Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Lokomotive
Lokomotive[von engl. locomotive (engine) »sich von der Stelle bewegende (Maschine)«] die, Kurzbez. Lok, fahrbare Kraftmaschine als Triebfahrzeug schienengebundener Bahnen; je nach Antriebsart unterscheidet man Dampf-, Brennkraft-, elektr. und Druckluft-L. Zur Kennzeichnung der konstruktiven Merkmale einer L. benutzen die im UIC zusammengeschlossenen Länder seit 1968 ein siebenstelliges Ziffernsystem. Die erste Ziffer bezeichnet die Fahrzeugart: 0 Dampflok (früher 0 oder eine andere Zahl), 1 elektr. Lok (früher E), 2 Diesellok (früher V), 4 elektr. Triebwagen (früher ET), 6 Dieseltriebwagen (früher VT). Die 2. und 3. Ziffer geben die Baureihe an. Allen L. gemeinsam ist der Fahrzeugkasten mit dem Lauf- und Triebwerk. Er enthält die Maschinen- und Antriebsanlagen (bei Dampf-L. den Kessel), die elektr. Ausrüstung, die Steuerungs-, Brems-, Überwachungseinrichtungen, die Heiz- und Vorwärmeranlagen sowie die Führerräume. An dem Fahrzeugrahmen sind die Zug- und Stoßeinrichtungen befestigt. Das Laufwerk umfasst Lauf- und Treibradsätze; Letztere können mit Radsätzen gleichen Durchmessers gekuppelt werden (früher Kuppelradsatz). Zahl und Reihenfolge der Treib- und Laufachsen werden bes. gekennzeichnet (Laufachsen durch arab. Ziffern [1 oder 2], gekuppelte Treibachsen durch A, B oder C, nicht gekuppelte durch einen Index Null, z. B. C0 = drei einzeln angetriebene Treibachsen). Moderne L. haben nur noch Drehgestelle mit Einzelachsantrieb.Die Dampf-L. erzeugt Dampf durch Verbrennung von Holz, Torf, Kohle oder Öl in einem Dampferzeuger. Ihr Triebwerk ist im Wesentlichen eine Dampfmaschine, deren Kraft über Treib- und Kuppelstangen auf die angetriebenen Achsen übertragen wird. Schlepptender-L. führen im Tender größere Kohlen- oder Schweröl- und Wasservorräte für längere Streckenfahrten mit; Tender-L. haben den Brennstoff in Kästen an der Führerhausrückwand und das Wasser in Behältern beiderseits des Kessels und innerhalb des Rahmens. Die Dampf-L. hat mit der Entwicklung wirtschaftlicherer Antriebsarten (elektr. L. und Brennkraft-L.) ihre Bedeutung verloren.
Der Strom für elektr. L. fließt aus einer Oberleitung über Stromabnehmer, Hauptschalter und Transformator der L. durch die Schienen zum Kraftwerk (Unterwerk) zurück. Über die mit Gleich- und Wechselstrom betriebenen Bahnen elektrische Bahnen. Zur Steuerung von Zugkraft und Geschwindigkeit wird in der L. die konstante Fahrleitungsspannung in veränderl. Spannung für die Fahrmotoren umgeformt. In Einphasen-Wechselstrom-L. dient ein Transformator zur Herabsetzung der Fahrdrahtspannung (15 kV, 16 2/3 Hz in Dtl. oder in anderen Ländern auch 25 kV, 50 Hz) auf die Motorspannung (0-600 V). Das mechan. Schaltwerk wird heute durch leistungslos, zugkraftunterbrechungsfrei und verschleißlos schaltende Thyristoren ersetzt. Die heutigen elektr. L. haben Drehgestelle und Einzelachsantrieb oder einen Motor pro Drehgestell. - Um im grenzüberschreitenden Verkehr bei versch. Stromsystemen Verzögerungen durch L.-Wechsel zu vermeiden, werden Mehrspannungs- oder Mehrfrequenz-L. eingesetzt. Der Einsatz solcher Zwei- oder Viersystem-L. erfordert die Anwendung von Siliciumgleichrichtern oder Thyristoren und Wechselstrommotoren.Die Dt. Bundesbahn setzte als erste Bahn der Welt eine elektr. Universal-L. mit Drehstromantriebstechnik ein (Baureihe 120 für Schnell- und Güterzüge, Leistung 5,6 MW, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h). Von der Universal-L. ist die Dt. Bahn AG wieder abgegangen und benutzt nun elektr. L. für Schnellzüge (Baureihe 101, 220 km/h), Regionalzüge (Baureihe 145, 140 km/h) und Güterzüge (Baureihe 152, 140 km/h).
