Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Madagaskar
Madagạskar⃟ Fläche: 587 041 km2
Einwohner: (1995) 14,763 Mio.
Hauptstadt: Antananarivo
Verwaltungsgliederung: 6 Provinzen
Amtssprachen: Malagasy und Französisch
Nationalfeiertage: 26. 6. und 14. 10.
Währung: 1 Madagascar-Franc (FMG) = 100 Centimes (c)
Zeitzone: MEZ + 2 Std.
(amtlich malagasy Repoblikan'i Madagasikara, frz. République de Madagascar), Inselstaat im W des Ind. Ozeans, von der O-Küste Afrikas durch den 400 km breiten Kanal von Moçambique getrennt; umfasst die Insel M. (viertgrößte Insel der Erde) und einige Nebeninseln.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 19. 8. 1992 (1998 modifiziert) ist M. eine Republik. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präs. Er ernennt den MinPräs. und auf dessen Vorschlag die Mitgl. des Kabinetts. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (150 Abg., für vier Jahre gewählt). Die in der Verf. vorgesehene Bildung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) wurde bisher nicht realisiert. Das stark zersplitterte Mehrparteiensystem (rd. 150 Parteien und Gruppierungen) wird von der Vereinigung für die Wiedergeburt M.s (AREMA) dominiert. Daneben formierte sich das »Komitee der lebendigen Kräfte« (CFV).
Landesnatur: Die 1 580 km lange, bis 580 km breite Insel M. ist überwiegend ein gebirgiges Hochland, das nach O steil, nach W allmählich zu den Küsten abfällt. Die O-Küste ist eine fast gerade, lagunenreiche Ausgleichsküste. Auf eine schmale Küstenebene folgt der Steilanstieg zum Hochland (800-1 600 m ü. M.), das von vulkan. Massiven überragt wird; höchste Erhebung ist der Maromokotro im Tsaratananamassiv mit 2 876 m ü. M. Die westl. Küstenebene ist stärker gegliedert. Alle Küsten werden weithin von Korallenriffen begleitet. - Das Klima ist tropisch, jedoch differenziert nach Höhe und Lage zum SO-Passat. Die O-Seite hat ganzjährig Niederschläge. Der im Regenschatten liegende Hauptteil von M. hat eine winterl. Trockenzeit (April-Okt.) und eine sommerl. Regenzeit. Der SW ist Trockengebiet. - Die natürl. Pflanzen- und Tierwelt weist zahlr. endem. Arten auf; das Naturschutzgebiet Tsingy de Bemaraha gehört zum UNESCO-Welterbe. Der im O, an der NW-Küste und in höheren Gebirgslagen urspr. trop. Regenwald wurde durch Brandrodung und Wanderfeldbau auf ein Zehntel seines einstigen Areals reduziert. Im Hochland sind Savannen verbreitet, im SW findet sich Dornstrauchsavanne.
Bevölkerung: Rd. 98 % sind Madagassen, die jedoch in eine Vielzahl von Ethnien zerfallen, daneben Komorer, Franzosen, Inder, Chinesen. Die Bev.dichte ist am größten im klimatisch begünstigten Hochland und an einigen Punkten der O-Küste. - Schulpflicht besteht vom 7. bis 15. Lebensjahr; die Univ. von Antananarivo (gegr. 1961) wurde 1988 dezentralisiert; es wurden (nach Fachbereichen) sechs Regionalzentren gebildet. - Knapp die Hälfte der Bev. gehört Naturreligionen an, 51 % sind Christen, 5 % Muslime.
