinie zum Exporthafen Point -Central bei Nouadhibou (670 km) dient dem Erztransport ab Zouérate. Küstenhäfen und internat. Flughäfen sind Nouadhibou und Nouakchott.
Geschichte: Seit dem 4. Jh. n. Chr. wanderten in das heutige M. von N her Berber ein, die im 11. Jh. islamisiert wurden. Nach dem Zusammenbruch des Reiches der Almoraviden (1147) blieb der N-Teil des Landes in loser Abhängigkeit von Marokko, der S-Teil gehörte zum Reich Mali. Nach 1900 eroberte Frankreich das heutige M., proklamierte 1904 das Territorium M. und gliederte es 1920 Frz.-Westafrika ein, gab ihm 1946 den Status eines Überseeterritoriums innerhalb der Frz. Union, 1958 den einer autonomen Republik innerhalb der Frz. Gemeinschaft. 1960 wurde M. unabhängig. 1966 kam es im S zu blutigen Zusammenstößen zw. Mauren und Angehörigen schwarzafrikan. Stämme. Mit der Aufteilung des bis 1975/76 von Spanien beherrschten Gebietes von Westsahara zw. Marokko und M. sah sich M. in krieger. Aktionen mit der POLISARIO verwickelt, die im Gebiet von Westsahara einen selbstständigen Staat errichten will. Nach dem Sturz von Staatspräs. M. O. Daddah (1961-78) zog M. 1979 seine Ansprüche auf die Westsahara zurück und schloss mit der POLISARIO einen Friedensvertrag (1979). Seitdem herrscht das »Militärkomitee des Nat. Heils«, dessen Vors. Staats- und Reg.chef ist (seit 1984 M. O. S. A. Taya, zuletzt 1997 wiedergewählt). Anfang 1989 kam es zu Spannungen mit Senegal; 1989/90 verschärfte sich der ethn. Konflikt zw. Mauren und Schwarzafrikanern erneut. Im Nov. 1990 scheiterte ein Putschversuch von Vertretern der schwarzafrikan. Bev.minderheit gegen Staatspräs. Taya. In einem Referendum wurde 1991 eine neue Verf. angenommen, die die Zulassung mehrerer polit. Parteien ermöglichte. Bei den Parlamentswahlen von 1992 und 1996 gewann die Partei von Präs. Taya (PRDS) die absolute Mehrheit. Im Jan. 1995 kam es als Folge drast. Erhöhungen des Brotpreises zu sozialen Unruhen. Mit der Ausweisung des irak. Botschafters Ende 1995 vollzog M., das während der Golfkrise 1990/91 noch auf Seiten des Irak stand, einen außenpolit. Kurswechsel.
▣ Literatur:
Calderini, S.u. a.:Mauritania. Oxford 1992.
⃟ Clausen, U.: Demokratisierung in M. Einführung u. Dokumente. Hamburg 1993.
⃟ M. Eine Einführung, hg. v. U. Clausen. Hamburg 1994.
⃟ Ruf, U. P.: Mobil Sesshafte. Sedentarisierung u. Geschichte der Nomaden in M. Saarbrücken 1995.
⃟ Pazzanita, A. G.: Historical dictionary of Mauritania. Lanham, Md., 21996.
Einwohner: (1995) 2,274 Mio.
Hauptstadt: Nouakchott
Verwaltungsgliederung: 12 Regionen und Hauptstadtdistrikt
Amtssprache: Arabisch
Nationalfeiertag: 28. 11.
Währung: 1 Ouguiya (UM) = 5 Khoums (KH)
Zeitzone: MEZ — 1 Std.
(frz. Mauritanie, amtlich arab. Al-Djumhurijja al-Islamijja al-Muritanijja, dt. Islam. Republik M.), Staat in W-Afrika, grenzt im W an den Atlantik, im NW an das Gebiet Westsahara, im NO an Algerien, im O und S an Mali, im SW an Senegal.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1991 ist M. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt ist der mit großen Vollmachten ausgestattete Präs. (direkt gewählt); er ernennt das Kabinett unter Vorsitz des Premiermin. (seit 1992), kann das Parlament auflösen und den Ausnahmezustand verhängen. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Senat (56 Mitgl.) und Abg.haus (79 Abg.). Beherrschende Partei ist die Republikanisch-Demokrat. und Soziale Partei (PRDS); außerdem u. a. Union der Demokrat. Kräfte Neue Ära (UFD-EN). Politisch bedeutsam sind ferner radikal-islam. und ethnisch orientierte Untergrundorganisationen.
Landesnatur: M. gehört überwiegend zur westl. Sahara, der S zur Dornsavanne der Sahelzone. Östlich einer ausgedehnten Küstenebene steigt das Land in Steilstufen zu Hochebenen (um 500 m ü. M.), die von einzelnen Inselbergen (bis 915 m ü. M.) überragt werden, an. Die Hochebenen senken sich nach NO zum dünenerfüllten Becken von El-Djouf. Vorherrschend trockenes Wüstenklima; nur im SW 200-500 mm sommerl. Niederschläge (Randtropen).