Akkumulator-L., die den Strom aus Akkumulatoren beziehen, werden im Bau- und Rangierdienst sowie in Bergwerken verwendet. Zweikraft-L. (Hybrid-L.) fahren überwiegend mit Strom aus der Fahrleitung, können jedoch (auf Gleisen ohne Fahrleitung oder bei abgeschaltetem Strom) auch aus Akkumulatoren gespeist oder alternativ von einem Dieselmotor angetrieben werden.Die Brennkraft-L. wird durch Dieselmotoren, Vergasermotoren oder auch durch Gasturbinen angetrieben. Von diesen hat die Diesel-L. die größte Verbreitung gefunden. Dieselmotoren für L. können unter Last nicht anfahren. Deshalb erfolgt die Kraftübertragung vom Motor auf die Treibradsätze über ein Zahnrad-Stufengetriebe (dieselmechan. Antrieb), ein hydrodynam. Getriebe (dieselhydraul. Antrieb) oder über einen vom Dieselmotor angetriebenen Generator, der Strom für die elektr. Fahrmotoren erzeugt (dieselelektr. Antrieb).
Seit 1990 setzt die Dt. Bahn als Baureihe 240 die Diesel-L. DE 1024 auch fahrplanmäßig ein. Der dieselelektr. Antrieb leistet 2 650 kW bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Die sechs Radsätze werden jeweils einzeln durch einen Drehstrom-Asynchronmotor angetrieben. Als bes. leistungsstarke Diesel-L. verkehrt sie v. a. auf nicht elektrifizierten Strecken, die sonst in Doppeltraktion befahren werden.Geschichte: Die erste Dampf-L. wurde 1804 in Großbritannien erbaut. Die 1813 gebaute »Puffing Billy« war die erste brauchbare L. Die Urform aller späteren L. schufen G. und R. Stephenson mit der 1829 für den Wettbewerb der Liverpool-Manchester-Bahn gelieferten »Rocket« (Sieger mit 46,5 km/h); 1835 lieferte die Firma Stephenson auch die L. »Adler« für die erste dt. Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth. Als erste brauchbare dt. L. wurde von der Maschinenbaugesellschaft Übigau bei Dresden 1838 die »Saxonia« für die Leipzig-Dresdener Eisenbahn gebaut. 1876 wurde in Frankreich die erste Verbund-L. gebaut; 1916-21 entwickelte F. Ljungström die erste brauchbare Turbinen-L. Um etwa 1930 wurden die Versuche mit Kohlenstaub-L. aufgenommen, 1934 bauten die Firmen Henschel & Sohn GmbH und Lokomotiv- und Maschinenfabrik Borsig die ersten Stromlinien-L. für hohe Geschwindigkeiten. - Die erste elektr. L. wurde 1879 von W. von Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung vorgeführt. Mit einem Dreiphasen-Drehstrom-Triebwagen wurde 1903 auf der Strecke Berlin-Zossen eine Geschwindigkeit von 210 km/h erreicht. Etwa 1928 wurde der Einzelachsantrieb mit schnell laufenden Motoren eingeführt. - Die ersten Versuche, den Dieselmotor für L. zu verwenden, gehen auf R. Diesel selbst zurück, der 1908 eine Diesel-L. entwarf. Die erste größere dieselhydraul. L. wurde 1935 für die Dt. Reichsbahn gebaut. Die Höchstgeschwindigkeit der Diesel-L. liegen i. Allg. zw. 120 und 160 km/h.
▣ Literatur:
R. R. Rossberg. Dt. Eisenbahnfahrzeuge von 1838 bis heute, hg. v. Düsseldorf 1988.
⃟ Lexikon der L. Geschichte u. Technik, hg. v. H. Rose. Berlin 1992.
⃟ Die berühmtesten dt. L.n aller Zeiten, bearb. v. H. Schleich u. H. Steingaß. Brilon 21996.
Der Strom für elektr. L. fließt aus einer Oberleitung über Stromabnehmer, Hauptschalter und Transformator der L. durch die Schienen zum Kraftwerk (Unterwerk) zurück. Über die mit Gleich- und Wechselstrom betriebenen Bahnen elektrische Bahnen. Zur Steuerung von Zugkraft und Geschwindigkeit wird in der L. die konstante Fahrleitungsspannung in veränderl. Spannung für die Fahrmotoren umgeformt. In Einphasen-Wechselstrom-L. dient ein Transformator zur Herabsetzung der Fahrdrahtspannung (15 kV, 16 2/3 Hz in Dtl. oder in anderen Ländern auch 25 kV, 50 Hz) auf die Motorspannung (0-600 V). Das mechan. Schaltwerk wird heute durch leistungslos, zugkraftunterbrechungsfrei und verschleißlos schaltende Thyristoren ersetzt. Die heutigen elektr. L. haben Drehgestelle und Einzelachsantrieb oder einen Motor pro Drehgestell. - Um im grenzüberschreitenden Verkehr bei versch. Stromsystemen Verzögerungen durch L.-Wechsel zu vermeiden, werden Mehrspannungs- oder Mehrfrequenz-L. eingesetzt. Der Einsatz solcher Zwei- oder Viersystem-L. erfordert die Anwendung von Siliciumgleichrichtern oder Thyristoren und Wechselstrommotoren.Die Dt. Bundesbahn setzte als erste Bahn der Welt eine elektr. Universal-L. mit Drehstromantriebstechnik ein (Baureihe 120 für Schnell- und Güterzüge, Leistung 5,6 MW, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h). Von der Universal-L. ist die Dt. Bahn AG wieder abgegangen und benutzt nun elektr. L. für Schnellzüge (Baureihe 101, 220 km/h), Regionalzüge (Baureihe 145, 140 km/h) und Güterzüge (Baureihe 152, 140 km/h).