Wirtschaft, Verkehr: Die ökonomische Grundlage bildet die Landwirtschaft, in ihr sind über drei Viertel der Erwerbstätigen überwiegend in Familienbetrieben beschäftigt. Angebaut werden Reis (Grundnahrungsmittel), Mais, Kartoffeln, Maniok, Zuckerrohr, Gemüse, für den Export (80 % der Exporteinnahmen) v. a. Kaffee, Vanille, Gewürznelken, Pfeffer, Erdnüsse, Tabak, Sisal. Der Waldbestand ist nach Übernutzung stark reduziert. Von den vorhandenen Bodenschätzen werden Chromerze, Graphit, Glimmer, Phosphate, Edelsteine abgebaut; die Vorkommen von Bauxit, Eisenerz und Kohle werden bisher wenig genutzt. Der Energiebedarf wird zu zwei Dritteln durch Wasserkraftwerke gedeckt. Die Ind. verarbeitet v. a. landwirtsch. Erzeugnisse; weitere Bereiche sind Textil-, Leder-, Baustoff-, Metall-, Papier- und chem. Ind. sowie eine Erdölraffinerie. Haupthandelspartner sind Frankreich, USA, Dtl. und Japan. - Das Verkehrsnetz umfasst zwei Eisenbahnlinien von zus. 1 095 km Länge sowie 49 555 km Straßen, davon 5 401 km befestigte. Bedeutung hat die Küsten- und Lagunenschifffahrt, bes. auf dem 700 km langen Pangalaneskanal entlang der O-Küste; größte Seehäfen sind Toamasina (O-Küste) und Mahajanga (W-Küste). Ein wichtiger Verkehrsträger ist der Luftverkehr; internat. Flughafen Ivato bei Antananarivo.
Geschichte: Die Besiedlung aus dem arab. Raum, aus Afrika sowie aus S und SO-A. erfolgte vom 10. Jh. v. Chr. bis zum 10. Jh. n. Chr. und ist historisch nicht exakt datierbar. Erste Handelsniederlassungen errichteten die Araber an der NW-Küste wohl im 10. Jh. n. Chr. Im 16. Jh. errichteten Portugiesen und Franzosen Küstenstützpunkte. Um diese Zeit bestanden mehrere einheim. Staaten, u. a. das Königreich Merina, das Anfang des 19. Jh. die gesamte Insel unterwarf. 1885 wurde M. frz. Protektorat, 1896 Kolonie. 1940 schloss sich die Verw. von M. der Vichy-Regierung an; 1942 eroberten brit. und südafrikan. Truppen M. und übergaben es 1943 dem Freien Frankreich, das 1946 Autonomie im Rahmen der Frz. Union gewährte; 1947 kam es zu einem gewaltsam unterdrückten Aufstand. 1956 beschränkte innere Autonomie, 1958 selbstständige Rep. innerhalb der Frz. Gemeinschaft, 1960 unabhängig. Bis 1972 beherrschte die Sozialdemokrat. Partei unter P. Tsiranana das polit. Leben; nach schweren Unruhen verhängte General Ramanantsoa das Kriegsrecht, übergab jedoch 1975 die Regierungsgewalt an R. Ratsimandrava. Nach dessen Ermordung (1975) übernahm ein Militärrat die Regierung. Unter Präs. D. Ratsiraka (1975-93) schlug M. einen sozialist. Kurs ein. 1981, 1982 und 1986/87 kam es zu schweren Unruhen. Im Kampf gegen Ratsiraka bildete sich 1991 eine Oppositionsbewegung, organisiert im Rahmen des Comité des Forces Vives (CFV; dt. »Komitee der lebendigen Kräfte«), die unter Führung A. Zafys eine Gegenregierung bildete. Mit Demonstrationen und Aufrufen zum Generalstreik suchte diese das sozialist. Staats- und Gesellschaftssystem zugunsten einer pluralist. Demokratie (mit einem marktwirtsch. System) abzuschaffen. Auf der Grundlage einer Einigung zw. Regierung und CFV (31. 10. 1991) arbeitete ein »Nat. Forum« eine Verf. aus, die am 19. 8. 1992 von der Bev. angenommen wurde. Bei den Präsidentschaftswahlen (1992/93) unterlag in der Stichwahl im Febr. 1993 Ratsiraka seinem Herausforderer Zafy, der im März als erster Präs. der Dritten Republik vereidigt wurde. Bei den Parlamentswahlen errang das ihn unterstützende CFV die Mehrheit. Zafy gelang es in den folgenden Jahren jedoch nicht, bei wachsendem Widerstand in der Bev. (z. B. Proteste gegen wirtsch. Strukturanpassungen) einen Kurs der Erneuerung durchzusetzen, vielmehr wurde er im Sommer 1996 vom Parlament wegen Überschreitung seiner Kompetenzen des Amtes enthoben. Bei den Präsidentschaftswahlen im Nov./Dez. 1996 setzte sich Ratsiraka bei der Stichwahl durch.
▣ Literatur:
Hess, U.: M. Naturparadies im Süden. Luzern 1991.
⃟ M. Mensch u. Natur im Konflikt, hg. v. A. Bittner. Basel 1992.
