Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Lithographie
Lithographie (Lithografie) [grch.] die,
1) (Steindruck) das älteste Flachdruckverfahren (Druckverfahren); als Druckform dient eine feinporige Kalksteinplatte (Solnhofener Kalkschiefer). Die Zeichnung wird mit Fettkreide oder -tusche auf den Stein gezeichnet. Durch Behandlung mit einer sauren Gummiarabikumlösung wird die zeichnungsfreie Oberfläche des Steins Fett abstoßend (während Wasser vom Stein aufgesogen wird). Beim Befeuchten und anschließenden Einfärben mit fetter Druckfarbe nimmt nur die Zeichnung Farbe an. Bei Steindruckmaschinen wird die Druckform mit Wischwalzen befeuchtet und dann mit Lederwalzen eingefärbt. Für jede Farbe ist ein eigener Durchlauf durch die Presse nötig. Nachdem im 19. Jh. mit leichteren Metallplatten, v. a. mit gekörnten Zinkplatten (Zinkdruck), experimentiert wurde, ist die L. heute weitgehend auf fotograf. Grundlage umgestellt.
Geschichtliches: Nach Versuchen mit geätzten und gravierten Platten gelang A. Senefelder endgültig 1798 die Erfindung des »rein chem.« Flachdrucks. Zunächst nur für nichtkünstler. Zwecke (Text- und Notendruck, Reproduktionen) gedacht, veranlasste der Musikverleger A. André aus Offenbach a. M. die Verwendung der L. für die Vervielfältigung bildner. Darstellungen und leitete damit die Entwicklung der Künstler-L. ein. In Dtl. arbeiteten K. F. Schinkel, G. Schadow und dann bes. A. von Menzel in der neuen Technik, in England zeichnete B. West 1801 die erste künstler. L. Zu den Höhepunkten der frühen L. gehören die 13 Blätter vom Stierkampf in Bordeaux von F. de Goya y Lucientes (1825). Karikaturisten wie P. Gavarni, Grandville und H. Daumier schufen v. a. Zeitschriftenillustrationen. Als primär künstler. Medium wurde die L. von J. Whistler, O. Redon, É. Manet und E. Degas genutzt. Gegen Ende des 19. Jh. entwickelte H. de Toulouse-Lautrec die künstler. Möglichkeiten der Farb-L. bes. in der Anwendung auf das Plakat. In seiner Nachfolge arbeiteten die Künstler des Jugendstils. Auch die Expressionisten (bes. E. Munch, E. L. Kirchner, E. Nolde) nutzten die L., ebenso G. Grosz, O. Dix, K. Kollwitz. Eine neue Blütezeit erfuhr sie in Frankreich v. a. durch P. Picasso. Zeitgenöss. Künstler wie R. Lichtenstein und R. Rauschenberg setzten experimentierfreudig neue Akzente.
Literatur:
M. Henker Von Senefelder zu Daumier. Die Anfänge der lithograph. Kunst, bearb. v. u. a. München u. a. 1988.
Zeidler, J.: L. u. Steindruck in Gewerbe u. Kunst, Technik u. Geschichte. Ravensburg 1994.
2) Halbleitertechnik: Bez. für Verfahren zur Übertragung der Strukturen eines Entwurfs für ein integriertes Bauelement (integrierte Schaltung) auf Halbleiterscheiben (Chip) unter Anwendung versch. Bestrahlungsmethoden, entweder direkt oder mittels Masken, wobei auch die Verfahren zur Herstellung der Masken zur L. gerechnet werden (Maskentechnik). Ausgangspunkt aller L.-Verfahren ist der in Datenform auf einem Speichermedium vorliegende Entwurf eines Bauelements. Dieser Entwurf muss als geometr. Muster auf ein Trägermaterial übertragen werden, wobei der Strahl einer Belichtungsmaschine durch die Daten gesteuert wird. Bei den indirekten L.-Verfahren wird so die erforderl. Zahl von Muttermasken hergestellt. Bei den direkten Verfahren wird das Muster unmittelbar auf die Halbleiterscheibe, den Wafer, mit der erforderl. Zahl von Durchgängen aufgebracht, um die sich aus dem Entwurf ergebende Komplexität des Bauelements zu erhalten. Auf dem zu belichtenden Material wird zuvor ein Photolack aufgebracht, der durch die Bestrahlung an den belichteten Stellen chemisch verändert wird. Dadurch wird eine selektive Entfernung der bestrahlten (Positiv-Verfahren) oder der unbestrahlten Gebiete (Negativ-Verfahren) möglich. Die verbleibende Schicht hat die Funktion, das unter ihr befindl. Material vor den Einflüssen der nachfolgenden Prozessschritte zu schützen. Während es bei der Maskenherstellung nur auf die Erzeugung strahlungsdurchlässiger und absorbierender Gebiete ankommt, werden den Halbleiterscheiben durch chem. Prozesse (Dotierung, Aufdampfen, Epitaxie u. a.) die eigentl. Funktionselemente wie Leiterbahnen, Isolierungen, Dioden oder Transistoren eingeprägt.
Bei den indirekten L.-Verfahren wird das Halbleitermaterial unter Zwischenschalten der Masken belichtet. Das derzeit gängigste Verfahren, die Photolithographie, erlaubt es, Strukturen bis zu einer minimalen Abmessung von 0,8 μm zu übertragen. Für spezielle Anwendungen werden auch kürzerwellige und energiereichere Strahlen, wie Röntgen-, Elektronen- und Ionenstrahlen, verwendet, die eine höhere Auflösung und damit größere Integrationsdichte der Bauelemente erlauben.
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