Akkumulator-L., die den Strom aus Akkumulatoren beziehen, werden im Bau- und Rangierdienst sowie in Bergwerken verwendet. Zweikraft-L. (Hybrid-L.) fahren überwiegend mit Strom aus der Fahrleitung, können jedoch (auf Gleisen ohne Fahrleitung oder bei abgeschaltetem Strom) auch aus Akkumulatoren gespeist oder alternativ von einem Dieselmotor angetrieben werden.Die Brennkraft-L. wird durch Dieselmotoren, Vergasermotoren oder auch durch Gasturbinen angetrieben. Von diesen hat die Diesel-L. die größte Verbreitung gefunden. Dieselmotoren für L. können unter Last nicht anfahren. Deshalb erfolgt die Kraftübertragung vom Motor auf die Treibradsätze über ein Zahnrad-Stufengetriebe (dieselmechan. Antrieb), ein hydrodynam. Getriebe (dieselhydraul. Antrieb) oder über einen vom Dieselmotor angetriebenen Generator, der Strom für die elektr. Fahrmotoren erzeugt (dieselelektr. Antrieb).
Seit 1990 setzt die Dt. Bahn als Baureihe 240 die Diesel-L. DE 1024 auch fahrplanmäßig ein. Der dieselelektr. Antrieb leistet 2 650 kW bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Die sechs Radsätze werden jeweils einzeln durch einen Drehstrom-Asynchronmotor angetrieben. Als bes. leistungsstarke Diesel-L. verkehrt sie v. a. auf nicht elektrifizierten Strecken, die sonst in Doppeltraktion befahren werden.Geschichte: Die erste Dampf-L. wurde 1804 in Großbritannien erbaut. Die 1813 gebaute »Puffing Billy« war die erste brauchbare L. Die Urform aller späteren L. schufen G. und R. Stephenson mit der 1829 für den Wettbewerb der Liverpool-Manchester-Bahn gelieferten »Rocket« (Sieger mit 46,5 km/h); 1835 lieferte die Firma Stephenson auch die L. »Adler« für die erste dt. Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth. Als erste brauchbare dt. L. wurde von der Maschinenbaugesellschaft Übigau bei Dresden 1838 die »Saxonia« für die Leipzig-Dresdener Eisenbahn gebaut. 1876 wurde in Frankreich die erste Verbund-L. gebaut; 1916-21 entwickelte F. Ljungström die erste brauchbare Turbinen-L. Um etwa 1930 wurden die Versuche mit Kohlenstaub-L. aufgenommen, 1934 bauten die Firmen Henschel & Sohn GmbH und Lokomotiv- und Maschinenfabrik Borsig die ersten Stromlinien-L. für hohe Geschwindigkeiten. - Die erste elektr. L. wurde 1879 von W. von Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung vorgeführt. Mit einem Dreiphasen-Drehstrom-Triebwagen wurde 1903 auf der Strecke Berlin-Zossen eine Geschwindigkeit von 210 km/h erreicht. Etwa 1928 wurde der Einzelachsantrieb mit schnell laufenden Motoren eingeführt. - Die ersten Versuche, den Dieselmotor für L. zu verwenden, gehen auf R. Diesel selbst zurück, der 1908 eine Diesel-L. entwarf. Die erste größere dieselhydraul. L. wurde 1935 für die Dt. Reichsbahn gebaut. Die Höchstgeschwindigkeit der Diesel-L. liegen i. Allg. zw. 120 und 160 km/h.
▣ Literatur:
R. R. Rossberg. Dt. Eisenbahnfahrzeuge von 1838 bis heute, hg. v. Düsseldorf 1988.
⃟ Lexikon der L. Geschichte u. Technik, hg. v. H. Rose. Berlin 1992.
⃟ Die berühmtesten dt. L.n aller Zeiten, bearb. v. H. Schleich u. H. Steingaß. Brilon 21996.