Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Luxemburg
I Lụxemburg Fläche: 2 586 km2
Einwohner: (1997) 418 300
Hauptstadt: Luxemburg
Verwaltungsgliederung: 12 Kantone
Amtssprachen: Französisch, Luxemburgisch, Deutsch
Nationalfeiertag: 23. 6.
Währung: 1 Luxemburgischer Franc (lfr) = 100 Centimes (c)
Zeitzone: MEZ
(amtlich frz. Grand-Duché de Luxembourg, luxemburg. Groussherzogtum Lëtzebuerg, dt. Großherzogtum L.), Staat in Westeuropa, grenzt im O an Dtl., im W an Belgien, im S an Frankreich.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1868 (mehrfach geändert) ist L. eine konstitutionelle Erbmonarchie. Staatsoberhaupt mit formalrechtlich starker Stellung (u. a. Recht auf Gesetzesinitiative und zur Parlamentsauflösung) ist der Großherzog. Er beruft die Reg. unter Vorsitz des Premiermin., die dem Parlament verantwortlich ist. Die Legislative liegt bei der Abg.kammer (60 Abg., auf fünf Jahre gewählt). Der Staatsrat (21 Mitgl., vom Großherzog auf Lebenszeit ernannt) fungiert als Beratungsorgan, das partiell legislative und jurist. Funktionen wahrnimmt. Einflussreichste Parteien: Christlich-Soziale Volkspartei (CSV), Sozialist. Arbeiterpartei (LSAP), Demokrat. Partei (DP).
Landesnatur: Der nördl. Teil L.s, Ösling oder Eisslek, ein Teil der Ardennen, ist von ausgedehnten Wäldern bedeckt, hat Grünflächen und Heiden (höchste Erhebung 559 m ü. M.). Der größere und niedrigere südl. Teil, das Gutland, gehört zum lothring. Schichtstufenland. Es ist fruchtbar und hat wertvolle Eisenerze (Minette). Hauptflüsse sind Sauer und Mosel (SO-Grenze). Das Klima gehört zum maritim-kontinentalen Übergangstyp.
Bevölkerung: Die Bevölkerung setzt sich aus Luxemburgern und Ausländern (27 % der Gesamtbev.) zusammen. - Allg. Schulpflicht besteht vom 7. bis 15. Lebensjahr. L. besitzt ein Univ.zentrum. - Über 90 % der Bev. sind kath.; sie gehören zur Diözese L., die 1870 als exemtes Bistum errichtet und 1988 zum Erzbistum erhoben wurde.
Wirtschaft, Verkehr: L. gehört zu den hoch entwickelten Ind.- und Dienstleistungsgesellschaften der EU. Mit den Niederlanden und Belgien ist L. in eine Zoll- und Wirtschaftsunion eingebunden (Benelux). Bei der Landwirtschaft überwiegt die Viehzucht (Rinder und Schweine) und daher auch das Dauergrünland sowie der Anbau von Futtergetreide u. a. -früchten. Wichtigste Sonderkultur ist der Weinbau im Moseltal. 34,5 % der Landesfläche werden von Wald eingenommen. Eisenerze waren die einzigen abbauwürdigen Bodenschätze (im Minetterevier im S des Landes, der Abbau wurde 1981 eingestellt). Um der Exportabhängigkeit der Stahlwerke entgegenzuwirken, entstanden Kunststoff-, Kunstfaser-, Arzneimittelfabriken, Maschinen- und Fahrzeugbau, Nahrungsmittel-, Textil- und keram. Ind. sowie ein Reifenwerk; in Vianden arbeitet ein großes Pumpspeicherwerk (1 120 MW). Dtl. und die anderen Nachbarländer sind die wichtigsten Handelspartner. - Das Eisenbahnnetz umfasst 275 km, davon 262 km elektrifiziert, das Straßennetz 5 136 km (123 km Autobahn). Schiffbare Wasserstraße ist die Mosel mit dem Binnenhafen Mertert. Nahe der Hptst. der internat. Flughafen L.-Findel.
Geschichte: Das zunächst von Kelten besiedelte Gebiet geriet im 1. Jh. v. Chr. unter röm. Herrschaft und gehörte später zum Fränk. Reich (Austrasien); 843 Bestandteil des Reichs von Lothar I. Die im 10. Jh. entstandene Grafschaft der späteren Luxemburger wurde 1354 Herzogtum. Dieses kam 1443 an Burgund, 1477 an die Habsburger, 1555 an deren span. Linie, die 1659 (Pyrenäenfrieden) Süd-L. von Diedenhofen bis Montmédy an Frankreich abtreten musste. 1684-97 war das Land infolge der Reunionen Ludwigs XIV. frz. Besitz; 1697-1794 gehörte es wieder den Habsburgern, 1794-1814 Frankreich. Durch den Wiener Kongress wurde L. 1815 Großherzogtum und dt. Bundesstaat, stand aber mit dem Königreich der Niederlande in Personalunion. 1830 schloss sich L. der belg. Revolution an; die wallon. Westhälfte wurde 1839 an Belgien abgetreten. 1842-1919 gehörte L. dem Dt. Zollverein an. 1866 wurde es durch Auflösung des Dt. Bundes selbstständig. Nach vergebl. Angliederungsversuchen Napoleons III. wurde L. durch den Londoner Vertrag von 1867 neutralisiert. Mit dem Tod Wilhelms III. (1890) endete die Personalunion mit den Niederlanden. 1919-64 war Großherzogin Charlotte Staatsoberhaupt. 1921 schloss L. mit Belgien eine Zoll- und Wirtschaftsunion. In den beiden Weltkriegen war das Land von dt. Truppen besetzt (1914-18 und 1940-44). 1945 wurde L. Mitgl. der UN. Nach Aufgabe der Neutralitätsverpflichtung (1948) schloss sich L. 1949 der NATO sowie dem Europarat an und war 1951 Gründungsmitgl. der Montanunion sowie 1957 der EWG. 1960 trat die Wirtschaftsunion mit Belgien und den Niederlanden in Kraft. 1964 wurde Großherzog Jean Staatsoberhaupt. Unter MinPräs. J. Santer (seit 1984, Christlich-Soziale Volkspartei) ratifizierte L. im Juli 1992 die Maastrichter Verträge. Im März 1993 verabschiedete das Parlament ein neues Banken-Ges. (Bekämpfung der Geldwäsche, Einschränkungen des Bankgeheimnisses). Nach dem Amtsantritt Santers als Kommissionspräs. der EU wurde J.-C. Juncker im Jan. 1995 dessen Nachfolger.