Einwohner: (1995) 14,763 Mio.
Hauptstadt: Antananarivo
Verwaltungsgliederung: 6 Provinzen
Amtssprachen: Malagasy und Französisch
Nationalfeiertage: 26. 6. und 14. 10.
Währung: 1 Madagascar-Franc (FMG) = 100 Centimes (c)
Zeitzone: MEZ + 2 Std.
(amtlich malagasy Repoblikan'i Madagasikara, frz. République de Madagascar), Inselstaat im W des Ind. Ozeans, von der O-Küste Afrikas durch den 400 km breiten Kanal von Moçambique getrennt; umfasst die Insel M. (viertgrößte Insel der Erde) und einige Nebeninseln.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 19. 8. 1992 (1998 modifiziert) ist M. eine Republik. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präs. Er ernennt den MinPräs. und auf dessen Vorschlag die Mitgl. des Kabinetts. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (150 Abg., für vier Jahre gewählt). Die in der Verf. vorgesehene Bildung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) wurde bisher nicht realisiert. Das stark zersplitterte Mehrparteiensystem (rd. 150 Parteien und Gruppierungen) wird von der Vereinigung für die Wiedergeburt M.s (AREMA) dominiert. Daneben formierte sich das »Komitee der lebendigen Kräfte« (CFV).
Landesnatur: Die 1 580 km lange, bis 580 km breite Insel M. ist überwiegend ein gebirgiges Hochland, das nach O steil, nach W allmählich zu den Küsten abfällt. Die O-Küste ist eine fast gerade, lagunenreiche Ausgleichsküste. Auf eine schmale Küstenebene folgt der Steilanstieg zum Hochland (800-1 600 m ü. M.), das von vulkan. Massiven überragt wird; höchste Erhebung ist der Maromokotro im Tsaratananamassiv mit 2 876 m ü. M. Die westl. Küstenebene ist stärker gegliedert. Alle Küsten werden weithin von Korallenriffen begleitet. - Das Klima ist tropisch, jedoch differenziert nach Höhe und Lage zum SO-Passat. Die O-Seite hat ganzjährig Niederschläge. Der im Regenschatten liegende Hauptteil von M. hat eine winterl. Trockenzeit (April-Okt.) und eine sommerl. Regenzeit. Der SW ist Trockengebiet. - Die natürl. Pflanzen- und Tierwelt weist zahlr. endem. Arten auf; das Naturschutzgebiet Tsingy de Bemaraha gehört zum UNESCO-Welterbe. Der im O, an der NW-Küste und in höheren Gebirgslagen urspr. trop. Regenwald wurde durch Brandrodung und Wanderfeldbau auf ein Zehntel seines einstigen Areals reduziert. Im Hochland sind Savannen verbreitet, im SW findet sich Dornstrauchsavanne.
Bevölkerung: Rd. 98 % sind Madagassen, die jedoch in eine Vielzahl von Ethnien zerfallen, daneben Komorer, Franzosen, Inder, Chinesen. Die Bev.dichte ist am größten im klimatisch begünstigten Hochland und an einigen Punkten der O-Küste. - Schulpflicht besteht vom 7. bis 15. Lebensjahr; die Univ. von Antananarivo (gegr. 1961) wurde 1988 dezentralisiert; es wurden (nach Fachbereichen) sechs Regionalzentren gebildet. - Knapp die Hälfte der Bev. gehört Naturreligionen an, 51 % sind Christen, 5 % Muslime.
