Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Lied
Lied,zum Singen bestimmter Text, meist aus mehreren gleich gebauten und gereimten Strophen. Das L. umfasst die verschiedensten Typen: Nach der Entstehung unterscheidet man Volks-L. und Kunst-L., nach seinem Inhalt geistlich-religiöses L. (Marien-, Kirchen-, Prozessions-L.) und weltl. L. (Liebes-, Natur-, histor.-polit. L.), nach seiner gesellschaftl. Zuordnung höf., Stände-, Studenten-, Vaganten-, Soldaten-, Kinder-L. oder nach der Art des Vortrags Chor-, Tanz-, Solo-, Klavierlied. Als Melodie zeigt das L. seine Sprachnähe in der gleichmäßigen Gliederung der musikal. Gestalt. L. bezeichnet auch balladeske und im ep. Sprechgesang vorgetragene Dichtung (z. B. das Helden-L.). Als mündlich überlieferter Gesang gehört das Volks-L. mit seinen vielen Sonderformen (Arbeits-L., Soldaten-L. usw.) allen Zeiten und Völkern an; das Kunst-L. entwickelte sich in Europa seit dem MA. im Anschluss an die lat. Strophendichtungen (Hymnus und Sequenz). Minnesang und Meistersang zeigen die reiche Entfaltung einstimmiger L.-Kunst über mehrere Jahrhunderte. Die Geschichte des dt. mehrstimmigen L. beginnt nach Anfängen bei Oswald von Wolkenstein mit dreistimmigen Sätzen, aufgezeichnet in den L.-Handschriften des 15. Jh.; sie wird fortgesetzt durch kunstvollere L.-Sätze, z. B. von H. Isaac, P. Hofhaimer, L. Senfl. Ende des 16. Jh. setzte sich ein von Oberstimmenmelodie und Dur-Moll-tonaler Harmonik geprägter Tonsatz durch und führte zur Entstehung des instrumentalbegleiteten Solo-L. (v. a. des Lauten-L.). Zudem wurden die literar. Traditionen der lat. humanist. Kunstlyrik des 15. und 16. Jh. in die L.-Dichtung aufgenommen, die v. a. im barocken Kunst-L. produktiv wurde (u. a. M. Opitz, P. Fleming). Für die sich unter dem Einfluss der Monodie verändernde L.-Komposition wurde der Generalbasssatz verbindlich, u. a. bei H. Albrecht und A. Krieger. Eine Bereicherung erfuhr das barocke L. durch das geistl. L. (F. Spee von Langenfeld, J. Rist, P. Gerhardt u. a.). Musikalisch stand das L. seit dem 18. Jh. im Schatten der Opernarie; in der 2. Hälfte des 18. Jh. kam es zu Neuansätzen (J. A. P. Schulz, J. F. Reichhardt, C. F. Zelter). Nach Haydn, Mozart und Beethoven findet das Kunst-L. durch F. Schubert seine erste Vollendung. Ihm folgten R. Schumann, J. Brahms und H. Wolf; in das 20. Jh. hinein wirkten G. Mahler, R. Strauss (Orchester-L.), M. Reger und H. Pfitzner. In Anlehnung an das dt. L. schrieben in Frankreich G. Fauré, C. Debussy und M. Ravel, in der Schweiz O. Schoeck, in Finnland J. Sibelius und Y. Kilpinen L. Neue Formen der L.-Gestaltung fanden im 20. Jh. u. a. A. Schönberg, H. Eisler, K. Weill, A. Webern, P. Hindemith, E. Krenek, P. Boulez, W. Rihm.
▣ Literatur:
Kross, S.: Geschichte des dt. L. Darmstadt 1989.
Lied,zum Singen bestimmter Text, meist aus mehreren gleich gebauten und gereimten Strophen. Das L. umfasst die verschiedensten Typen: Nach der Entstehung unterscheidet man Volks-L. und Kunst-L., nach seinem Inhalt geistlich-religiöses L. (Marien-, Kirchen-, Prozessions-L.) und weltl. L. (Liebes-, Natur-, histor.-polit. L.), nach seiner gesellschaftl. Zuordnung höf., Stände-, Studenten-, Vaganten-, Soldaten-, Kinder-L. oder nach der Art des Vortrags Chor-, Tanz-, Solo-, Klavierlied. Als Melodie zeigt das L. seine Sprachnähe in der gleichmäßigen Gliederung der musikal. Gestalt. L. bezeichnet auch balladeske und im ep. Sprechgesang vorgetragene Dichtung (z. B. das Helden-L.). Als mündlich überlieferter Gesang gehört das Volks-L. mit seinen vielen Sonderformen (Arbeits-L., Soldaten-L. usw.) allen Zeiten und Völkern an; das Kunst-L. entwickelte sich in Europa seit dem MA. im Anschluss an die lat. Strophendichtungen (Hymnus und Sequenz). Minnesang und Meistersang zeigen die reiche Entfaltung einstimmiger L.-Kunst über mehrere Jahrhunderte. Die Geschichte des dt. mehrstimmigen L. beginnt nach Anfängen bei Oswald von Wolkenstein mit dreistimmigen Sätzen, aufgezeichnet in den L.-Handschriften des 15. Jh.; sie wird fortgesetzt durch kunstvollere L.-Sätze, z. B. von H. Isaac, P. Hofhaimer, L. Senfl. Ende des 16. Jh. setzte sich ein von Oberstimmenmelodie und Dur-Moll-tonaler Harmonik geprägter Tonsatz durch und führte zur Entstehung des instrumentalbegleiteten Solo-L. (v. a. des Lauten-L.). Zudem wurden die literar. Traditionen der lat. humanist. Kunstlyrik des 15. und 16. Jh. in die L.-Dichtung aufgenommen, die v. a. im barocken Kunst-L. produktiv wurde (u. a. M. Opitz, P. Fleming). Für die sich unter dem Einfluss der Monodie verändernde L.-Komposition wurde der Generalbasssatz verbindlich, u. a. bei H. Albrecht und A. Krieger. Eine Bereicherung erfuhr das barocke L. durch das geistl. L. (F. Spee von Langenfeld, J. Rist, P. Gerhardt u. a.). Musikalisch stand das L. seit dem 18. Jh. im Schatten der Opernarie; in der 2. Hälfte des 18. Jh. kam es zu Neuansätzen (J. A. P. Schulz, J. F. Reichhardt, C. F. Zelter). Nach Haydn, Mozart und Beethoven findet das Kunst-L. durch F. Schubert seine erste Vollendung. Ihm folgten R. Schumann, J. Brahms und H. Wolf; in das 20. Jh. hinein wirkten G. Mahler, R. Strauss (Orchester-L.), M. Reger und H. Pfitzner. In Anlehnung an das dt. L. schrieben in Frankreich G. Fauré, C. Debussy und M. Ravel, in der Schweiz O. Schoeck, in Finnland J. Sibelius und Y. Kilpinen L. Neue Formen der L.-Gestaltung fanden im 20. Jh. u. a. A. Schönberg, H. Eisler, K. Weill, A. Webern, P. Hindemith, E. Krenek, P. Boulez, W. Rihm.
▣ Literatur:
Kross, S.: Geschichte des dt. L. Darmstadt 1989.