Literatur:
Erbe, M.: Belgien, Niederlande, L. Geschichte des niederländ. Raumes. Stuttgart u. a. 1993.
Yante, J.-M.: Le Luxembourg mosellan. Brüssel 1996.
Benelux-Ploetz. Belgien, Niederlande, L. Geschichte zum Nachschlagen, bearb. v. C. Witz u. U. Laule. Freiburg im Breisgau 1997.
Wallerang, M.: L. unter nationalsozialistischer Besatzung. Mainz 1997.
Bibliographie d'histoire des villes de Belgique et du Grand-Duché de Luxembourg, Beiträge v. P. Beusen u. a. Brüssel 1998.
II Lụxemburg,
1) Provinz in Belgien, 4 440 km2, (1997) 243 800 Ew.; Hptst. ist Arlon.
2) (frz. Luxembourg, luxemburg. Lëtzebuerg), Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums L., 230-380 m ü. M., an beiden Seiten der tief eingeschnittenen Täler von Alzette und Pétrusse, 76 400 Ew. L. ist Amtssitz des Großherzogs, Sitz von Reg., Ministerien, zahlr. Behörden, diplomat. Vertretungen und EG- bzw. EU-Einrichtungen (Sekretariat des Europ. Parlaments, einige Dienststellen der Kommission der EU, Europ. Gerichtshof, Europ. Rechnungshof, Europ. Investitionsbank). Die Stadt ist Kultur-, Handels- und Finanzzentrum sowie Verkehrsmittelpunkt des Landes; kath. Erzbischofssitz. Univ.zentrum von L. (gegr. 1969), Konservatorium, Europaschule, Nationalbibliothek, Staatsarchiv, Staatsmuseum, naturgeschichtl. Museum und städt. Gemäldegalerie, mehrere Theater; private Rundfunkgesellschaft; internat. Messen. L. ist ein internat. Finanzzentrum mit Sitz von Niederlassungen multinat. Banken und Unternehmen; Maschinenbau, Brauerei, Metallmöbel-, Metallwaren-, Pumpen-, Porzellan-, Elektronikind.; internat. Flughafen Findel.- Auf der steil ansteigenden Hochfläche liegt die alte festungsartige Oberstadt mit dem großherzogl. Palais (16.-18. Jh.) und der Kathedrale (16. Jh.). Die UNESCO erklärte die Befestigungen und Teile der Altstadt zum Weltkulturerbe.- Ein kelt. Oppidum und eine röm. Siedlung standen an der Stelle des heutigen L. Die bei dem fränk. Kastell Lucilinburhuc nach 963 erbaute Lützelburg (kleine Burg) wurde Stammsitz des Hauses L. und Ausgangspunkt für die Entwicklung der Stadt, die 1224 Stadtrecht erhielt. 1815 wurde L. dt. Bundesfestung (1867-83 Schleifung eines Großteils der Festungsanlagen). Nach 1945 gewann L. Bedeutung als eines der europ. Zentren.
III Lụxemburg,
Rosa, Politikerin, * Zamość (Polen) 5. 3. 1871, ✝ (ermordet) Berlin 15. 1. 1919; 1893 Mitbegründerin der Sozialdemokrat. Arbeiterpartei des Königreichs Polen und Litauen; 1899 Übersiedlung nach Berlin und Eintritt in die SPD, entwickelte sich zur führenden Theoretikerin ihres linken Flügels (»Sozialreform oder Revolution«, 1899; »Die Akkumulation des Kapitals«, 1913); zus. mit K. Liebknecht Initiatorin der »Gruppe Internationale« (Spartakusbund), 1915-18 mit Unterbrechung inhaftiert; 1918 Mitbegründerin der KPD, kritisierte den Zentralismus der Bolschewiki und ihre diktator. Herrschaft (»Die russ. Revolution«, 1922); nach dem Spartakusaufstand in Berlin (Jan. 1919) verhaftet und von Freikorpsoffizieren erschossen. - In ihren Schriften lassen sich vier Schwerpunkte erkennen: 1) Die Revolution ist der einzige Weg zur Überwindung des Kapitalismus; 2) Militarismus und Kolonialismus sind radikal abzulehnen; 3) Imperialismus entsteht notwendigerweise aus dem Kapitalismus; 4) diktator. Tendenzen, etwa in Lenins Auffassung von einer straff gelenkten Partei und der »Diktatur des Proletariats«, sucht L. entgegenzuwirken.
Literatur:
Ettinger, E.: R. L. Ein Leben. A. d. Amerikan. Bonn 1990.
Laschitza, A.: Im Lebensrausch, trotz alledem. R. L. Eine Biographie. Berlin 1996.
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