Wirtschaft, Verkehr: Die ökonomische Grundlage bildet die Landwirtschaft, in ihr sind über drei Viertel der Erwerbstätigen überwiegend in Familienbetrieben beschäftigt. Angebaut werden Reis (Grundnahrungsmittel), Mais, Kartoffeln, Maniok, Zuckerrohr, Gemüse, für den Export (80 % der Exporteinnahmen) v. a. Kaffee, Vanille, Gewürznelken, Pfeffer, Erdnüsse, Tabak, Sisal. Der Waldbestand ist nach Übernutzung stark reduziert. Von den vorhandenen Bodenschätzen werden Chromerze, Graphit, Glimmer, Phosphate, Edelsteine abgebaut; die Vorkommen von Bauxit, Eisenerz und Kohle werden bisher wenig genutzt. Der Energiebedarf wird zu zwei Dritteln durch Wasserkraftwerke gedeckt. Die Ind. verarbeitet v. a. landwirtsch. Erzeugnisse; weitere Bereiche sind Textil-, Leder-, Baustoff-, Metall-, Papier- und chem. Ind. sowie eine Erdölraffinerie. Haupthandelspartner sind Frankreich, USA, Dtl. und Japan. - Das Verkehrsnetz umfasst zwei Eisenbahnlinien von zus. 1 095 km Länge sowie 49 555 km Straßen, davon 5 401 km befestigte. Bedeutung hat die Küsten- und Lagunenschifffahrt, bes. auf dem 700 km langen Pangalaneskanal entlang der O-Küste; größte Seehäfen sind Toamasina (O-Küste) und Mahajanga (W-Küste). Ein wichtiger Verkehrsträger ist der Luftverkehr; internat. Flughafen Ivato bei Antananarivo.
Geschichte: Die Besiedlung aus dem arab. Raum, aus Afrika sowie aus S und SO-A. erfolgte vom 10. Jh. v. Chr. bis zum 10. Jh. n. Chr. und ist historisch nicht exakt datierbar. Erste Handelsniederlassungen errichteten die Araber an der NW-Küste wohl im 10. Jh. n. Chr. Im 16. Jh. errichteten Portugiesen und Franzosen Küstenstützpunkte. Um diese Zeit bestanden mehrere einheim. Staaten, u. a. das Königreich Merina, das Anfang des 19. Jh. die gesamte Insel unterwarf. 1885 wurde M. frz. Protektorat, 1896 Kolonie. 1940 schloss sich die Verw. von M. der Vichy-Regierung an; 1942 eroberten brit. und südafrikan. Truppen M. und übergaben es 1943 dem Freien Frankreich, das 1946 Autonomie im Rahmen der Frz. Union gewährte; 1947 kam es zu einem gewaltsam unterdrückten Aufstand. 1956 beschränkte innere Autonomie, 1958 selbstständige Rep. innerhalb der Frz. Gemeinschaft, 1960 unabhängig. Bis 1972 beherrschte die Sozialdemokrat. Partei unter P. Tsiranana das polit. Leben; nach schweren Unruhen verhängte General Ramanantsoa das Kriegsrecht, übergab jedoch 1975 die Regierungsgewalt an R. Ratsimandrava. Nach dessen Ermordung (1975) übernahm ein Militärrat die Regierung. Unter Präs. D. Ratsiraka (1975-93) schlug M. einen sozialist. Kurs ein. 1981, 1982 und 1986/87 kam es zu schweren Unruhen. Im Kampf gegen Ratsiraka bildete sich 1991 eine Oppositionsbewegung, organisiert im Rahmen des Comité des Forces Vives (CFV; dt. »Komitee der lebendigen Kräfte«), die unter Führung A. Zafys eine Gegenregierung bildete. Mit Demonstrationen und Aufrufen zum Generalstreik suchte diese das sozialist. Staats- und Gesellschaftssystem zugunsten einer pluralist. Demokratie (mit einem marktwirtsch. System) abzuschaffen. Auf der Grundlage einer Einigung zw. Regierung und CFV (31. 10. 1991) arbeitete ein »Nat. Forum« eine Verf. aus, die am 19. 8. 1992 von der Bev. angenommen wurde. Bei den Präsidentschaftswahlen (1992/93) unterlag in der Stichwahl im Febr. 1993 Ratsiraka seinem Herausforderer Zafy, der im März als erster Präs. der Dritten Republik vereidigt wurde. Bei den Parlamentswahlen errang das ihn unterstützende CFV die Mehrheit. Zafy gelang es in den folgenden Jahren jedoch nicht, bei wachsendem Widerstand in der Bev. (z. B. Proteste gegen wirtsch. Strukturanpassungen) einen Kurs der Erneuerung durchzusetzen, vielmehr wurde er im Sommer 1996 vom Parlament wegen Überschreitung seiner Kompetenzen des Amtes enthoben. Bei den Präsidentschaftswahlen im Nov./Dez. 1996 setzte sich Ratsiraka bei der Stichwahl durch.
▣ Literatur:
Hess, U.: M. Naturparadies im Süden. Luzern 1991.
⃟ M. Mensch u. Natur im Konflikt, hg. v. A. Bittner. Basel 1992.