Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Macht
Macht,die Summe von Einflussmöglichkeiten in polit., wirtsch. und sozialer Hinsicht; in der Soziologie die Chance, in einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen (M. Weber). Grundlagen von M. können sein: phys. oder psych. Überlegenheit, Wissensvorsprung, höhere Informiertheit oder Organisationsfähigkeit, das Ausnutzen von Herrschaftsstrukturen und Angst bei den Unterworfenen. In allen auf Demokratie und bestimmte Grundrechte der Menschen ausgerichteten Gesellschaften wird die M.-Ausübung durch Recht, Gesetz, Verfassung und öffentl. Kontrolle zu institutionalisierter und damit anerkannter und kalkulierbarer Herrschaft. Daneben findet man, v. a. in totalitären Systemen, Mechanismen der Beeinflussung (polit. Propaganda; Manipulation), die vom Einzelnen als M.-Ausübung nicht mehr durchschaut werden können. Kein Gesellschaftssystem mit komplexer Sozialorganisation verzichtet auf M.-Mittel staatl. Gewalt (Gerichte, Polizei, Militär, Strafanstalten), um die innere Ordnung und die äußere Sicherheit des politisch-sozialen Systems zu gewährleisten. Neben den polit. und ökonom. M.-Strukturen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bestimmen M.-Positionen die zwischenmenschl. Beziehungen in allen Lebensbereichen (in Ehe, Familie, Beruf, Kirche u. a.).
Als verursachend für die Entstehung von M.-Strukturen im sozialen (polit., kulturellen, religiösen) Leben wurde ein genereller M.-Trieb (Machiavelli, Nietzsche; Geltungstrieb in der Psychologie A. Adlers) oder ein Antrieb zur Erringung von M. (Verhaltensforschung) ebenso angesehen wie die Tatsache, dass sich die Komplexität sozialer Verhältnisse nur durch M.-Ausübung reduzieren und steuern lasse. Die Gründe für die M.-Ausübung und ihre Erscheinungsformen müssen jedoch nach Situation und historisch-gesellschaftl. Entwicklungsstand differenziert werden. Eine positive Wertung erfährt M. zumeist, wenn sie eine gerechte Ordnung anstrebt.
Literatur:
M. T. Greven. M. in der Demokratie, hg. v. Baden-Baden 1991.
Popitz, H.: Phänomene der M. Tübingen 21992.
Brzezinski, Z.: M. u. Moral. A. d. Amerikan. Hamburg 1994.
Kramer, R.: Ethik der M. Berlin 1994.
Mann, M.: Geschichte der M., 2 Bde. Frankfurt am Main 1994.
Canetti, E.: Masse u. M. Sonderausg. Frankfurt am Main 1996.
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