Bevölkerung: Rund 80 % sind Mauren (1/3 weiße Bidani, 1/3 negride Harratin), 20 % als Feldbauern v. a. im S lebende Schwarzafrikaner (Wolof, Tukulor, Soninke, Bambara u. a.). Infolge Dürreperioden Rückgang der Nomaden (1967: 85 %; 1988: 17 %) und Anwachsen der städt. Bev. (rd. 52 %); ein Großteil der Nomaden haust in Hütten und Zelten am Rand der Städte. - Grundschulpflicht vom 6. bis 11. Lebensjahr; die Analphabetenquote beträgt 62 %; Univ. in Nouakchott (gegr. 1983). - Staatsreligion ist der (sunnit.) Islam.
Wirtschaft, Verkehr: Die Landwirtschaft ist Existenzgrundlage für 2/3 der Erwerbstätigen und dient fast ausschl. der Selbstversorgung. Im Überschwemmungsgebiet des Senegal Anbau v. a. von Hirse, Hülsenfrüchten und Erdnüssen, in den Oasen im N Dattelpalmen; Gewinnung von Gummiarabikum. Wichtig ist die Viehhaltung (im N durch Nomaden), bes. Rinder, Schafe, Ziegen und Kamele; gefährlich ist die Übernutzung der Weiden. Der Fischreichtum vor der Küste wird zunehmend genutzt (200-Seemeilen-Zone; auch Vergabe von Fanglizenzen; Fischereihafen Nouadhibou, Verarbeitungsbetriebe); Flussfischerei im Senegal zur Selbstversorgung. Wichtigster Wirtschaftszweig ist der Bergbau; Abbau von Eisenerz bes. um Zouérate, Kupfererz bei Akjoujt (Förderung derzeit unterbrochen), ferner Gips; Vorkommen an Phosphat und Schwefel sind bekannt. Erdölraffinerie in Nouadhibou; Verarbeitung von landwirtsch. Produkten. Ausfuhr von Eisenerz (50 % der Exporterlöse), Fisch und Fischerzeugnissen, ferner Gips, Gummiarabikum. Haupthandelspartner: Frankreich. - Das Straßennetz ist 7 500 km lang, davon 1 700 km asphaltiert (darunter die »Straße der Hoffnung« zw. Nouakchott und Nema); die Eisenbahnlinie zum Exporthafen Point -Central bei Nouadhibou (670 km) dient dem Erztransport ab Zouérate. Küstenhäfen und internat. Flughäfen sind Nouadhibou und Nouakchott.
Geschichte: Seit dem 4. Jh. n. Chr. wanderten in das heutige M. von N her Berber ein, die im 11. Jh. islamisiert wurden. Nach dem Zusammenbruch des Reiches der Almoraviden (1147) blieb der N-Teil des Landes in loser Abhängigkeit von Marokko, der S-Teil gehörte zum Reich Mali. Nach 1900 eroberte Frankreich das heutige M., proklamierte 1904 das Territorium M. und gliederte es 1920 Frz.-Westafrika ein, gab ihm 1946 den Status eines Überseeterritoriums innerhalb der Frz. Union, 1958 den einer autonomen Republik innerhalb der Frz. Gemeinschaft. 1960 wurde M. unabhängig. 1966 kam es im S zu blutigen Zusammenstößen zw. Mauren und Angehörigen schwarzafrikan. Stämme. Mit der Aufteilung des bis 1975/76 von Spanien beherrschten Gebietes von Westsahara zw. Marokko und M. sah sich M. in krieger. Aktionen mit der POLISARIO verwickelt, die im Gebiet von Westsahara einen selbstständigen Staat errichten will. Nach dem Sturz von Staatspräs. M. O. Daddah (1961-78) zog M. 1979 seine Ansprüche auf die Westsahara zurück und schloss mit der POLISARIO einen Friedensvertrag (1979). Seitdem herrscht das »Militärkomitee des Nat. Heils«, dessen Vors. Staats- und Reg.chef ist (seit 1984 M. O. S. A. Taya, zuletzt 1997 wiedergewählt). Anfang 1989 kam es zu Spannungen mit Senegal; 1989/90 verschärfte sich der ethn. Konflikt zw. Mauren und Schwarzafrikanern erneut. Im Nov. 1990 scheiterte ein Putschversuch von Vertretern der schwarzafrikan. Bev.minderheit gegen Staatspräs. Taya. In einem Referendum wurde 1991 eine neue Verf. angenommen, die die Zulassung mehrerer polit. Parteien ermöglichte. Bei den Parlamentswahlen von 1992 und 1996 gewann die Partei von Präs. Taya (PRDS) die absolute Mehrheit. Im Jan. 1995 kam es als Folge drast. Erhöhungen des Brotpreises zu sozialen Unruhen. Mit der Ausweisung des irak. Botschafters Ende 1995 vollzog M., das während der Golfkrise 1990/91 noch auf Seiten des Irak stand, einen außenpolit. Kurswechsel.
▣ Literatur:
Calderini, S.u. a.:Mauritania. Oxford 1992.
⃟ Clausen, U.: Demokratisierung in M. Einführung u. Dokumente. Hamburg 1993.
⃟ M. Eine Einführung, hg. v. U. Clausen. Hamburg 1994.
⃟ Ruf, U. P.: Mobil Sesshafte. Sedentarisierung u. Geschichte der Nomaden in M. Saarbrücken 1995.
⃟ Pazzanita, A. G.: Historical dictionary of Mauritania. Lanham, Md., 21996.