Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
lateinamerikanische Musik.
latein|amerikanische Musik.Die l. M. umfasst hauptsächlich die Musik der Spanisch und Portugiesisch sprechenden Länder Mittel- und Südamerikas. Es ist anzunehmen, dass die span. Eroberer im Bereich der Hochkulturen Mexikos und Perus eine hoch entwickelte Kunstmusik vorfanden, über deren ursprüngl. Gestalt jedoch kaum Sicheres bekannt ist. Mit der Kolonialisierung begann im Lauf des 16. Jh. eine völlig neue, europäisch bestimmte Musikentwicklung, zunächst auf dem Gebiet der Kirchenmusik. Diese zeigt eine nach europ. Vorbildern geschaffene Organisation mit Chorgesang und Schola; auch der Gebrauch der Orgel breitete sich schnell aus. Seit der Mitte des 18. Jh. dominierte zunehmend ein von der italien. Oper und der span. Zarzuela geprägtes Repertoire. Frühe Zentren des städt. Musiklebens entstanden in Buenos Aires (Theater seit 1778) und v. a. Havanna (Theater seit 1783), das mit seiner reichen kreol. Oberschicht im 19. Jh. eine führende Stellung innerhalb der Musikkultur Lateinamerikas einnahm. Bei fortdauernder Bindung an die europ. Entwicklung brachte erst das 19. Jh. eine schrittweise Einbeziehung von Elementen aus der Tradition der indian. Urbevölkerung und der v. a. aus Westafrika stammenden schwarzen Bevölkerung sowie das Hervortreten nat. Schulen. Seit den 1920er-Jahren bildete sich auf der Grundlage des lateinamerikan. Kolorits eine zur internat. Moderne zählende Musik aus.Argentinien: Von großer Bedeutung für einen argentin. Nationalstil waren A. Williams (* 1862, ✝ 1952), der sich auch die Zwölftontechnik aneignete, und J. Aguirre (* 1868, ✝ 1924). Um die nat. Kunstmusik bemühten sich auch u. a. Komponisten wie C. Lopez Buchardo (* 1881, ✝ 1948), F. Boero (* 1884, ✝ 1958) und F. M. Ugarte (* 1884, ✝ 1975). Moderne Techniken erschlossen sich u. a. J. C. Paz (* 1901, ✝ 1972), der bes. bekannte A. Ginastera (* 1916, ✝ 1983) sowie auf dem Gebiet der elektron. Musik M. Davidovsky (* 1934). Internat. Bedeutung erlangte der seit 1957 in der Bundesrep. Dtl. tätige M. Kagel. - Brasilien: Führend im 19. Jh. waren J. M. N. Garcia (* 1767, ✝ 1830), F. M. da Silva (* 1795, ✝ 1865) sowie der auch in Europa bekannt gewordene Opernkomponist A. C. Gomes (* 1836, ✝ 1896). Eine brasilian. Nationalmusik entwickelte sich seit dem Ende des 19. Jh. v. a. durch A. Nepomuceno (* 1864, ✝ 1920). Als zentrale Komponistengestalt Lateinamerikas im 20. Jh. gilt H. Villa-Lobos. Bei der Durchsetzung moderner Techniken vermittelnd wirkten der Deutsche H.-J. Koellreuter (* 1915) und der Schweizer E. Widmer (* 1927). E. Krieger (* 1928), G. Mendes (* 1922), R. Duprat (* 1932), M. Nobre (* 1939), J. Antunes (* 1942) und J. A. de Almeida Prado (* 1948) orientierten sich an der internat. Avantgarde. - Chile: Bewusst national komponierte E. Soro Barriga (* 1884, ✝ 1954). Den Übergang zur Moderne vollzog P. H. Allende Sarón (* 1885, ✝ 1959); 1958 gründete J. V. Asuar (* 1933) Lateinamerikas erstes Studio für elektron. Musik. Zur internat. Avantgarde zählen u. a. der seit 1957 in der Bundesrep. Dtl. lebende J. Allende-Blin (* 1928), J. Lémann (* 1928), H. Ramíres (* 1941), E. Cáceves (* 1955). - Kuba: Die ins 19. Jh. zurückreichende Tradition der Einbeziehung afrokuban. Elemente (z. B. durch J. Cervantes, * 1847, ✝ 1905) führten im 20. Jh. A. Roldán (* 1900, ✝ 1939), A. García Caturla (* 1906, ✝ 1940) und J. Ardévol (* 1911, ✝ 1981) fort, vermischt mit avantgardist. Techniken u. a. A. de la Vega (* 1925), C. Fariñas (* 1934) und L. Brouwer (* 1939). - Mexiko: Nach der Revolution (1910-17) entwickelte sich Mexiko zu einem der führenden Länder der l. M. Seitdem ist die Folklore (einschl. indian. Elemente) Basis für die meisten Komponisten. Pionier auf diesem Gebiet war M. Ponce (* 1882, ✝ 1948 ). Internat. Ruf erwarben sich C. Chávez Ramirez (* 1899, ✝ 1978) und S. Revueltas (* 1899, ✝ 1940 ). Vorwiegend an der Avantgarde orientierten sich u. a. M. Enríquez (* 1926), H. Quintanar (* 1936) und E. Mata (* 1942 ). - Venezuela: In einem nat. Stil komponierten u. a. J. B. Plaza (* 1898, ✝ 1965) und J. V. Lacuna ( * 1899, ✝ 1954). Vertreter der zeitgenöss. Musik sind A. Estévez (* 1916), I. Carreño (* 1919), J. L. Muños ( * 1928), der gebürtige Grieche Y. Ioannidis (* 1930), A. Del Monaco (* 1938) und E. Mendoza (* 1953), in Peru C. G. Lecca (* 1926 ), C. Bolanos (* 1931), E. Valcárcel ( * 1932) und E. Iturriaga (* 1918), in Uruguay E. Estrada (* 1909, ✝ 1970), H. Tosar (* 1923) sowie R. Storm (* 1930) und in Kolumbien L. A. Escubar (* 1925, ✝ 1993), die gebürtige Belgierin J. Nova (* 1935, ✝ 1975), F. Zumaqué (* 1945) und E. Barrera (* 1949).
Literatur:
R. Günther. Die Musikkulturen Lateinamerikas im 19. Jh., hg. v. Regensburg 1982.
Schreiner, C.: Musica Latina. Musikfolklore zw. Kuba u. Feuerland. Frankfurt am Main 1982.
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